Speerwerfen mit Ankyle

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Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 13.05.2011 07:51

Hallo Leute,
folgende Frage geht mir seit Jahren durch den Kopf: Das Werfen mit Drall scheint zweifellos vorteilhaft zu sein beim Speerwerfen, was bei den alten Griechen bekanntermaßen mit einer Riemenschlaufe (Ankyle) gemacht wurde.
Könnte es sein, dass der Einsatz eines Lochstabs (vgl. Jungpaläolithikum) statt der Fingerschlaufen einen Vorteil beim Werfen bringt? Im Sinne von zusätzlicher Hebelwirkung. Meine private Deutung der Lochstäbe wäre irgendwas mit durchgezogenen Riemen und als Schleuderwaffe.

So, vielleicht fällt ja jemandem was dazu ein...?

Gruß L.
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Jaegoor » 13.05.2011 08:29

Mh... Kann ich mir nur sehr schwer vorstellen. Fehlt mir wohl die Phantasie dafür. Wie genau stellst du dir das vor.
Auch das Schießen mit Drall. Es macht denn Wurf stabiler. Aber man verliert auch Energie.
Die Griechen haben das wohl recht oft verwendet. Ich selbst kann mich nicht so richtig damit anfreunden.
Ich verwende eine Technik welche die Hebelwirkung meines Armes optimiert. Mit meinen Speeren komme ich bis 40 m weit. Auf 20-25m werfe ich gezielt.
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 13.05.2011 09:09

Hallo,
ich stell mir das etwa so vor:
Das Speerende wird vom Lochstab angeschoben, zusätzlich ist ein Riemen im Spiel (durch das Öhr oder um den Schaft???), der wie bei einer Ankyle um das Speerende gewickelt wird und dem Speer den Drall gibt. Der Vorteil ist die stabilere Flugbahn = höhere Treffgenauigkeit. Ich habe allerdings noch nie einen Profi mit Ankyle werfen sehen, deswegen kann ich mir das Prozedere beim Abwurf nicht so richtig vorstellen.

PS: Es ging beim Speerjagen - ähnlich wie beim Bogenjagen - normalerweise nicht um Weiten von über 20 Metern, sondern um Präzision.

Schöne Grüße, L.
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Jaegoor » 13.05.2011 09:20

iss schon klar. Aber ich werfe ohne leder sehr genau. Die Griechen benutzten es wohl aber für die weite
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 13.05.2011 11:12

Ich denke auch, dass der Speer beim Aufrollen aus der Schlaufe einen längeren Schub kriegt (Schleuder-Effekt), was den Verlust durch das Drehen aufwiegt. Genau deshalb wäre es ja ganz nett, das alles mal praktisch zu vergleichen.

Mein Interesse geht hier ja aber vor allem in die Richtung, was man mit den dämlichen Lochstäben angestellt haben könnte. Die gängigen Erklärungen (Pfeilschaftstrecker etc.) sind unbefriedigend, daher favorisiere ich wie gesagt was mit Schleudern.

Gruß L
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Hans T. » 13.05.2011 13:43

Nachdem wirs ausprobiert haben, ist die Verwendung als Pfeilschaft-Geradebieger rein von der Praxis her eine tolle Sache. Man kann damit sehr exakt, punktgenau und durch die Hebelwirkung recht rasch einen Schaft in Form bringen.

Eine Verwendung quasi als "Speerschleuder tres compliqué" erscheint jetzt mir um die Ecke gedacht. Das Loch als Aufnahme der Schlaufe und die Schlaufe dann als Verlängerung beim Schleudern? Nur für die Schlaufe diese Löcher? Hmmm.

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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 13.05.2011 13:57

Hallo Hans,
Pfeilschäfte lassen sich ebenso gut mit der Hand geradebiegen.
Die Aussplitterungen und Abriebspuren in den Löchern haben mich über Jahre zu meiner Vermutung geführt. Einziger Rückschlag: es gibt Miniatur-Lochstäbe, und wenn diese kein Kinderspielzeug waren, dann lässt das Ganze eben doch auf irgendwas Nonutilitäres schließen. Da bleib ich dann aber mal stur und sage: die Minilochstäbe waren eben Kinderschleudern.

Herzl Gr Leif
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Jaegoor » 13.05.2011 16:59

also zum schleudern kann ich mir das auch nur sehr schwer vorstellen. So lieb mir das auch wäre. Für schäfte schon eher. Das hab ich auch schon selbst versucht. Mit der Hand geht biegen auch. Das loch kann aber auch noch als eine art lehre für schaft durchmesser dienen. In einem schlauen buch hab ich auch mal gelesen, das es zum zähmen von tieren als eine art maulknebel verwendet worden sein könnte.
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Hans T. » 13.05.2011 21:31

Pfeilschäfte lassen sich ebenso gut mit der Hand geradebiegen.


Es geht nicht einfach ums biegen. Es geht auch ums heissmachen und da biegst du nix mit den Fingern. Es seit denn, weit weg von der Knick/Schiefstelle. Die Knickstelle gezielt und nur da heiss machen, Lochstab drüber, einmal hebeln, zack. Thomas hat beides versucht und hat die Hebelmethode einfach als besser, exakter und schneller bezeichnet.

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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 13.05.2011 22:19

M.E. ist der Abrieb durch den Riemen im Loch und distal um das Loch herum in einigen Fällen noch sehr gut zu sehen. Beim Lochstab der Erlanger Sammlung nicht ganz so gut, aber ansatzweise auch da.
http://www.uf.uni-erlangen.de/sammlung/ ... te_001.jpg
Da es Lochstäbe mit bis zu vier etwa gleich großen Löchern gibt, scheint mir die Pfeilstreckeridee wirklich ziemlich abwegig, auch wenn es Pfeilstrecker á la Lochstab bei nordischen Völkern gegeben hat. Aber Flaschenöffner sehen ja auch irgendwie aus wie Lochstäbe, oder?
Bevor wir hier auf der Stelle treten, machen wir´s aber vielleicht lieber wie beim Skat: Schenken...
Danke trotzdem für´s Diskutieren, ich muss Euch wohl doch durch praktische Vorführung überzeugen, mal sehen.

Grüße, L.
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Trebron » 14.05.2011 14:54

Nu muss ich auch mal meinen Senf aus der Tube drücken :mammut2:

Leif, ich glaube auch nicht an eine Art Schleuder.
Die Verrundung der Lochkanten verhindert mE nur, dass ich beim Drücken keine Kanten in den Pfeil- Speerschaft bekomme.
Außerdem habe ich mit dem zu begradigenden Schaft im Loch einen nahezu rechten Winkel als Hebel und damit mehr Gewalt, als wenn ich einen geraden Schaft im Abstand von ca 50 cm mit beiden Händen versuche zu biegen. Weiter verhindert der Lochstab, dass ich mir an dem erhitzten Schaft die Finger verbrenne.

Aber das Alles besagt nicht, dass Deine zukünftigen Versuche nicht funktionieren können
Zitat:
" ich muss Euch wohl doch durch praktische Vorführung überzeugen, mal sehen.
" :mammut2:

Darauf bin ich schon mal gespannt.
Multifunktionsgeräte hat es sicher mehr gegeben, als wir "Neuzeitler" uns vorstellen können.
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 14.05.2011 21:42

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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Jaegoor » 02.02.2020 19:00

Falls es noch interessiert. Hier mal werfen mit einer Schnur etwas anders. Wenn ich nicht irre verblieb die Schnur bei den Griechen am schaft. Bei dieser Methode ist das anders. Es dauert zwar länger bis man wurf bereit ist, aber das werfen selbst ist sehr angenehm. Was mir auffiel, man braucht weniger kraft.
Ich kann eine Stunde lang werfen ohne Probleme im Arm zu bekommen.
Der Speer bohrt sich regelrecht ins Ziel.
Ich mag diese Methode.
https://m.youtube.com/watch?v=Bda40ZOghRU

https://m.youtube.com/watch?v=u8I1kkfoAG8
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon Medivh » 02.02.2020 19:23

Danke für die Links, wodurch ich auch auf die interessante Diskussion aufmerksam wurde :)=
Alt ist man erst, wenn man zum Archäologen überwiesen wird.

Daniel Richardt, M. A.
Volontär beim Landesamt für Denkmalpflege - Baden-Württemberg
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Re: Speerwerfen mit Ankyle

Beitragvon LS » 28.03.2020 19:36

Hallo Jaegoor,
höchst nachträglich noch besten Dank für die Video-Demonstrationen, die ja mit meinem Post von vor vielen Jahren zusammenhängen.

Ich hatte aus damals gefundenen Abbildungen gemeint, die Ankyle dient zum Greifen hinter dem Schwerpunkt des Speers und stabilisiert von hinten. So hatte ich das irgendwo auf antiken Abbildungen gesehen. Kann aber sein, dass das technisch keinen Sinn gibt, weil der Schwerpunkt immer der beste Griff beim Werfen ist, auf antiken Vasen ist ja auch ein Haufen technischer Blödsinn gemalt worden.

Zum Thema Lochstab bringt uns das jetzt nicht unbedingt weiter, aber da werd ich eher im Stillen weiter analysieren, sofern niemand die Beobachtungen aufgreift. Alles was es dazu zu schreiben gab, hatte ich zu Beginn des Threads geschrieben, daran (Abrieb innen und außen) ändert sich nichts.

Gruß L.
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