Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

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Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon Blattspitze » 14.11.2019 11:55

"Eine Sensation sind zwei Gefäße, die mit auf Birkenpech aufgeklebten, filigranen Birkenrindenbändern verziert worden sind", ...
https://www.sueddeutsche.de/wissen/arch ... -99-709723
Bilsenkraut und Mohn:
https://www.bild.de/regional/leipzig/le ... .bild.html
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon ulfr » 15.11.2019 09:57

Leider ohne Bilder ... Die Funde aus dem Altscherbitzer Brunnen sind jedenfalls sensationell und stehen auf meiner Rekoliste ganz oben. Hier eine Abbildung:

https://www.wikiwand.com/de/Kumpf
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon Monolith » 16.11.2019 11:03

Gut, ich nehme mich zurück und werde nicht die Berichterstattung der BILD erörtern, denn hier wundert mich nichts. Im Artikel der Süddeutschen stört mich, das indirekte Zitat von Regina Smolnik "Sie seien ein seltenes Zeugnis der Kunstfertigkeit der ersten Bauern Sachsens." Die ersten Bauern Sachsens - so ein Quatsch und ein gutes Beispiel dafür, wie die Archäologie immer wieder benutzt wird, um Lokalpatriotismus und Nationalstolz zu füttern. Ich mag das nicht und es ist auch einfach unwissenschaftlich. Von einer Landesarchäologin hätte ich anderes erwartet...

Zum Fund selbst - fantastisch! Gefäßfunde in Brunnen beschäftigen mich schon seit einiger Zeit. Es gibt immer wieder Stimmen, die von intentionellen Deponierungen von Gefäßen in Brunnen ausgehen. Hier lesen wir jetzt, dass die Kümpfe wohl "entglitten" sind. Aber wie soll das funktionieren? Das Wasser stand ja nicht bis zum Brunnenrand, sondern musste tief geschöpft werden und hierfür braucht es ja sicherlich eine Befestigung mit einem Seil bzw. einer Art Netz um das Schöpfgefäß. Ich bezweifle, dass Gefäße, die auf solche Art befestigt waren, einfach so entgleiten und dann noch so oft. Ich meine, spätestens beim zweiten Mal sorge ich doch dafür, dass mir mein wunderschön gestaltetes Gefäß nicht mehr "entgleitet". Aber wie kamen diese Dinge (inklusive der anderen Funde) in den Brunnen? Ich neige dazu zu glauben, dass sie mit Absicht hineingeraten sind, weshalb auch immer. Vielleicht wurde ein Teil der Dinge auch von Kindern hineingeworfen? Ich würde gerne Eure Meinung hören.
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon ulfr » 16.11.2019 17:41

Ich kann mir schon gut vorstellen, dass es öfter mal "Plumps" gemacht hat und dann "Oooh Sch .....". Jemand schöpft mit dem Rindeneimer Wasser und gießt es in den Kumpf, der kommt ins Kippeln, und schon ...
Vergleiche die Brunnenfunde mit den mittelalterlichen Kloaken - was da alles hineingeriet, sollte bestimmt auch nicht immer an einem stillen Örtchen willentlich entsorgt werden.
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon Blattspitze » 17.11.2019 01:46

Monolith hat geschrieben:... ein gutes Beispiel dafür, wie die Archäologie immer wieder benutzt wird, um Lokalpatriotismus und Nationalstolz zu füttern. Ich mag das nicht und es ist auch einfach unwissenschaftlich. Von einer Landesarchäologin hätte ich anderes erwartet...


Naja, sie ist eben nicht frei, sondern Landes-archäologin. Sie ist direkt der Politik verantwortlich, und Politik ist sehr unwissenschaftlich.
"Das LfA ist ein Staatsbetrieb im Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. Seine Aufgaben sind die Dokumentation, der Schutz und die Präsentation archäologischer Denkmale im Freistaat Sachsen."
https://www.lfa.sachsen.de/
Bei überregional Aufsehen erregenden Themen wird erwartet, das man für sich trommelt. Nur mit Verweis auf Erfolge läßt sich auch der stets neu zu verhandelnde Etat vergrößern, bzw. verteidigen.

»Die Objekte sind ein einzigartiges Zeugnis des Gestaltungswillens dieser frühen Kultur. In diesem exzellenten Erhaltungszustand finden sich so bisher ausschließlich in Sachsen«, so die Landesarchäologin Regina Smolnik.
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/231649
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon Medivh » 17.11.2019 19:09

Na die Gefäße sind natürlich schon schöne Funde... allerdings gibt es schon länger Gefäßfunde von denen einige eine Verzierung die mittels Birkenpech befestigt war vermuten lassen sowie jene bei denen eine Verzierung aus Birkenrinde über den uns eigentlich als Verzierung bekannten Linienbändern aufgebracht war. Da ich grade nicht daheim bin, habe ich die Bilder und Literaturverweise grade nicht hier. Diese kann ich aber gerne nachreichen ;)= Kann je nachdem etwas dauern, da ich nächste Woche umziehe hrhr

Und ich denke auch, dass Gefäße öfters beim Einfüllen von Wasser den Brunen hinuntergefallen sein können. Natürlich wir dies nicht die einzige Ursache dafür sein. Es kann auch klar mal eines von einem Kind oder im Streit hinunter geworfern worden sein... sowas können wir ja immer nur vermuten und nie exakt herausfinden.
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon Monolith » 17.11.2019 20:16

Blattspitze hat geschrieben:
Monolith hat geschrieben:... ein gutes Beispiel dafür, wie die Archäologie immer wieder benutzt wird, um Lokalpatriotismus und Nationalstolz zu füttern. Ich mag das nicht und es ist auch einfach unwissenschaftlich. Von einer Landesarchäologin hätte ich anderes erwartet...


Naja, sie ist eben nicht frei, sondern Landes-archäologin. Sie ist direkt der Politik verantwortlich, und Politik ist sehr unwissenschaftlich.
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https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/231649



Ja, ich sehe. Leider hast Du vollkommen Recht.
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon ulfr » 23.11.2019 15:07

Hier ein paar gute Bilder:

https://www.wissenschaft.de/geschichte- ... nst-preis/

Das muss ein vollkommen irres Gefummel gewesen sein, diese Bändchen aus der Rinde auszuschneiden und dann spiralförmig aufzukleben, vor allem, weil man nicht das ganze zu beklebende Feld mit Pech bestreichen und es erwärmen kann - das kühlt ja wieder ab und klebt nicht mehr, und währenddessen bamselt dieses fragile Rindenband überall rum ... *schwitz*
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Re: Groitzsch: - Neu Funde aus Linienbandkeram. Brunnen

Beitragvon hugo » 23.11.2019 15:45

Bei Altscherbitz gelang auch ein Blick unter die Birkenrindenauflage im Sarkastil. Für mich noch altmodischerweise in der Typologie steckend, war das typochronologisch um einiges ältere Darunter verblüffend, weil es auf lange Lebensdauer und damit Wertschätzung der Keramik deutet.

Daher tät mich auch hier ein Blick darunter interessieren.

Natürlich wär es auch möglich, dass die Ornamentik zuerst aufwändig in Birkenrinde erfolgte und erst später inflationär eingeritzt wurde. Grübel
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