Jagd auf die Größten?

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Jagd auf die Größten?

Beitragvon Blattspitze » 03.12.2008 10:10

Hat der Neandertaler regelmäßig ausgewachsene Nashörner und Elefanten gejagt?

Diese Diskussion wird vermutlich nie enden. Hier zwei interessante Artikel, wobei der zweite die gezielte Jagd auf ausgewachsene Megaherbivoren für unwahrscheinlich hält.
http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.d ... fu11_3.pdf

http://www.ufg.uni-koeln.de/seiten/05_Uthmeier.pdf

Ich persönlich glaube, dass Prestigegewinn eine wesentliche Motivation für die Jagd auf diese großen Tiere durch den HN gewesen sein dürfte.
Bei den Bambuti-Pygmäen in Zentral-Afrika war`s jedenfalls so. Dort gab es auch unter den Jägern zwar selten, aber regelmäßig Tote. Als normale Nahrungsgrundlage kann ich mir diese Tiere auch nicht vorstellen.

Bei den Amis gabs ja in den 50er Jahren die Clovis-Megaherbivoren-"Overkill" Theorie von Martin, die das Aussterben der sehr großen Tiere durch die Jagd der Neu-Einwanderer erklärte. Seit den 80er Jahren ist Umwelt / Klima als Ursache des Aussterbens stark im Gespräch. Zeittypische Interpretationen?
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Beitragvon jsachers » 03.12.2008 10:39

Hier noch ein Beitrag zum Thema.

Ohne viel Ahnung von UFG zu haben, würde ich mir Fragen stellen wie:
- Warum sollte ich große, gefährliche und schwer zu erlegende Tiere jagen, wenn ich meinen Nahrungsbedarf auch mit kleineren, leichter zu jagenden und weniger gefährlichen decken kann? (Mögliche Antworten: Prestige, Ritual, Initiationsriten etc.)
- So weit ich weiß gibt es in Europa keine nennenswerten Belege für die Verwendung von z. B. Elefanten- oder Nashornhaut. (Elfenbein ja, kann aber wohl auch von verendeten Tieren stammen.) Warum also sollte ich ein Tier jagen, von dem ich nur Teile verwenden kann, wenn andere sich nahezu restlos nutzen ließen?
- Kann ich eine so große Menge Fleisch überhaupt lagern und verwerten?
- Wenn die Jagd auf Großsäuger nicht der Nahrungsbeschaffung diente, stellt sie einen großen Zeitaufwand und eine große, vermeidbare Gefahr dar, die sich vermutlich wirklich nur mit rituellen Beweggründen erklären ließe.

So weit nur meine vom GMV geleiteten Fragestellungen. Ich bin fest davon überzeugt, dass derartige Theorien IMMER von aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen, Fragestellungen und Diskussionen beeinflusst werden.

Grüße,
-j-
jsachers
 

Beitragvon Ragnar » 03.12.2008 14:07

@Sachers
Warum hat man Wale gejagt? In winzigen Ruderbooten oder Kajaks?
Jagd ist Jagd. Ob ich hinter einem Hasen her laufe und ihn am Ende doch nicht erwische, oder in der Gruppe ein grosses Stück Wild(vieleicht sogar wehrhaftes), jage. Das Fleisch eines grossen Tieres reicht einer Sippe vielleicht für ein paar Tage. Wenn genug davon da war und man die Möglichkeit hatte das Fleisch zu trocknen, hatte man eventuell auch was für schlechte Zeiten.
Das die Teilnahme an einer solchen Jagd zum Mannbarkeitsritual gehören könnte, ist zwar nicht belegt, aber durchaus nach zu vollziehen.
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Beitragvon Blattspitze » 04.12.2008 10:51

Jagd ist Jagd.

Nö, bei Jagd auf Nashorn und Elefant ist die Lebensgefahr für den Jäger mit der ansonsten üblichen Jagd auf kleineres Wild nicht zu vergleichen. Gemäß des Uthmeier-Artikels ist es außerdem Ressourcen-Verschwendung, da die gewonnene Nahrungsmenge nur teilweise zu verwerten war.
Daher, "no Risk no Fun", gehts überwiegend um die "Darstellung des Individuums / der eigenen Gruppe als mächtigste Lebewesen" (Krone der Schöpfung) ?
Noch heute geben viele Alpha-Männchen Unsummen an Geld aus, um seltene, große Tiere (z.B. Bären in Rumänien) zu jagen und sich anschließend etwas an die Wand zu hängen.

Die Frage ist: Ist die Trophäenjagd eine "menschliche Konstante"?
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Beitragvon Thomas Trauner » 04.12.2008 11:10

Ich blick jetzt die Details nicht. Aber dass zumindest Mammute/Elefanten von H.N. und H.S.S. gejagt wurde, ist doch belegt. Zum einen die Stoßlanze des H.N., die einem Elefanten steckte, zum anderen die Darstellungen von Mammutjagd in den Malereien....

Thomas
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Beitragvon Blattspitze » 04.12.2008 11:37

Mammut- und Elefantenjagd belegt? Das wird nach wie vor von einigen in Zweifel gezogen. Zur "im Elefanten steckenden" Stosslanze möchte z.B. Uthmeier annehmen, dass der Elefant im Flachwasser starb und die Lanze angeschwemmt(?) wurde. Es seien vielfach lediglich die Kadaver genutzt worden. Halte ich auch für unwahrscheinlich.
Welche Malerei zeigt eine zweifelsfreie Mammutjagd?
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Beitragvon Fridolin » 04.12.2008 12:18

"but there is still no evidence of the butchering process. "

Resumee der Begutachtung der Mammutreste von Zaraysk (Abstract eines Vortrags von 2006: http://www.uispp.ipt.pt/UISPPprogfin/Livro5.pdf )

Reasons of specific selection of the large mammal remains on Zaraysk site
Evgeny MASCHENKO (Moscow, Russia)
Sergey LEV (Moscow, Russia)
Natalia BUROVA (St. Petersburg, Russia)

The open-air Upper Palaeolithic site of Zaraysk is located in the center of the town of Zaraysk, about 155 km south of Moscow. The Zaraysk site is the northern most known occurrence of the Kostenki-Avdeevo archaeological culture (Gravettian tradition) on the Russian Plain.

The common feature of Zaraysk and other "mammoth hunter's" sites of Russian Plain is the presence of woolly Mammoth (Mammuthus primigenius Blumenbach, 1799) remains, which makes up about 96% of the total number of mammals bones. But, long-term researches in Zaraysk gave evidence of some special features in mammoth exploitation that we will discuss.
· A specific variety of mammals on the site is rather limited.
· Among the large Mammoth bones discovered, skulls, lower jaws, ribs and scapulas are the most common.
· There was also a large quantity of isolated teeth and tusks. Long bones are rare and usually only fragments are found. Whereas, on other sites of Russian Plain, most Mammoth remains are long bones, vertebras, and bones of distal parts of the legs.
· Most mammoths hunted (more than 23 individuals) are adults and excavations during the 2005 season (42 m2) yielded the remains of 16 adult individuals.
· Bones of young mammoths including calves and infants, usually numerous at similar sites on the Russian Plain, are less common (2 individuals found in the excavated area).
There is still an open question on the importance of the woolly Mammoth as a hunted species by the inhabitants of the Zaraysk site. Collecting of bones of the perished animals does not negate the reality of their hunting. A large number of Mammoth sites demonstrate that this animal was the basic natural resource in various kinds of human activity, but there is still no evidence of the butchering process.
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Beitragvon Thomas Trauner » 04.12.2008 14:32

Marquardt - frag mich jetzt nicht nach der genauen Höhle. Aber es gibt doch die immer wieder publizierten Abbildungen von Mammuten mit Speeren/Pfeilen drin, mit welchen aus denen die Eingeweide heraushängen.
Ich kann natürlich für alle diese Bilder und auch für alle Befunde (Malta etc.) andere Interpretationen annehmen. Aber ich halte das schon für arg gewollt.
Auch aus subrenzenten Beobachtungen ergibt sich, dass Elefanten mit Stoß- Wurf- und (Pfeil)Schußwaffen jagdbar sind.
Der letzte Beweis fehlt. Wie immer. Aber genau deshalb halte ich Darstellungen und Befunde die dies wahrscheinlich machen für aussagefähiger als eine Theorie, dass dies nicht der Fall gewesen wäre.

Thomas
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Beitragvon Ragnar » 04.12.2008 14:37

Trohpäenjagd ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft.
Wir haben nunmal den Hang zu protzen. Da ist es egal, ob es ein Bär, ein Elefant, ein risiger Flachbildfernseher, oder ein dickes Auto ist. Die Jagd beginnt, wenn man die neusten Prospekte aufgeschlagen hat.
Wer es noch nicht gecheckt hat: Wir sind gerade mal eine Nasenlänge aus der Höhle ( trotz all unseres technischen Erungenschaften).

Der Mensch ist kein Aasfresser. Trotzdem wird man wohl einen frischen Kadaver ausgeschlachtet haben.
Aber da ist noch etwas, um das wir täglich kämpfen : Achtung!
Ich hab mich immer gefragt, warum ein Mann zum Bergmann werden kann. Die Gefahren sind hinlänglich bekannt. Das Geld kann man auf andere, gefahrlosere Arten verdienen. Aber ein Maler und Lakierer wird nie die Achtung erfahren, die ein Bergmann erfährt.
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moin moin

Beitragvon alpenueberquerer » 05.12.2008 23:12

ich persönlich glaube das es in manchen situationen die für die neanderthaler günstig waren wie zb. ein schon verletztes und nicht mehr geh fähiges tier, ein jungtier ein krankes oder altes oder ein in ein sumpfloch eingesunkenes ob mammut, wollnashor waldelefant oder nashorn.
es gibt eine höhlenzeichnung die als mammutfalle interpretiert wird aber vielleicht ist das mammut zu ganz zufällig in eine der halb in die erde eingelasse behausung quasidurch die decke eingebrochen. Halt ein unfall.
also wenn ich mir das größen verhältniss vorstelle und dann die schöniger speere oder den von lehringen, ich habe sie nach gebaut, na dann viel spass.
in diesem sinne
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Beitragvon Steve Lenz » 06.12.2008 00:27

Bild

(Quelle: Link)

Ritzzeichnung eines Mammuts aus der Höhle
Les Combarelles, Frankreich, Jungpaläolithikum.

Kann auch die dynamische Darstellung eines drohenden Mammuts sein (hin- und herschwingen des Rüssels ist ein Warnsignal bei Elefanten) - aber ich meine an einem der Linien eine Spitze dargestellt zu erkennen.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
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Beitragvon Blattspitze » 06.12.2008 00:32

Hey Steve, danke, ich war ja in genau der Höhle schon einmal, seufz, und erinnere mich nicht ...
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Beitragvon Steve Lenz » 06.12.2008 00:41

Gern geschehen. Bin mir selber wie gesagt unsicher, als was diese Linien zu deuten sind.

Und ich kenne auch das Bild, das Ingo meint, mit dem Mammut in der vermeintlichen Fallgrube. Sieht für mich ebenfalls wie ein Mammut in einem Haus aus.

Bemerkenswert:

Die meisten Sachschäden in den Elefantengebieten sind Hauszerstörungen durch Einzelgänger. Irgendwas an Häusern scheint Elefanten zu provozieren.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
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Beitragvon alpenueberquerer » 07.12.2008 15:16

moin moin
@steve, wenn du einen link von dem mammutbild hast stell ihn doch mal ein, ich suche mal die grubenwohnungen, ich glaube irgendwo im weiten osten
schönen tach noch
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Beitragvon alpenueberquerer » 07.12.2008 23:25

moin moin
hier habe ich das bild gefunden. es zeigt aber mehrere solcher "fallen" nach meiner meinung sind das wohngruben. ich finde auch den anderen link noch.

http://www.informatikcenter.de/_cmsdata/_file/image_109.jpg

das ist aus finnland, besonders geschickt die abgesägten stammenden.

http://www.familiencafe-voelkchen.de/finnland2005/bilder/tag4/PICT0071.jpg
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