Minoisches Schwert vom Typ A

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Re: Minoisches Schwert vom Typ A

Beitragvon Sculpteur » 23.05.2023 15:54

So ist es.
Meines bescheidenen und natürlich nicht maßgeblichen Wissens nach kann das Folgende geschehen, wenn flüssiges Metall in sehr kleine Querschnitte in lange Gusskanäle gegossen wird: Es kann es zu einer stellenweise, evtl. auch nur temporären Verpropfung kommen (z.B. wenn die Bronze nicht heiß genug eingefüllt wird oder im Gusskanal aus anderen Gründen zu schnell abkühlt). D.H. die Viskosität eines durch Erhitzung verflüssigtem Metalls muss auch zur Gussform passen.
Ist ein Ablüftungskanal in Ansatz, Verlauf und Dimensionierung falsch ausgelegt oder wird z.B. durch Fremdkörper wie z.B. in den Gußkanal herabrieselnden Formsand verstopft, kann es zu einem Einschluss von Luft während des Gussvorgangs kommen. Oben wird dann ggf. fleißig nachgegossen, während die eingeschlossene Luft in der Form sich aufgrund der Hitze des eingebrachten Metalls recht schlagartig ausdehnen kann (je nachdem auch wie dicht die Form an welchen Stellen ist). Das Gussteil generiert dann ggf. zu einem Teil nach dem Prinzip der "Luftschokolade" oder die Gussform mit dem eingefüllten Metall generiert zu einem quasi "Bronzelava auswerfenden Vulkan", was sehr gefährlich für den Gießenden werden kann. Deshalb glaube ich auch, dass für den Fall der Fälle eine Schutzbrille als Gesichtsschutz nicht ausreicht.
Ich kann mir vorstellen, dass der über volle Länge der Klinge konzipierte taillierte Mittelsteg dieses Typs minoischer Schwerter nicht nur Aspekte wie die Stabilität der gegossenen Klingen erzeugen sollte, sondern darüber hinaus gewährleistete, dass die eingefüllte flüssige Bronze über den großzügiger ausgelegten Kanal für den Mittelsteg die recht dünn ausgeformten Flankenbereiche der Klinge für die Bronze besser zugänglich machte.
In den sehr dünn ausgelegten Flankenbereichen, also dem Hauptkorpus der Klinge - wen man so will - würde die Bronze m.E. aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten rascher Erkalten. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass der Guss eines nur sehr dünnen Blattes aus Bronze dieser Machart gar nicht möglich (oder aber nur sehr schwierig möglich wäre) weil die Bronze im Gusskanal durch Erkalten zu rasch an Viskosität verlieren würde - und somit den Gusskanal nicht vollständig ausfüllen würde (ich kann mich hier mangels Erfahrung aber auch irren).
Bei einem von mir für meine Vorversuche im Bereich der Steinbearbeitung verwendeten Fehlguss eines Kupfermeissels (den ich nicht selbst gegossen, für den ich aber das Model angefertigt hatte) hatte sich offensichtlich beim Kastenguss mit Formsand aus unerfindlichen Gründen Formsand mit dem flüssigen Kupfer vermischt. Dies führte offenbar zusammen mit einem starken Einschluss von Luftblasen zu einer völligen Unbrauchbarkeit des Meissels. Außerdem war das gegossene Kupfer extrem spröde (wobei die Gründe hierfür offen sind).

Was das potenzielle Zerbröseln von Gußformen aus Ton oder Lehm angeht, kann ich mir vorstellen, dass die Beimengung von Rosshasr in den Ton oder Lehm nicht erst eine Erfindung der Glockengießer des Mittelalters ist, aber dazu müsste ich erst nochmal ausführlicher recherchieren, um mein Wissen aufzufrischen.
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Re: Minoisches Schwert vom Typ A

Beitragvon LaraC » 31.05.2023 20:04

Vielen Dank an alle für Ihre Antworten und entschuldigen Sie die Verzögerung!

Ok, ich werde die 3 Nieten wie vorgeschlagen verwenden.

Für den Gießrahmen verwende ich mit Ton vermischten Sand, was auf Englisch „Greensand“ genannt wird. Ich habe dieses Video gefunden, um zu zeigen, wie man es macht:

https://www.youtube.com/watch?v=2rAQxw6X6uc

Die Form ist offen, sodass kein Wachs verloren geht. Der Rahmen hat Halbschalen, um eine Seite und dann die andere zu füllen. Ich mache einen Holzständer, um den Rahmen so zu halten, dass er ihn gerade hält. Ich habe vor, den Gusssand mit einem tragbaren Propanbrenner zu erhitzen und etwas Borosilikatpulver als Flussmittel im Kanal zu verwenden.

Hier ist ein Video, das ich gesehen habe, und ich hoffe, dass ich dasselbe mit meinem Schwert machen kann:

https://www.youtube.com/watch?v=RmLvWRjgOVs

Ich habe einen Graphittiegel, den ich zu diesem Zweck bestellt habe, und ich werde testen, wie schwer er sich mit all dem Metall darin anfühlt. Ich habe eine Metallzange, die es beim Ausgießen recht gut und sicher hält. Ich denke, dass das Ausgießen dieser Form ohne einen Kanal für den Luftaustritt funktioniert, aber ich habe gedacht, dass vielleicht ein kleiner Entlüftungskanal von der Spitze nach oben für die Luft eine gute Idee wäre. Ich habe einen Gesichtsschutz und werde Schweißerhandschuhe, eine Schweißerjacke, Lederstiefel und lange Jeanshosen tragen.

Hier ist das endgültige Modell, das den zu gießenden Raum ausfüllt. Es wiegt 105 g, sodass die Klinge am Ende nahe am Zielwert von 900 g liegen sollte:

IMG_6590.jpeg

IMG_6589.jpeg

IMG_6588.jpeg

IMG_6587.jpeg

IMG_6586.jpeg

IMG_6585.jpeg


Sculpteur, der Grund, warum Ihr Kupferguss fehlgeschlagen ist, ist, dass Kupfer sehr schwierig zu gießen ist! Geschmolzenes Kupfer bildet sehr schnell Oxide und damit Blasen, und ohne ausreichend Flussmittel, die richtige Formkonstruktion und meist auch Schweißgase ist das Ergebnis meist unbrauchbar. Aus diesem Grund gab es in der Geschichte den Bronzeguss vor dem Kupferguss, mit sogar 10-12 % Zinn. Vorausgesetzt, es wird mit Holzkohle oder etwas anderem als Flussmittel auf der Oberseite geschmolzen, bilden sich in der Bronze nicht viele Oxide, und es wird gegossen und gegossen viel einfacher. Sobald ich mein Schwert eingegossen habe, werde ich einen Bronzemeißel für dich einschenken!
LaraC
 
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Re: Minoisches Schwert vom Typ A

Beitragvon Pitassa » 31.05.2023 23:17

Hi Lara,
du hast alle Zeit der Welt und bist sichtlich gut vorbereitet. Das ist schön zu sehen. :4:

Die Entnahme des Tiegels aus dem Ofen ist oftmals nicht so einfach wie gezeigt, aber du kriegst das sicherlich hin.

Die Information, dass die Entwicklung des Bronzeguss dem Kupferguss geschichtlich / chronologisch vorausging ist für mich völlig neu. Das ist für mich eine harte Nuss ! :3:

The parable with the dog in the second video is really funny ! :glauberger:

Good luck !

Pit


Wie sich schon die Pfeifen gelben
tauch ich dieses Stäbchen ein,
sehn wir's überglast erscheinen,
wird's zum Gusse zeitig sein


Schillers Lied von der Glocke
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