Liebe Lara,
vielen Dank für Deinen sehr interessanten Beitrag, die Anregungen und die Links!
Ich hatte bisher noch überhaupt keine Zeit, mich der Erprobung bronzener Werkzeuge zu widmen.
Ich laufe dem gesamten Thema quasi hinterher und werde wohl noch in 30 Jahren nur ausschnitthaft aus der Vielzahl an Möglichkeiten und Ansätzen ausgewählte Versuche und Erprobungen durchgeführt haben.
Das Gesamtprojekt ist ja auch stets mit der Kostenfrage und der Werksituation verbunden.
Zum Thema Kupfer und Bronze kann ich aber folgendes sagen:
Stocks hat zahlreiche Versuche mit Kupfermeisseln durchgeführt.
Eine Abgrenzung zwischen Kupfer und Bronze ist zwar sinnvoll und es wird noch reichhaltig über dieses Thema diskutiert, die Verfügbarkeit von Bronze anstelle von Kupfer spielte für die Bearbeitung mancher Gesteine in der Antike jedoch auch meiner Meinung nach keine Rolle.
Stocks grenzt hier eindeutig ab und zeigt auf, dass Gestein mit folgenden Materialien bei entsprechender Vorgehensweise effektiv bearbeitet werden können:
Weiche bis mittelharte Gesteine können i.d.R. und in vielen Fällen mit Meißeln u.ä. aus Kupfer behauend bearbeitet werden.
Eine effektive Bearbeitung harter und sehr harter Gesteine mit Meißeln und Werkzeugen aus Kupfer ist eigentlich relativ gesichert auszuschließen, wenn auch in manchen Grenzfällen noch über dieses Thema diskutiert werden kann.
Harte bis sehr harte Gestein wurden nach z.B. Stocks und auch meiner Erkenntnisse nach z.B. im alten Ägypten effektiv behauend und beschabend mit Werkzeugen aus Flint und Hornstein und anderen Gesteinsarten bearbeitet.
Für sehr welche bis mittelharte Gesteine gilt dabei, dass sie sich ebenfalls sehr gut mit steinernen Werkzeugen bearbeiten lassen.
Die Trennschleifung und Beschabung von Gestein ist sinnvollerweise insgesamt als separates spezielles
Thema zu betrachten (im Zusammenhang mit dem Beschleifen und Polieren im Allgemeinen). Hier gilt, dass sich sehr weiche bis sehr harte Gesteine mit Werkzeugen aus Flint und Hornstein auch ohne Zugabe von Abrassiv beschaben und trennschleifen lassen.
Werden Abrassive zugegeben, vergrößern sich die Möglichkeiten effektiv.
Wie wir wissen, können Gesteine auch unter Verwendung von Materialien wie Holz (z.B. Bambus), Schnur, Seil, Lederriemen effektiv bearbeitet werden. Bei sehr weichen Gesteinen genügt dabei teilweise tendenziell eine Bearbeitung ohne Zugabe von Abrassiven (je nach Materialien). Mit Zugabe von Abrassiven sind auch diese Methoden an sehr harten Gesteine vermutlich (und teilweise erwiesen) effektiv möglich.
Bei mittelharten bis harten und sehr harten Gesteinen ist es dabei insbesondere das zugegebene Abrassiv, das die trennschleifende Arbeit übernimmt (z.B. Quarz).
Die Zugabe von Liquid (z.B. Wasser) kann die Trennschleifarbeit dabei unterstützen, oder aber behindern (je nach
verwendeten Werkzeugen und bearbeiteten Materialien und Werksituationen).
Die Trennschleifpartikel werden dabei von den Trennschleifwerkzeugen z.B. Trennschleifblätter mitgeführt. Weiche Materialien funktionieren dabei deshalb so gut, weil sich die Abrassivpartikel besser in weiche Materialien einbetten als in harte. Trennschleifblätter aus Eisen können dabei vermutlich dennoch effektiv verwendet werden um auch härtere Gesteine trennschleifend zu bearbeiten. Es gelten dabei sicherlich entsprechende Parameter, die sich z.B. in der Arbeitsweise und der Auswahl des Abrassivs wiederspiegeln (ich habe aktuell keine Zeit, das Thema ausführlicher zu recherchieren und erproben, aber es steht auf der abzuarbeitenden Liste weit oben).
Ich kann mir vorstellen, dass bei der behauenden und beschabenden Bearbeitung weicher bis mittelharter Gesteine ein spürbarer Unterschied in der Verwendung zwischen kupfernen und bronzenen Werkzeugen wahrnehmar ist, mangels Vorversuchen kann ich hierüber jedoch noch nicht aus eigenen Erfahrungen berichten bzw. aussagen.
Es gibt aber Versuche anderer Experimentatoren die aufzeigen, dass sich Hartgesteine mit bronzenen Meißeln behauend nicht effektiv bearbeiten lassen.
Wie auch meine Vorversuche aufgezeigt haben, kann ein sehr weiches Material (z.B. Bambus) in Verbindung mit Abrassivs ein Hartgesteinsmaterial wie Basalt sogar effektiver bearbeiten als das härtere Material Kupfer (Es kommt bei dieser Aussage auf die Details und Parameter an, verallgemeinern lässt sich die Aussage nicht).
Auch ich nehme bisher an, dass die Härte des Metalls bei trennschleifenden Prozessen in Gestein eine stellenweise überbewertete Rolle spielt in Abgrenzung zwischen Kupfer und Bronze.
Stocks hat den Trennschleifeffekt im Hinblick auf Hohlnohrungen folgendermaßen erklärt:
Die scharfkantigen Abrassivkörnchen von denen die eigentliche trennschleifende Arbeit ausgeht, betten sich im weichen Kupfermaterial ein und werden auf diese Art und Weise stärker im Trennschleifschnitt mitgeführt.
Ich bin bisher der Meinung, dass ein weicheres Material deshalb stellenweise sogar vorteilhafter sein kann als ein härteres um daraus Trennschleifblätter (häufig Steinsägen oder auch stonesaws genannt) herzustellen.
Hierbei kommt es jedoch im Detail auf Werksituation, Werzeugart, Abrassivs, Anwendungstechnik und Gesamtbedingungen an.
Um einigermaßen evidente Aussagen zu erhalten, müssten meines Erachtens tausende von Versuchen unter Laborbedingungen durchgeführt werden, um ein Pro oder Contra für Kupfer versus Bronze zu ermöglichen.
Mir ist dabei auch aufgefallen, dass es aufgrund des Englischen und Deutschen im Sprachgebrauch möglicherweise ein stellenweises Missverständnis über den Begriffs " bronzes" in Abgrenzung zum deutschen "Bronzen" zu geben scheint.
Zu den sehr interessanten Links die Du gepostet hast:
Was der Steinwerker in Sandalen im Video mit dem Steinmaterial demonstriert, ist meisterhaft und zeugt von großer Erfahrung.
Solche Kunsstücke sind jedoch nicht mit jeder Art von Gestein möglich. Beim im Video gezeigten Material scheint es sich um ein plattig sedimentiertes Gestein zu handeln (vergleichbar ungefähr mit Schiefer).
Die gezackten minoischen Sägeblätter waren meines Erachtens vermutlich eher für die Holzbearbeitung konzipiert.
Wie auch Stocks aufgezeigt hat, funktionieren Trennschleifblätter ohne Aufzahnug effektiv in Gestein und so wird es ja auch im von Dir verlinkten Artikel besprochen.
Es ist dabei jedoch natürlich nicht auszuschließen, dass bronzene Trennschleifblätter mit Zahnungen zum Sägen von Steinmatetialien verwendet wurden. Zu dem Thema habe ich aber noch Recherchebedarf.
Der Kupfermeißel den ich damals getestet habe, hatte sich als Fehlguss erwiesen. Ich hatte dann spontan entschieden, ihn zur Abgrenzung an Hartgestein behauend anzuwenden um aufzuzeigen, dass dies relativ sinnlos ist.
Auf meinem Youtubekanal kannst Du einige tiefere Einblicke in meine Vorversuche bekommen.
In Zukunft kommen noch wieder ein paar Videos hinzu:
https://youtube.com/@handwerkskunst_handicraftartsFür die alten Ägypter wird bis heute auf die Theorien Bezug genommen, dass sie in der prädynastischen Zeit und noch danach Kupferwerkzeuge verwendeten, obwohl Bronzewerkzeuge außerhalb Ägypten bereits existierten und starke Anwendung fanden.
Zurückgeführt wird dies in bestimmten Theorien auf eine altägyptische Abschottungspolitik. Ob dies stimmt, kann ich aktuell nicht beurteilen.
Unser heutiges Wissen über die umfangreiche Verwendung von Kupferwerkzeugen fußt wesentlich auf zahlreichen Funden von Kupferwerkzeugen, Überreste von Kupferwerkzeugen in Werksituationen (Bootsgruben des Cheops) und Überreste von Kupferabrieb in Kernbohrlöchern (siehe auch Flinders).
Über die Einführung des Materials Bronze im alten Ägypten kann also durchaus noch lebhaft weiter diskutiert werden, denn besonders stichhaltig sind die bekannten angenommenen Indizien und Nachweise meines Erachtens nicht, um gesicherte Aussagen treffen zu können. Aber wie gesagt: Die Zeit reicht aktuell nicht um sich mit all diesen Aspekten ausführlicher auseinanderzusetzen.
Es ist bis heute ja außerdem noch überhaupt nicht möglich, eine wirklich gesicherte detaillierte Einordnung für die Zeitabachnitte des alten Ägyptens vorzunehmen.
Es bleibt also weiterhin spannend und es warten wohl noch sehr viel Arbeit und Auseinandersetzungsmöglichkeiten auf Interessierte.
Ich suche die Quellen bei nächster Gelegenheit noch raus.
[Nachtrag:] Was Du über Mangalloy schreibst ist allerdings sehr interessant. Wahrscheinlich spielst Du damit auf die Kaltverdichtung von Kupfer und Bronzen an um es zu härten?
Ich muss mich mit dem Thema noch tiefergehender auseinandersetzen. Zu Bronzen kann ich wie bereits erwähnt keine Aussagen treffen, weil ich Bronzen aus Zeitgründen noch nicht für die Steinbearbeitung erprobt habe. Ich weiß aber dass Bronzen relativ weich sind und sich sehr leicht bearbeiten lassen.
Für bisher erprobte Kupferwerkstoffe konnte ich keine Vorteile in der Steinbearbeitung erkennen, die durch Kaltverdichtung zu erzielen wären.
Es gibt aber heutzutage sehr viele Kupfersorten und natürlich kann ich mit meinen Mitteln nur ausschnitthaft erproben und arbeite wie gesagt nicht unter Laborbedingungen.
An Kupferwerkstoffe in ausreichenden Mengen heranzukommen, die altägyptischen Originalbedingungen nahekommen wäre ein erstrebenswertes und hoffentlich eines Tages erreichbares Ziel.
Die Technik Steine zu spalten, die Du ansprichst liegt durchaus im Bereich des möglichen und auch sinnvollen.
Mit dem Thema Gestein spalten möchte ich mich eines Tages ausführlicher befassen, aber auch hier gilt leider: "Der Tag hat nur 24 Stunden."
[Nachtrag Ende]
QUELLEN:
Stocks, Denys A.: Experiments in Egyptian Archaeology - Stoneworking Technology in Ancient Egypt, Verlag Routledge; Taylor&Francis Group, London (UK), 2013.
Die authentische Erkundung historischer Handwerke macht Geschichte lebendig.