von Jonas » 28.02.2006 14:41
Hallo Werner,
nunja Du kannst in dem Zusammenhang nicht so pauschal von "den Germanen" sprechen, Du müsstest zumindest zeitlich (zum Teil auch regional) differenzieren.
Im Laufe der römischen Kaiserzeit ist in der Tat ein starker Wechsel in der Bewaffnung und der Kampfesweise (Taktik, Strategie, Organisationsstruktur etc.) der Germanen zu beobachten. Sie passen sich in diesem Punkt immer mehr den römischen Legionen an.
Pfeil und Bogen als Kriegswaffe sind ab dem 3. Jh ganz gut im archäologischen Befund nachzuweisen (zb. Opferdepots in nordischen Mooren, Nydam...). Tatsächlich gibt es keine Hinweise auf die Verwendung als Kriegswaffe in der jüngeren Kaiserzeit. Und wie so oft können wir nur mutmaßen...
Ich denke, daß es einen gewissen Ehrencodex in der Kriegermentalität gegeben haben muss. Zeitgenössische römische Quellen (natürlich auch wieder differenziert zu betrachten) übeliefern ein hohes Ansehen von Tapferkeit und Kampfesmut, Germanen dieser Zeit kämpften zum größten Teil ohne Panzerung mit freiem Oberkörper (hat wohl einen ähnlichen psychologischen Effekt wie die komplett nackten Krieger einiger Keltenstämme). Und ich denke, daß es sich bei diesen schriftlichen Schilderungen und zeitgenössischen Bildquellen nicht nur um bewußt propagandisierte, barbarisierende Überlieferungen handelt. Wie dem auch sei, ein Zusammenhang mit dem Bogen als eher unehrenhafte Fernwaffe scheint mir da recht plausibel. Ein Krieger behauptet sich in direktem Kampf, Mann gegen Mann. Um seine Feinde auf eine gewisse Entfernung mit Pfeil und Bogen zu töten braucht es weder Mut, starke Nerven, noch besonderes Geschick (außer evt. Zielgenauigkeit), einen Bogen kann soweit jeder bedienen.
Punkt Zwei wäre die Kampesweise an sich:
Die frühkaiserzeitliche germanische Kriegsführung hatte eher einen partisanenkampfähnlichen Charakter, offenes Terrain wurde gemieden, jegliche natürliche Gegebenheiten wurden als Deckung genutzt, oder es wurden künstliche Deckungen in die natürliche Umgebung integriert (sehr schön z.B. an der Schlacht von Kalkriese 9 n.Chr zu sehen).
Der germanische Krieger führte in der Regel ein Bündel von Wurfpfeilen/Widerhakenspeeren mit sich, die er mit großer Geschicklichkeit und Effektivität auf näherer Distanz im Kampf einsetzte. Bögen waren daher nicht von militärischer Bedeutung.
Einige Zeit später, bei Kämpfen auf offenem Felde in Formation, sieht das Ganze dann natürlich wieder anders aus.
Viele Grüße, Jonas