Kugelkopfkeule

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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon ulfr » 15.03.2012 19:17

Wie sagte neulich eine Amerikanerin im Museum zu mir beim Anblick meiner Scheibenkeule: "I´d hate to stand in front of it ..."
Sehr beEINDRUCKend, Wagrier!
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 15.03.2012 19:19

wagrier hat geschrieben:
ulfr hat geschrieben:Sehe ich das richtig, Wagrier, hat der Schaft für den Keulenfund am oberen Ende eine Verdickung und ist von oben eingeschoben?

Bild




ja, dass hatte ich auch gedacht. Aber die Bruchkante vom Holz ist derart zerfasert und gequetscht.
Auch das Aufquellen vom Holz an der Bruchfläche täuscht da mächtig.
Da müssen wir warten bis die Resultate der Holzarten und fixierungs Möglichkeiten vorliegen.
Wie ich erfuhr, sind die Keulen von Kiel nach Mainz gekommen und sollen dort untersucht werden.

HG Manfred


habe eben die ersten Ergebnisse vom Schäftungsholz aus Kiel erhalten.
Es handelt sich um einen 4 Jährigen Eschenholzsprössling, weiteres ist noch nicht geklärt.
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Trebron » 15.03.2012 20:03

Danke Manfred, das kam genau zur rechten Zeit !!! Am jetzigen WE ist im Museum In Herxheim bei Landau ein Vortrag über die Zertrümmerung von Knochen in der bandkeramischen Zeit in Herxheim. Habe Deine Seite mal dorthin weitergeleitet.

http://www.projekt-herxheim.de/
http://www.museum-herxheim.de/index.php ... =de&tid=35
http://www.museum-herxheim.de/index.php?nr=30&lang=de

Danke nochmals und Gruß

Norbert
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon FlintSource » 15.03.2012 20:52

Wow! Sehr schöne Dokumentation! Wenn so ein Teil bereits bei nur 70% Kraftauwand in einem massiven Schädel wie von einer Wildsau solche Spuren hinterlässt, kann man sich gut vorstellen welch verheerender Effekt das auf einen dünnen Menschenschädel hat. Sehr gespannt wie die Knochen aussehen, wenn das Fleisch ab ist. Du solltest unbedingt den ganzen Ablauf von Fertigung über Schäftung bis zur Anwendung irgendwo ausführlicher publizieren, das geht deutlich über 'werkeln' hinaus.

@Trebron: Schade, dass die DGUF die Exkursion nach Herxheim genau am Ergersheim-Wochenende gelegt hat, anders wäre ich sicherlich dabei gewesen.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon hugo » 15.03.2012 21:18

Ich sagte schon immer, dass Stahlruten nicht grundlos zu den verbotenen Waffen gehörten. In der Wiener Zuhälterszen hatten sie eine stark selektierende Wirkung bis sie durch Schusswaffen ersetzt wurden :twisted: :lol: Wichtig ist der federnde Stiel, der nebenbei auch das Prellen in der Schlaghand verhindert. Die Köpfe klassischer Stahlruten sind oft noch kleiner, dürften aber in ihrer Masse dem Keulenkopf gleichen.
Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon FlintMetz » 15.03.2012 21:23

Wundert mich nicht - da gibts Formeln mit Masse, Geschwindigkeit, Auftrefffläche usw. - macht mächtig AUA!
Und für das Wildschwein empfehle ich als Erste-Hilfe-Maßnahme Aspirin und eine großflächige Trepanation, damit es keine Blutgerinnsel im Hirn bekommt :D

Schöne Grüße...

Robert
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 15.03.2012 22:27

habe eben die ersten Ergebnisse vom orginal Schäftungsholz aus Kiel erhalten.
Es handelt sich um einen 4 Jährigen Eschenholzsprössling, weiteres ist noch nicht geklärt.
Der Keulenkopf hat ein Gewicht von 264g, somit liegt meine Replik mit 285g sehr nahe.

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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Trebron » 16.03.2012 07:48

FlintSource hat geschrieben:Wow! Sehr schöne Dokumentation! Wenn so ein Teil bereits bei nur 70% Kraftauwand in einem massiven Schädel wie von einer Wildsau solche Spuren hinterlässt, kann man sich gut vorstellen welch verheerender Effekt das auf einen dünnen Menschenschädel hat. Sehr gespannt wie die Knochen aussehen, wenn das Fleisch ab ist. Du solltest unbedingt den ganzen Ablauf von Fertigung über Schäftung bis zur Anwendung irgendwo ausführlicher publizieren, das geht deutlich über 'werkeln' hinaus.

@Trebron: Schade, dass die DGUF die Exkursion nach Herxheim genau am Ergersheim-Wochenende gelegt hat, anders wäre ich sicherlich dabei gewesen.



Ich sicher auch. Na ja, zumindest meineScheibenkeulen ( Geröllkeulen ) kommen zum Einsatz !

:mammut2:
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Skulpteur » 16.03.2012 19:02

Ulfr,
ein tolles Stück Handwerksarbeit! :mammut2:

Wie hast du denn eigentlich die Bohrung bewerkstelligt?

Zur Schlagtechnik mit flexibler oder unflexibler Schäftung wäre ja auch zu beachten, dass die Schlagtechnik natürlich sehr "ausschlaggebend" für das Aufprallergebnis ist. Gerade flexible Schäftungen können - je nach Schlagtechnik - ja durchschlagende Wirkung haben (schleudernder Schlag; zusätzlicher Hebel- und Beschleunigungsweg; ähnlich wie bei der Speerschleuder)...
Ich vermute mal, falls es eine Waffe war, dass sie zum Parieren eher ungeeignet gewesen sein könnte. Möglicherweise war dieser Typus eine "Erstschlag-Waffe. Vielleicht ist damit aber tatsächlich nur Flachs geklopft worden...

Herzliche Grüße,

Vinzenz
:rhino:
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 16.03.2012 22:05

den Stein mit seiner natürlichen Form habe ich vom Ostseestrand.
Die "Durchlochung" wurde nicht gebohrt sondern gepickt.
Das beidseitige Picken und anschließende "Aufdrehen" wurde mit entsprechend zugearbeiteten
Flintsteinen, in ca. 9,5 Std. vollzogen. Der Keulenkopf wurde nicht weiter bearbeitet.
(kein Schleifen)
Hier sind einige Infos über das Picken:
http://www.steinharteknochentechnik.magix.net/website/#Pick-Technik

Für die Flachsbearbeitung gab es sicher andere Schlägel die einfacher und schneller
Herzustellen waren.

HG Manfred
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Skulpteur » 17.03.2012 20:35

wagrier hat geschrieben:...Hier sind einige Infos über das Picken...


Schade! Im Moment habe ich leider Probleme mit dem Flash-Player! Kann mir die Seite leider gerade nicht anschauen... :(

Darf ich die Technik des Durchpickens so verstehen, dass ein von zwei Seiten eingepicktes und durch Eindrehen mit Flintstein etc. besäubertes Loch als "sanduhrförmig" bezeichnet wird? Der Begriff wurde hier im Thema erwähnt...

Herzliche Grüße,

Vinzenz
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 17.03.2012 23:13

um ein Loch mit der Picktechnik herzustellen wird mit einem länglichen Flintstein punktgenau immer
auf die gleiche Stelle mit gefühlsvollen Schlägen geschlagen.(gepickt)
Ständiges Drehen vom Werkstück lässt dann eine fast runde Mulde entstehen.
Das Werkstück etwa bis zur Hälfte einpicken, dann wird der Stein gedreht und punktgenau fortgefahren.
Wenn sich die beiden Mulden etwa mittig treffen entsteht automatisch ein winziger Durchbruch.
Nun wird mit einem dünneren Flintpickstein dieses kleine Loch weiter aufgepickt.
Danach ist dann ein sanduhrförmiges Loch entstanden. Soll ein möglichst zylinderisches Loch entstehen,
wird nun mittels einem bohrerähnlichen Flint die Sanduhrform "aufgedreht".
Dieses Aufdrehen hinterlässt nun aber Rillen und Riefen an der Lochinnenwand.
Und diese entstandenen Rillen lassen dann an ein gebohrtes und nicht gepicktes Loch denken.
Wenn der durchlochte Stein nun noch an den Flächen mit den Öffnungen überschliffen wird ist kaum
noch eine Pickspur sichtbar.

HG Manfred
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Skulpteur » 18.03.2012 11:04

Hallo Manfred,

Heute hat das Betrachten deiner Seite auf einem anderen Computer funktioniert :D

Eine tolle Seite! Sehr faszinierend!!!

Großen Dank für die Extra-Erläuterung der speziellen Picktechnik!
Arbeitest du dabei vorzugsweise mit aufgestielten Picksteinen, bzw. Hämmern, oder nimmst du sie eher / öfter als Faustkeil-Pickstein in die Hand?

Ich abe kürzlich meine ersten Bohversuche mit Flintstein, Vollholzstab und Bambus absolviert, auch mit Kupferröhre (von einem Heizungsrohr), suche aber noch nach dem geeignetsten Sand. Auf deiner Seite werde ich ja nun zum Glück fündig!
Es ist für mich ein ungemein faszinierendes Hobby, sich mit den uralten Techniken zu beschäftigen!
:mammut2:

Herzliche Grüße,

Vinzenz
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 18.03.2012 17:09

hallo Vinzenz,

überwiegend arbeite ich mit den ungeschäfteten Picksteinen, es arbeitet sich so viel
gefühlsvoller.
Kleiner Tipp: den zu durchlochenden Stein immer weich lagern beim Picken.
Sitzend ist der Oberschenkel die beste Unterlage.
Viel Spaß beim Testen,

Gruß Manfred
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 29.03.2012 18:06

Nun habe ich einen Hammelschädel mit einer nur 182 g schweren Kugelkeule bearbeitet. :roll:
Hier findet Ihr mehr:
http://steinharteknochenarbeit.magix.net/website#Ger%C3%B6llkeule-Hammel

Mit der Keule von dem Wildschweintest hätte ich sicher den Hammelschädel völlig zertrümmert.
Deswegen wurde der Hammelschädel mit einer kleineren und leichteren Bauart von Keule bearbeitet.

HG Manfred
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