Ich bin heute am Ahrensburger Tunneltal vorbeigefahren und habe kurz am Hof Stellmoor gehalten und ein paar Fotos gemacht. Ich war seit Jahren nicht mehr dort. Inzwischen sind allerlei Tafeln im Zusammenhang mit dem Alfred-Rust-Wanderwg aufgestellt worden:
Hamburger Kultur. Die meisten der von Rust ergrabenen Flintkonzentrationen und größeren Steine wurden von Ihm zeichnerisch als Zeltreste interpretiert, inzwischen sind jedoch nur noch die wenigsten davon allgemein anerkannt. (Ich habe große Probleme mit der Vorstellung, dass mein Kleinkind zwischen tausenden rasiemesserscharfer Flintklingen herumkrabbelt.)
Ahrensburger Kultur. Der ?Kultpfahl? mit dem aufgesteckten Rentierkopf wird heute auch (siehe obigen Bokelmann-Artikel) als Jagdhilfe zur Ablenkung/Führung der Rentiere interpretiert.
Blick von Südwest auf den Stellmoorhügel. Jahrtausende lang Hangrutschungen und Jahrhunderte Beackerung dürften das ursprünglich wesentlich steilere und stärker gegliederte Profil massiv ?verwässert? und geglättet haben. Vom Hügel sind hundertausende Flintartefakte abgesammelt worden. Inzwischen ist hier alles Naturschutzgebiet, kein Stein darf mehr aufgehoben werden (aber pflügen darf man noch). Es gibt hier noch sagenhaft viele jungpaläolithische Fundplätze in süd- und nördlicher Richtung.
Blick in Richtung Westen vom Stellmoorhügel auf die derzeitige Talsohle und den inzwischen mit meterstarken Torfschichten überwachsenen Toteisteich. Auch hier lag der ursprüngliche Talgrund viel tiefer und war auch keineswegs flach. Der dunkle Fleck zeigt, meine ich, Sondierungen des archäologischen Landesamtes an. Dr. I. Clausen berichtete davon auf dem letztjährigen Archäologietag in Kiel.
Der ?Kultpfahl? stand wohl etwas rechts der Bildmitte am Übergang Hang-Teich, die Rentiere flüchteten vom Talrand in den damals 1-1,5m tiefen See und versuchten auf die andere Seite zu kommen. Die Position der Jäger wird im Bereich der hellen Treckerspuren am unteren Hang vermutet. Rust fand noch 100 polierte Kiefernholz Pfeile und -Fragmente, z.T. mit Stielspitzen und Vorschäften. Er hat aber zuvor große Mengen von Pfeilen nicht erkannt und zerstört, wie er selbst schreibt. Er ging im Nachhinein von tausend oder mehr vorhandenen Pfeilen aus. Das soviel Pfeile (Fehlschüsse) vorkamen, bedeutet wohl, dass die Pfeile nicht wieder eingesammelt werden konnten und in den Seegrund eingeschossen oder von den Rentieren heruntergetrampelt wurden. In den Ahrensburger Schichten wurden Überreste von 650 Rentieren geborgen. Die Ahrensburger Fundschichten und die darunterliegende Hamburger Schicht sind keineswegs erschöpft, Rust beließ für ?spätere verbesserte Methoden? große Mengen im Sediment, außerdem setzen sich beide Schichten nach links (Süden) fort.
Ich wünschte, das Landesamt könnte genug Geld zusammenkratzen für Grundwasserabsenkung etc., und könnte hier wieder graben! Wo gibt es sonst eine Garantie für jungpaläolithische Holzfunde?
Marquardt