von Thomas Trauner » 22.02.2006 14:55
Eines lässt sich an der Scheibe nachweisen:
An den Seiten waren zwei goldene "Bänder", davon ist eines noch erhalten, dass das zweite vorhanden war, erkennt man an der Scheibe.
Diese Bänder laufen einmal von "08.00 Uhr" bis "10.00 Uhr", das andere von "02.00" bis "04.00 Uhr"
Ungefähr, die genau Gradeinteilung habe ich jetzt nicht im Kopf....
Jedenfalls entspricht diese Gradeinteilung dem Sonnenaufgang/Untergang an der Winter/Sommersonnenwende, wenn man genau vom Breitengrad der Fundstelle aus misst.
(Ich hoffe, das ist in etwa verständlich....
Man steht an einem bestimmten Punkt, um sich herum stellt man sich jetzt eine Uhreinteilung vor.
An der Sommersonnenwende geht die Sonne z.b. am Punkt "02.00 Uhr (=60 Grad) auf, am Punkt "10.00 Uhr" (= 300 Grad) unter.
An der Wintersonnenwende geht die Sonne am z.b. Punkt "04.00 Uhr" (=120 Grad) auf, am Punkt 08.00 Uhr (=240 Grad) wieder unter. Das ganze hängt jetzt noch vom Breitengrad ab. Am Nordpol geht sie Sonne im Sommer nie unter, am Äquator das ganze Jahr über auf 90 Grad auf und auf 270 Grad unter.)
Genau diese Bänder sind der schlussigste Hinweis auf die Verwendung der Scheibe als Zeitmesser und ihrer Herkunft, zumindest von denselben Breitengrad auf dem Nebra liegt.
Alle anderen vorgeschlagenen Überlegungen lassen sich, wie Hans schon schrieb, nicht experimentell nachweisen.
Da das Stück eine Einzelstück ist, fehlt jede Vergleichsmöglichkeit.
Die Darstellung des Siebengestirns entspricht denen auf vorderasiatischen Rollsiegeln.
Bronzezeitliche Darstellungen,wie z.b. Felsbilder, auf der in etwa eine solche Scheibe in irgendeiner Funktion zu erkennen wäre, fehlen.
Allerdings entspricht die Darstellung des Bootes solchen, die in, bislang als kultisch eingestuften, zeitgleichen Abbildungen auftauchen. ("Sonnenbarke"). Dieses Boot ist eine spätere Hinzufügung.
So - deshalb Zweitteilung in der Interpretation:
A) für eine gewissen Zeit Zeitmesser und Kalender
B) danach nur noch "Kultobjekt" im weitesten Sinne.
Natürlich sind die Übergänge Herrschaftszeichen/Kultisches Symbol/Kalender fließend.
(Die Uhr an einem spätestmittelalterlichen Kirchturm ist ja auch mindestens dreiteilig in ihrer Bedeutung.
Zeitmesser, an einem kultischen Bau als Ausdruck von gesteigertem Selbstbewußtsein der Stadtbürger....)
Für reinen, zweckfreien Schmuck, einer Standarte etc. fehlen jede konkrete Hinweise.
Mir erschient die Interpretation als Zeitmesser und später als "Kultobjekt" als völlig ausreichend und in sich schlüssig, um die Funktion der Scheibe zu erklären, zusätzliche Theorien bräuchten zusätzliche konkrete Hinweise oder Vergleiche.
Just my two cents.
Thomas
Zuletzt geändert von Thomas Trauner am 02.03.2006 19:07, insgesamt 1-mal geändert.