Nachweise für Beize?

Alles was mit Der Verwendung von Farbe zu tun hat..

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Nachweise für Beize?

Beitragvon Mela » 26.08.2009 14:24

Ich stell die Frage mal im allwissenden Forum - in der Literatur habe ich zwar schon ein, zwei Nachweise gefunden, habe aber eher altes Zeug hier rumliegen...

Gibt es Nachweise für Beizen in der Urgeschichte? Wenn ja, welche?

Und gleich nachgehakt - was "ersetzt" Alaun? Bzw. was verwendeten die Leute damals?

Ich arbeite gerade an einem Kinder-Programm - und wäre natürlich angesichts drohender Fragen sehr, sehr froh um jede Quelle/Rückendeckung.

Vielen Dank schon mal im Voraus

Mela (die sich gleich wieder an die Recherche macht)
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Beitragvon ulfr » 26.08.2009 16:01

Hmmmmm .....
Was möchtest Du Beizen?
Fleisch? :D

Spaß beiseit: was verstehst Du unter Beizen. Schutz oder Färben? Holz? Pflanzenfasern?
Holz ist mW nicht gebeizt worden bzw. kennen ich keinen Befund. Dürfte auch schwierig nachzuweisen sein. Vor allem bei dem bisschen Holz, was wir haben. Fällt mir nur die "Imprägnierung" des Ötzi-Bogens mit einer unbekannten Substanz ein. Ich hab mich aber noch nicht eingehend mit dem Thema beschäftigt.
Wiki (Alaun-Artikel) erwähnt Holzbeizen bei den Ägyptern und Wollbeize bei den Römern. Aber so richtig urgeschichtlich ist das ja auch nich ...

Ich könnte mir vorstellen, dass pflanzliche Geräte wie z.B. Netze geloht worden sind, wahrscheinlich mit Eichenrindensud.

Holzbauteile an Häusern, insbesondere Fachwerkbalken sind bis in die Neuzeit mit Ochsenblut gestrichen worden, skandinavische Stabkirchen mit Holzteer. Eine weitere Maßnahme gegen Schädlingsbefall bei Holz ist Kalken.
Eine relativ natürliche Holzbeizmethode ist das "Räuchern" mit Ammoniak, das könnte man evtl. mit Kuhmist bzw. -urin machen, aber es dürfte schwierig sein, die nötige Konzentration hinzubekommen.

Zu Wolle etc. könnte die Textilfraktion mehr wissen ....
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Beitragvon Manu » 26.08.2009 16:36

Ulfr schreibt:

Zu Wolle etc. könnte die Textilfraktion mehr wissen ....


Das einzige was ich noch dazu beisteuern könnte, wäre aus einem Buch von Andrea und Maria Karl "Färben und Filzen" Leopold Stocker Verlag.

Sie schreiben: Es gibt auch Färbepflanzen, deren Farbstoffe sich ohne Hilfmittel direkt mit der Wollfaser verbindet. Es sind dies Rinden, Flechten, grüne Walnußschalen und andere gerbstoffhaltige Pflanzen. Diese Pflanzen nennt man direktziehende Pflanzen. Bei ihnen ist das vorbeizen der Wolle nicht nötig.

Deshalb habe ich jungsteinzeitlich Leinen (Wolle ist ja eh nicht nachgewiesen) immer nur mit Eichenrinde oder Birkenrinde gefärbt. Aber auch da ist immer große Skepsis ... :?
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Beitragvon Andreas K. » 26.08.2009 16:58

Zum imprägnieren von Bauholz wurde zumindest in Mittelalter und früher Neuzeit schon auf dem Abbundplatz ein Rußgemisch auf die Balken aufgetragen (weiß leider nicht genau was alles drin war), was vielfach zu der Fehlinterpretation verleitet hat, dass das Holz "geräuchert" wurde oder im Laufe der Nutzungszeit die Dachstuhle "verrußten". Wie weit die Methode in die Ufg zurückreicht ist mir nicht bekannt.

Konrad Bedal vom Freilandmuseum Bad Windsheim dürfte da was trüber geschrieben haben. Auch bei neueren Artikeln zum Höfstettnerhaus im selben Museum dürfte was drin stehen. Kann leider zur Zeit keine genaueren Literaturangaben machen.

Grüße,

Andreas
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Beitragvon marled » 26.08.2009 18:21

Zu Alaun gibt es hier eine kleine Übersicht: http://www.alaunwerk.de/alaun.shtml.
Marled, die jetzt mal suchen geht, was sie noch über Beizen in Büchern stehen hat
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Beitragvon Mela » 27.08.2009 08:08

@Ulfr :lol: logisch, das mit der Wolle hätte ich wohl dazuschreiben sollen... Sorry...

Es geht um unser Kinderprogramm, bei dem wir diesmal eine Veranstaltung zum Thema "Kleider/Farbe/Wolle" haben (das ist ein jährlich wiederkehrendes Kinderklubfest, da sind viele Kinder seit Jahren dabei und eh Stammgäste bei uns - deshalb muss da immer was Spannendes her)
Da wollte ich einfach mehrere Färbevarianten zeigen - direkt, vorgebeizt, entwickelt... (Und arbeite ganz normal mit "Chemie" - nur möchte ich vorbereitet sein und den Kids keinen archäologischen Käse erzählen)
Zeitlich habe ich keine Einschränkungen - wir haben alles bis und mit Frühmittelalter :wink:

Für die Holztipps vielen Dank - das werde ich an meinen persönlichen Holzwurm weiterleiten.

Marled, Danke, da stöbere ich mal!

Hat irgendjemand Erfahrung mit dem Unterschied zwischen Urinküppe und Alaun? (Entschuldigt die völlig naive Fragerei - aber ich bin Bronzegiesserin, keine Textilkennerin...) Urin fällt dank Pandemie-Alarm bei uns komplett weg...

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon marled » 27.08.2009 13:04

Die Urinküpe bzw. allgemeine die Küpenfärberei wird gebraucht bei der Indigo- bzw. Waidfärberei, die ein gut Stück komplizierter abläuft als die normale Alaunbeize.
Bei der Alaunbeize werden tierische Fasern, pflanzliche Faser wie Leinen nur bedingt, aufgeschlossen um den Farbstoff dauerhaft an die Faser anlagern zu können, mal laienhaft ausgedrückt.
Bei der Waidfärberei geht es darum den Farbstoff Indigotin in farbloses Indigoweiß durch Reduktion umzuwandeln und erst bei erneuter Sauerstoffzufuhr wieder in Blau umschlagen zu lassen. Eine Fachfrau kann dir das sicher chemisch genauer erklären, aber in Chemie war ich immer eine Niete.
Marled
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Beitragvon Mela » 27.08.2009 13:20

Okay, danke Marled, langsam beginne ich zu verstehen... (Ich glaube, meine bisherige Färbeliteratur war mir zuwenig chemisch - DAS würde ich nämlich halbwegs verstehen :wink: )

Also hätte man - anstatt dem heute erreichbaren Alaun - eine andere Substanz verwendet, die Wollfasern "öffnet". Was käme da in Frage? Wie kann man das nachweisen? (Prinzipiell etwas basisches, oder?)

Hat jemand von Euch schon mal mit Kupfersulfit "entwickelt" - und wo hat er/sie das hergekriegt? Die Apothekerin hat mich angeschaut wie wenn ich Arsen bestellt hätte...

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon jsachers » 27.08.2009 13:30

R. Reith erwähnt für das MA neben Alaun noch "Aschenaufgüsse, Kalklaugen, Zinnsalze und Urin", aber ohne nähere Angaben.
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Beitragvon marled » 27.08.2009 13:41

Im Prinzip kannst du wohl viele Metallsalze verwenden. Zum Beispiel geht das auch mit Eisensulfat, was aber wiederum den Farbton beeinflusst (grün statt gelb). Ich habe jedenfalls schon mehrfach in Eistentöpfen ohne vorheriges Beizen gefärbt und habe dauerhafte Grüntöne dabei rausbekommen. Alaun wird deshalb bevorzugt, weil es den gewünschten Farbton nicht beeinflusst.
Außerdem wurde wohl in dem Fundplatz einer Färberei des FrühMi Bärlapp nachgewiesen, mit dem man angeblich auf Grund seines hohen Mineralanteils auch vorbeizen kann oder mit Vogelmiere. Habe ich aber alles noch nicht ausprobiert.
Um einen Hintergrund zu bekommen, vor allem wenn du ein chemisches Verständnis hast, empfehle ich den Schweppe; Handbuch der Naturfarbstoffe.
Er geht auch kurz auf den geschichtlichen Hintergrund ein.

Die Beizen und einige Entwickler (Beizen, die die Farbtöne beeinflussen) bekommst du zum Beispiel hier:
http://www.kremer-pigmente.de/shopint/index.php?list=030203

Eine sehr interessante Seite zum Pflanzenfärben ist:
http://www.dyeplants.de/

Hope that helps
Marled
Zuletzt geändert von marled am 27.08.2009 13:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Mela » 27.08.2009 13:41

Aschenlauge, ja, das wäre natürlich was - ähnlich wie Seifenherstellung, zusammen mit dem Wollfett gibt das doch etwas "Seifiges"?

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Manu » 27.08.2009 20:44

Hi Mela,

hab mal Aschenlauge selbst hergestellt:

Lt. oben angegebenen Buch:

Ca. 2kg reine gesiebte Holzasche werden in einen 10 Ltr. Kübel gegeben und mit kochend heißem Wasser übergossen.Buchenholzasche eignet sich besonders gut. Diese Mischung wird nun zugedeckt und KINDERSICHER 2 Std. stehen gelassen. Nach 2 Stunden hat sich eine klare, scharfe Lauge an der Oberfläche gebildet, die man abschöpfen kann. Für die Nachbehandlung wird sie 1:10 verdünnt, d.h. 1l Lauge auf 10 l Wasser.

Ich hab das mal mit viel Aufwand gemacht (auch mit viel Freude, klar) und es hat gut geklappt, ich hab sogar in unserem Ofen extra Buchenholz verbrannt.

Aber nur einmal, du kannst ja auch Pottasche nehmen, die normalerweise zum Backen verwendet wird. (Sehr viel billiger als in der Apotheke) :lol:

Viel Freude mit den Kindern

Manu
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Beitragvon Chris » 28.08.2009 09:17

Mela hat geschrieben:Also hätte man - anstatt dem heute erreichbaren Alaun - eine andere Substanz verwendet, die Wollfasern "öffnet". Was käme da in Frage? Wie kann man das nachweisen? (Prinzipiell etwas basisches, oder?)


vorsicht, oft wird geschrieben, Alaun würde die Schüppchen auf den Wollhaaren abspreizen und so das Eindrngen der Farbstoffe ermöglichen - das ist leider kompletter Humbuk

tatsächlich bildet das Alaun mit dem Eiweiß aus der Wolle (oder Seide) chemische Brücken, an die Farbstoffmoleküle "andocken" können - deshalb hilft Alaunbeize auf Leinen nicht...
ich les es heut abend genau nach und zitier dann hier mal die passende Stelle aus dem Schweppe :D

Lil.: Schweppe:"Handbuch der Naturfarbstoffe"
Me transmitte sursum, Caledoni!
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"enthält sulfite"

Beitragvon sebastian » 31.08.2009 11:00

am wochenende ist mir bei betrachtung einer weinflasche der hinweis "enthält sulfite"
aufgefallen. sulfitesinddie salze der schwefeligen säure. da haben sich mir mehrere
fragen zum thema gestellt:
-entstehen die sulfite durch den natürlichen gärprozess oder werden sie
nachträglich zugesetzt ?
-wären auch diese metallsalze zur beize geeignet ?
das würde bezeichnungen wie burgunder-rot oder blauer zweigelt eine ganz
andere bedeutung geben :D
aber im ernst...könnte wein als rohstoff für beize gedient haben ?
nichteinmal beim feierabendwein lässt mich das archaeogrübeln los.....

sebastian
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Re: "enthält sulfite"

Beitragvon Trebron » 31.08.2009 11:35

sebastian hat geschrieben:am wochenende ist mir bei betrachtung einer weinflasche der hinweis "enthält sulfite"
aufgefallen. sulfitesinddie salze der schwefeligen säure. da haben sich mir mehrere
fragen zum thema gestellt:
-entstehen die sulfite durch den natürlichen gärprozess oder werden sie
nachträglich zugesetzt ?
-wären auch diese metallsalze zur beize geeignet ?
das würde bezeichnungen wie burgunder-rot oder blauer zweigelt eine ganz
andere bedeutung geben :D
aber im ernst...könnte wein als rohstoff für beize gedient haben ?
nichteinmal beim feierabendwein lässt mich das archaeogrübeln los.....

sebastian


Einfach ausgedrückt:
Diese Schwefeldioxyde werden in flüssiger Form dem Wein beigefügt, um ihn haltbar zu machen. Ohne oxydiert er zu schnell mit dem Luftsauerstoff und schmeckt "alt".

Ist wie immer, eine Frage der Menge !


BTW: Als Beize für Fleisch ist er mit Sicherheit geeignet :kessel:

Prost

Trebron
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
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