einfache Webgeräte - Gewichtswebstuhl und andere

Auch die Verarbeitung von Pflanzenfasern zu Stoffen, Wolle, Filz etc. findet hier Platz.

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Beitragvon Jøran » 18.11.2009 16:34

ulfr hat geschrieben:Warum weist Du nicht einfach ohne allen Firlefanz darauf hin, dass sich die Bezeichnung geändert hat.


Weil ich keine Ahnung darüber habe, seit wann sich diese Bezeichnung
von "Lappen" in Sami geändert hat.
Meine Eltern sprachen nie von "Lappen".

Kontaktadressen können hier angefragt werden:
samediggi@samediggi.no

Auch hier beschäftigt man sich mit der alten nordischen Kultur und
vermittelt Adressen:
post@norskfolkemuseum.no

Hilsen

Jøran-N.
Jøran
 

Beitragvon ulfr » 19.11.2009 10:26

Danke! :)
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Beitragvon Claudia » 23.11.2009 10:25

Ich weiß, daß sie sich selber Sami nennen, aber hierzulande ist der Begriff meist nicht geläufig, deswegen habe ich das alte "Lappen" verwendet. Insbesondere auch, weil Martha Hoffmann, die diese Webtechniken beschrieben hat, das auch noch so verwendet hat und wenn man sich aufs selbe Buch bezieht, wollte ich keine Verwirrung stiften.

Soviel zu der unnötigen Krümelkackerei. *gnatz*

Können wir jetzt bitte wieder übers Weben reden?
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Beitragvon Manu » 23.11.2009 13:50

Hi Claudia,

ja klar. Ich hab da noch was gefunden, bei den Robenhausener Funden.

(in einem Buch natürlich :wink: , in meinem Fall)

Es nennt sich Messer/Dolch aus Eibenholz und ist ca. 17-19cm lang. Ich hab schon mal einen nachgemachten Holzdolch bei uns im Museum in der Hand gehalten und gedacht, daß es ein "Spielzeugmesser" sei. Jetzt kam mir aber wieder die Geschichte der fehlenden Webschiffchen in die Quere und als ich mir die Funde ansah, war es nicht ganz unmöglich sich vorzustellen, das es evtl. ein Webschiffchen sein KÖNNTE. Ich geb zu ein etwas außergewöhnliches. Aber hinten um den Griff könnte man ganz gut den Leinenfaden wickeln und beim Durchschieben durchs Fach, hätte man es vorne mit der abgeflachten Spitze einfach.

Leider funktioniert mein Scanner nicht richtig, ich werde aber versuchen heute noch ein Bild einzuscannen. Dann bin ich ne Woche in Urlaub. :D

Also, als Dolch zum Üben :einbaum: ist es komisch. Vielleicht hat noch jemand eine Idee. Manchmal steht man ja gnadenlos auf dem Schlauch.

Grüssle Manu
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Beitragvon Claudia » 23.11.2009 14:18

Vielleicht wars ne Vorversion von nem Webschwert? Hast Du mal ein Bild von dem Teil? (gern auch als email)
An Webschiffchen glaube ich nicht, da alle antiken Belege, wo man was derartiges erkennen kann, Spulen (d.h. Spindeln ohne Wirtel) zeigen.

Ich würde dazu folgendes Buch empfehlen:
Elizabeth W. Barber
Prehistoric Textiles: The Development of Cloth in the Neolithic and Bronze Ages with Special Reference to the Aegean

Die Autorin geht sehr ausführlich auf die frühesten Belege fürs Weben und Spinnen ein und ihre Erläuterungen finde ich sehr gut.
Claudia
 
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Beitragvon ulfr » 23.11.2009 15:23

Müller-Beck deutet die im ostschweizerischen Neolithikum öfters auftauchenden Holz"dolche" als

"Billig"dolche für Neolithiker, die sich echte Metalldolche nicht leisten können.

Spielzeug

Dafür sprechen die schwarze Färbung der Griffe, dagegen die fehlenden Gebrauchsspuren

Müller-Beck, H.J. 1972: Die Holzdolche von Gachnang (TG, Schweiz), Niederwil-Egelsee. Archäologische Informationen 1, 63-68

Im Bericht über den Fundplatz Niederwil schreibt er:

"Zuverlässige Aussagen über die Anwendung der "Dolche" von Niederwil-Egelsee sind wegen des Fehlens von eindeutigen Arbeitsmarken nicht möglich. Die Form ist derart stark auf echte Dolche bezogen, dass es schwer fällt, die Stücke etwa als Webmesser zu bezeichnen. [...] Nach den belegten Abmessungen könnte es ich allenfalls um Geräte handeln, die bei der Bandweberei Anwendung gefunden haben. Das wäre technisch recht ungewöhnlich, und zudem hätten zumindest die kleineren "Dolche" dafür nicht eben ideale Formen."

und

"Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass eine praktische Arbeitsanwendung der Dolchmodelle eher unwahrscheinlich ist. Die Interpretation als Webmesser muss als gänzlich hypothetisch angesehen werden. Es scheint näherliegend, dass die Stücke Modellcharakter besitzen. Allerdings bleibt auch dabei offen, ob es Modelle gehobeneren Symbolwertes oder nur einfache Spielzuege gewesen sind."

Müller-Beck, H.J. 1991: Band IV: Holzartefakte und Textilien, in: Waterbolk, H.T. u. van Zeist, W. (Hrsg.) Niederwil, eine Siedlung der Pfyner Kultur, 110-116

Er hält es auch für möglich, dass es sich um Matrizen für das Gießen von einfachen Kupferdolche handelt. Ferner weist er darauf hin, dass es in Ägypten üblich war, hölzerne Dolche als Grabbeigaben niederzulegen.

Capitani e.a. beschreiben einen vergleichbaren Fund von Arbon Bleiche 3 jedoch als Webmesser, diese Funktion sei aber nicht gesichert.

Capitani, A. e.a. 2002: Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon/Bleiche 3, 106
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Beitragvon Manu » 23.11.2009 16:57

Aus der Traum vom eigenen Boot. :dekadent:

Krieg den Scanner nicht mehr zum laufen, das :cry: Ding.

Also, ich bleib mal dran an der Geschichte und werde wahrscheinlich die von Euch empfohlenen Bücher in der Bib finden.........
Manu
 

Beitragvon Mela » 23.11.2009 17:05

Sie werden zwar immer noch als "Webschwerter" bzeichnet, aber wohl von den meisten Autoren eher in Ermangelung einer besseren Bezeichnung.
Im Praxistest überzeugen sie auf alle Fälle nicht - mit einem einfachen Knäuel ist man deutlich schneller.
Und als echtes Webschwert - also zum Anschlagen des Schusses - sind sie wiederum zu kurz.

Liebe Grüsse

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Beitragvon ulfr » 23.11.2009 17:54

So seh ich das auch, außerdem sind die "Schneiden" konvex gewölbt, das macht beim Weben imho gar keinen Sinn ...
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Beitragvon Manu » 23.11.2009 18:05

Und als echtes Webschwert - also zum Anschlagen des Schusses - sind sie wiederum zu kurz.


Ja, bei meinen ersten Webversuchen hab ich jetzt ein "langes Webschwert" gemacht, zum Anschlagen des Schusses. Ohne würde es nicht gehen. Da hab ich in Abbildungen auch schon kurze gesehen, die dann immer zwischen die Schussfäden gehen, und "Stück für Stück" anschlagen. Könnte das sein? :oops:
Manu
 

Beitragvon Mela » 24.11.2009 09:22

Noch deutlich besser - allerdings auch nicht wirklich belegt :wink: wie auch, dazu müsste mal jemand in eine urgeschichtliche Webstube reisen - geht es mit einem Kamm (wir haben im Museum einen unserer Eibenkämme - die mit den dickeren Zinken - umfunktioniert).

Liebe Grüsse

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Beitragvon marled » 24.11.2009 12:58

Im Prinzip brauchst du zum Anschlagen des Schusses nur deine Handkante, ich egalisiere mit dem Webschwert nur alle 10 - 20 Schüsse die Kante, sonst ist das viel zu aufwändig.
Das einzige, wo ich einen sinnvollen Einsatz von kurzen Webmessern sehe, ist ein zusätzlicher Eintrag von Wolle in der Art von Broschierungen oder eingelesenen Mustern. Da an diesen Stellen der Zusatzschuss auf dem Grundschuss liegt, muss er besonders angeschlagen werden und dafür wäre so ein Webmeser auch praktisch. Die Muster führen ja meistens nicht über die gesamte Breite der Kette.
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Beitragvon Claudia » 24.11.2009 14:53

In Funden aus dem Frühmittelalter und aus der RKZ tauchen auch immer wieder zwischen 8 und 12mm dicke Geweih- oder Knochenstifte auf, die an beiden Enden angespitzt sind. Aus der isländischen Webtradition, die noch dokumentiert wurde, ist bekannt, daß diese Stäbchen auch zum "Zurechtpfriemeln" von Fäden und zum Anschlagen kleinerer Stellen benutzt wurden. Martha Hoffman bezeichnet sie als "pin beater" und so werden sie auch m.W. in der restlichen englischsprachigen Literatur bezeichnet. Vielleicht gibts in den steinzeitlichen Funden was Ähnliches?
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Beitragvon ulfr » 24.11.2009 17:35

Solche Geräte gibt es auf vielen steinzeitlichen Fundplätzen mit Organik-Erhaltung, sie werden nur meistens als Geschossspitzen o.ä. gedeutet, also mit den Herrenspielwaren assoziiert. Zu diesem Problem hat Linda Owen mal was geschrieben, ich find´s nur gerade nicht, sie meint auch, dass manche "Geschossspitze" genauso gut zum Weben o.ä. benutzt worden sein könnte.
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Beitragvon ulfr » 07.12.2009 13:07

So, ich hab mal einen solchen "Holzdolch" nachgebaut, aus Eibe, der Griff ist wie die Vorbilder aus Niederwil oberflächlich angebrannt und so geschwärzt. Dicke der "Klinge": 6-7 mm

Bild
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