von ulfr » 23.11.2009 15:23
Müller-Beck deutet die im ostschweizerischen Neolithikum öfters auftauchenden Holz"dolche" als
"Billig"dolche für Neolithiker, die sich echte Metalldolche nicht leisten können.
Spielzeug
Dafür sprechen die schwarze Färbung der Griffe, dagegen die fehlenden Gebrauchsspuren
Müller-Beck, H.J. 1972: Die Holzdolche von Gachnang (TG, Schweiz), Niederwil-Egelsee. Archäologische Informationen 1, 63-68
Im Bericht über den Fundplatz Niederwil schreibt er:
"Zuverlässige Aussagen über die Anwendung der "Dolche" von Niederwil-Egelsee sind wegen des Fehlens von eindeutigen Arbeitsmarken nicht möglich. Die Form ist derart stark auf echte Dolche bezogen, dass es schwer fällt, die Stücke etwa als Webmesser zu bezeichnen. [...] Nach den belegten Abmessungen könnte es ich allenfalls um Geräte handeln, die bei der Bandweberei Anwendung gefunden haben. Das wäre technisch recht ungewöhnlich, und zudem hätten zumindest die kleineren "Dolche" dafür nicht eben ideale Formen."
und
"Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass eine praktische Arbeitsanwendung der Dolchmodelle eher unwahrscheinlich ist. Die Interpretation als Webmesser muss als gänzlich hypothetisch angesehen werden. Es scheint näherliegend, dass die Stücke Modellcharakter besitzen. Allerdings bleibt auch dabei offen, ob es Modelle gehobeneren Symbolwertes oder nur einfache Spielzuege gewesen sind."
Müller-Beck, H.J. 1991: Band IV: Holzartefakte und Textilien, in: Waterbolk, H.T. u. van Zeist, W. (Hrsg.) Niederwil, eine Siedlung der Pfyner Kultur, 110-116
Er hält es auch für möglich, dass es sich um Matrizen für das Gießen von einfachen Kupferdolche handelt. Ferner weist er darauf hin, dass es in Ägypten üblich war, hölzerne Dolche als Grabbeigaben niederzulegen.
Capitani e.a. beschreiben einen vergleichbaren Fund von Arbon Bleiche 3 jedoch als Webmesser, diese Funktion sei aber nicht gesichert.
Capitani, A. e.a. 2002: Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon/Bleiche 3, 106
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
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