schleuderguss ?

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schleuderguss ?

Beitragvon sebastian » 21.01.2009 19:58

ich bin grad am experimentieren für diverse güsse und habe mir daher
gedanken zu den antiken, speziell eisenzeitlichen gussverfahren gemacht.
bei etlichen funden bin ich mir asolut sicher, dass die nicht im offenen
sand- oder ton-formguss gemacht sein können, sondern mindestens mit
schleuderguss oder dem sogenannten "afrikanischen" druckguss
gegossen wurden.
hat jemand ne ahnung, ob eine handschleuder irgendwo nachgewiesen ist ?
mein ofen steht mittlerweile, aber der delfter giessand ist mir a: zu provisorisch,
b: nicht authentisch genug und c: zu beschränkt in den
möglichkeiten
habt ihr erfahrungen im guss mit dr handschleuder ?

sebastian
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Beitragvon Fridolin » 21.01.2009 20:03

Hmm,
wie sieht so eine Handschleuder denn aus?
Frühe oder späte Eisenzeit, welche Region?

Viele Grüße

Fridolin
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handschleuder

Beitragvon sebastian » 21.01.2009 20:30

die modelle, die ich kenne sind rezent: die gussform (küvette, gefüllt mit
der ausgebrannten einbettmasse) ist ein stück rohr, z.b. 60mm rund und
100mm lang mit zwei ringen am oberen ende. mit zwei kettenstücken a ca
50cm ist die küvette an einem handgriff befestigt. das flüssige metall
wird in die vorgeheizte küvete gegossen dann wird die handschleuder
zwei runden mit schwung um den körper gedreht. die fliehkraft zieht das
material in die gusform.
grob umschrieben. war bis weit in die 1960er jahre gängig, ist mttlerweile
mechanischen schleudern und de vakuumguss gewichen. einige zahntechniker
scheinen aber nach wie vor drauf zu schwören.

grüsse,
sebastian
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ach so, ja

Beitragvon sebastian » 21.01.2009 20:33

also meine bevorzugte zeitstellung ist ganz späte hallstatt bzw. ganz frühe
latene, da war die region nördlich regensburgs angenehm dicht besiedelt.
damit ist auch die region genau beschrieben: oberpfalz, grundsätzlich
würde mir aber süddeutschland schon genügen ;o)
sebastian
 

Beitragvon Hans T. » 21.01.2009 22:02

Ich kenn auch nur das alte moderne Verfahren, dass mir 'unser' Zahntechnikermeister gezeigt hat. Historische Objekte: Nada, nothing, rien. Ist natürlich die Frage, ob man zB Bruchstücke davon auch als solche erkennen würde...

H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
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Beitragvon Fridolin » 21.01.2009 22:19

Bei dem sehr großen Gießereikomplex aus dem Kelheimer Mitterfeld (LT C1) würde den Schleuderguss ausschließen. Ältere Funde kenne ich zu wenig (z.B. solche aus Hochdorf oder Sevaz).

Sebastian, was ganz anderes: Wird die Kreisarchäologenstelle in Kelheim neu besetzt, weißt Du was genaueres?

Viele Grüße
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Beitragvon Mela » 22.01.2009 12:56

Ich schliess mich an: [quote]Historische Objekte: Nada, nothing, rien.[/quote] und ergänze: prähistorische Objekte: nix...

Und ich glaube schon, dass einiges erkannt worden wäre - denn der "gemeine Archäologe" erkennt, was er kennt (und heute verwendete Verfahren sind meist deutlich bekannter als alte, auch bei verstaubten Archäologen :wink: )

Auch für den "afrikanischen Gelbguss" konnten im prähistorischen Europa keine schlüssigen Hinweise gefunden werden, by the way.

Liebe Grüsse

Mela (may the fires be blessed!)
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Beitragvon Fridolin » 22.01.2009 13:52

Mela hat geschrieben:Und ich glaube schon, dass einiges erkannt worden wäre - denn der "gemeine Archäologe" erkennt, was er kennt


Mela, ich bin mir da nicht so sicher. Eben weil der "gemeine Archäologe" nur das erkennt, was er kennt. Gerade im Bereich Technik / Handwerk gibt es doch nur wenige Spezialisten bzw. All-rounder. Habe erst gestern mit einem Archäologen gesprochen, der sich selbst köstlich darüber amüsiert, dass man in Magazinen die besten "Ausgrabungen" machen kann. Vieles wird falsch angesprochen und wandert dann eben in Fundkisten, in die kaum jemand reinschaut. Wer macht sich schon die Mühe, schwere Kisten mit Eisenschlacken oder Hüttenlehm durchzusehen? Und der ganze Staub.... Und da findet man eben falsch zugeordnete Gusstiegel, Gussformen und Schrötlingsformen usw. Und ich bin mir gar nicht sicher, ob die Grobeinteilung der Funde überhaupt von Archäologen durchgeführt wird: Restauratoren und ABM/Harz IV -leute (in Dtl.), da passieren eben die Pannen...

Nix für ungut

Beste Grüße!

Fridolin
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Beitragvon Mela » 22.01.2009 14:27

Deshalb ja "einiges", Fridolin. Ich denke schon, dass unterdessen die Anzahl an Archäologen, die ein bisserl "Technikwissen" haben gross genug ist, dass zwischendurch mal ein Stück entdeckt worden wäre :wink:

Keine Angst, ich bin nicht beleidigt :wink: (Ich weiss ja, wir Archäometallurgen sind eher eine kleine Gemeinde...)

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Fridolin » 22.01.2009 15:00

Mela,
Du gehörst ja ohnehin zu den Leuten, die sich in Sachen Metallverarbeitung sehr gut auskennen. Das Problem ist halt, dass es nur wenige wirklich "fitte" Spezialisten gibt. Ein anderes Problem ist, dass Materialgruppen auf der Grabung oder nach dem Waschen strikt getrennt werden müssen (beispielsweise Eisen, Schlacken, Keramik, Knochen, Glas, Hüttenlehm usw, hab' mir gerade erst einen Anschiss abgeholt) und dann von verschiedenen Leuten oft mit zeitlichem Abstand bearbeitet werden. Diese Funde lagern oft wiederum in verschiedenen Magazinen. Da passiert es eben, dass Funde aus einem Befund, die eigentlich zusammengehören, auseinandergerissen werden. O.K. , dass Eisen und Holz sorgfältig gelagert werden müssen ist schon klar. Aber bei den übrigen Materialien wird mittlerweile übertrieben. Ob sich die Bearbeiter von z.B. Eisenfunden auch die Keramik, die Schlacken, die Holzkohlen, Rotlehm oder "Sonstigen Funde" ansehen, ich glaube nicht, jedenfalls nicht jeder. Entsprechend bruchstückhaft ist die Interpretation der Funde bzw. Befunde. Es gibt sooo viele "Knack-Stellen", Du weißt es ja selbst...

Beste Grüße

Fridolin

PS: Zum Kontext von Funden (ein Beispiel aus der Praxis):
Durchmusterung des Fundmaterials einer FLT-Grube - nicht getrennt nach Materialgruppen: Ein Topf, der offensichtlich bei sehr hohen Temperaturen im Einsatz war (d.h. er wurde nicht bei einem gewöhnlichen Hausbrand sekundär gebrannt). Ein faustgroßer Brocken aus 2-3 mm großen Holzkohlekörnern, durchsetzt mit zahlreichen Eisenhammerschlagplättchen. Und mehrere Exemplare aus zusammengerollten Eisenblechstücken. Der Topf war merkwürdig, der Holzkohle/Hammerschlagbrocken war merkwürdig, die zusammengerollten Blechstücke waren merkwürdig, so merkwürdig, dass ich mir erst heute, nach x Jahren einen Reim drauf machen kann: In dem mit Holzkohle und Hammerschlag gefüllten Topf wurden die Eisenbleche aufgekohlt. Stahlherstellung im Kochtopf. Die Analyse bzw. Verifizierung der Vermutung steht noch aus, aber ich hab?s nicht vergessen.
Wäre die Keramik, das Eisen und die Holzkohle getrennt aufbewahrt worden..., ich hätte mir nur die Keramik angesehen, nur das war der Job.
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Beitragvon Dago » 22.01.2009 20:59

Nun nach einigen Goldscmiedefachbüchern ist der Handschleuderguss sogar sehr jung, wurde in den 1920er Jahren für Zahntechniker entwickelt.
Was auch interessant ist, es gibt bei den Formherstellungsverfahren nur sicher Belege für Stein oder Tonformen, Belege für Sandguss gibt es auch keine gesicherten.
Grüsse
Thorsten Seifert
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nicht weiter verwunderlich

Beitragvon sebastian » 23.01.2009 17:05

das mit dem sandguss wundert mich eigentlich nicht. heutzutage wird der
sandguss ja hauptsächlich eingesetzt, um ein werkstück in grosser zahl
herzustellen, und dafür wurden damals steinformen hergestellt. für
einzelanfertigungen ist man ja mit der verlorenen form bestens bedient,
nur nimmt sich heutzutge kaum jemand mehr die zeit zu warten, bis der
ton dann durchgetrocknet ist, um die form dann sicher ausbrennen zu
können, etc....
mir ging es hauptsächlich darum, wie das material so weit um die kurve
kommt, ohne vorzeitig zu erstarren. vakuumpumpen schliesse ich ganz
eigenmächtig mal aus, weil ja auch nicht in so poröses material, wie die
heutigen einbettmassen, gegossen wurde. bleibt noch druck oder fliehkraft
als beschleuniger. für denzweikammer-druckguss sagt mela, gibt es keine
hinweise....

sebastian
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Beitragvon Dago » 23.01.2009 20:45

Wie sieht das verdächtige Stück aus?
Zum Sandguß, es gibt Funde von Blei/Zinnfibel (Mainz Löhrstr.) die nicht tragbar sind und in der Literatur als ev. Modele für Sandguß angesprochen wewrden.
Grüsse
Thorsten Seifert
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halsring

Beitragvon sebastian » 23.01.2009 21:48

also mein augenblickliches projekt ist ein halsring der jastorf-kultur,
der hat petschaft-enden und vier wülste daneben. der ring selbst ist
vollmaterial, die endstücke mit den wülsten sind hohl und haben einen
kern aus gebranntem ton. die wandstärke um den tonkern ist nicht
allzu dick. nach meiner erfahrung mit einfachem guss sagt mir, dass
spätestens in der zweiten kurve zwischen den wülsten das material erstarrt, und nix mehr geht.
zu dem zinn-blei-fund.... würde sich ja auch für eine art verlorener
form in ton eignen, oder ? ausschmelzverfahren könnte man ja auch mal
mit zinn-blei verschen, bei dem schmelzpunkt...
in welche zeit datieren die funde ?

sebastian
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halsring

Beitragvon sebastian » 23.01.2009 21:48

also mein augenblickliches projekt ist ein halsring der jastorf-kultur,
der hat petschaft-enden und vier wülste daneben. der ring selbst ist
vollmaterial, die endstücke mit den wülsten sind hohl und haben einen
kern aus gebranntem ton. die wandstärke um den tonkern ist nicht
allzu dick. nach meiner erfahrung mit einfachem guss sagt mir, dass
spätestens in der zweiten kurve zwischen den wülsten das material erstarrt, und nix mehr geht.
zu dem zinn-blei-fund.... würde sich ja auch für eine art verlorener
form in ton eignen, oder ? ausschmelzverfahren könnte man ja auch mal
mit zinn-blei verschen, bei dem schmelzpunkt...
in welche zeit datieren die funde ?

sebastian
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