Die Härte...

Moderatoren: Nils B., Turms Kreutzfeldt, Hans T., Chris, ulfr

Die Härte...

Beitragvon FlintMetz » 14.02.2012 22:59

Hallo zusammen,

ich hab neulich bei Ebay eine Steine-Mischung erworben - darunter etwas Grünes, angeblich Jaspis aus Oregon. Ich hab jetzt mal versucht, was Sinnvolles daraus zu machen, da ich in meiner Sammlung noch nichts Grünes hatte.

ABER: Schei..... ist das Zeugs hart!!! Dagegen ist Achat wie Butter. Das Dunkelgrüne ist "nur" sehr hart, aber irgendwann lösen sich dann schon die Retuschen. Das Hellgüne dagegen ist, als wollte man eine Flächenretusche über ein VA-Rohr drücken - irre - das Härteste, was ich je in Arbeit hatte. Das Material hat bestes Potential für eine deftige Sehnenscheidenentzündung :?

Bild

Hat jemand eine Ahnung, was das sein könnte???? Jaspis kann zwar gut hart sein, aber sooooo...?

Ergebnis: Spätestens nach jeder zweiten Retusche musste ich den Stab nachschleifen, weil er wieder platt war. Bearbeitung geht eh nur bei extrem peinlichst genauer Präperation des Druckpunktes. Jetzt tun mir fürchterlich die Flossen weh und ich lange das Zeugs garantiert nieeee wieder an :?

Bin für jeden Hinweis zum Material dankbar.
Schöne Grüße...

Robert
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Benutzeravatar
FlintMetz
 
Beiträge: 686
Registriert: 03.10.2010 19:43
Wohnort: 84543 Winhöring

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintSource » 15.02.2012 01:08

Schönes Teil! Fast eine Beilklinge vom Typ Glis/Weisweil. Wie lang ist das Stück?

Tut mir Leid, mit dem amerikanischen Material kenne ich mich nur sehr beschränkt aus, dieses Zeug ist mir unbekannt.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Benutzeravatar
FlintSource
 
Beiträge: 808
Registriert: 16.08.2009 16:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintMetz » 15.02.2012 07:58

Oh nein - so können Fotos täuschen...
Das ist nur eine Spitze mit 79mm. Ich hatte lediglich keinen Nerv mehr, eine Basis einzuziehen. Aber stimmt - sieht echt fast wie Weisweil aus. Nur sind bei der Härte für mich auch bei höchstem Kraftaufwand und sorgfältigster Präparation längere Retuschen fast nicht möglich und ich war heil froh, dass ich überhaupt bei dem Stück einigermaßen über die Fläche gekommen bin.

Schöne Grüße...

Robert
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Benutzeravatar
FlintMetz
 
Beiträge: 686
Registriert: 03.10.2010 19:43
Wohnort: 84543 Winhöring

Re: Die Härte...

Beitragvon Blattspitze » 15.02.2012 22:38

Vielleicht "Imperial Jaspis" aus Mexico?
Scrollt einmal hier herunter:
http://www.woodyblackwell.com/portfolio.html

Die amerikanischen Knapper bearbeiten ja jeden Stein mit Heat Treating, so dass sich fast alles einfach wie Glas schlagen/drücken lässt.
"You could never convince a monkey to give you a banana by promising him limitless bananas after death in monkey heaven." Yuval Noah Harari
Benutzeravatar
Blattspitze
 
Beiträge: 2584
Registriert: 17.11.2007 17:38
Wohnort: Hamburg

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintMetz » 15.02.2012 23:00

Coole Seite und wahnsinnig tolle Fotographien!!!
Der Mexikaner ist auf jedenfall das, was optisch am nähesten an die Sache ran kommt. Besonders das zweite Bild nach den Bergkristallspitzen - da dann das Stück rechts oben.
Tempern (ich trau es mir fast nicht zu sagen - als Mesolithiker!) hab ich noch nie ernsthaft versucht :? . Da muss ich mir erst so einen Turthahn-Toaster aus USA kommen lassen :D Aber auch herkömmliches Tempern wäre sicher eine Verbesserung - vielleicht im Sommer, wenn es wärmer wird und meine Feuerstelle wieder in Betrieb ist.

Schöne Grüße und Danke...

Robert
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Benutzeravatar
FlintMetz
 
Beiträge: 686
Registriert: 03.10.2010 19:43
Wohnort: 84543 Winhöring

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintSource » 16.02.2012 19:19

Cooked or not, tremendous knapping!

@Blattspitze: Ich bezweifle übrigens, dass alles hitzebehandelt is, das einzige europäische Material dazwischen, Krzemionki, scheint mir frisch. Wahnsinnige Arbeit, wenn man bedenkt, dass das Material überwiegend für Beile verwendet wurde. Ich fürchte jedoch, dass das Material illegal gewonnen ist. Es scheint ein massives Problem zu geben mit irgendwelchen Jugendlichen die dort illegal nach Flint graben und das Zeug dann verhöckern.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Benutzeravatar
FlintSource
 
Beiträge: 808
Registriert: 16.08.2009 16:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Härte...

Beitragvon Blattspitze » 17.02.2012 08:36

Oh, ich wollte keinesfalls die nahezu überirdischen Fähigkeiten von Woody anzweifeln oder herabwürdigen, der Hinweis bezog sich auf die von Robert auch im Titel benannte Eigenschaft seines Kryptonits.

In Oregon gibt es übrigens sehr viel buntes / grünes Material, die Herkunftsanagabe dürfte stimmen:
http://www.triplearockshop.com/hart.html
Hart Mountain - Nomen est omen
"You could never convince a monkey to give you a banana by promising him limitless bananas after death in monkey heaven." Yuval Noah Harari
Benutzeravatar
Blattspitze
 
Beiträge: 2584
Registriert: 17.11.2007 17:38
Wohnort: Hamburg

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintSource » 17.02.2012 10:40

Blattspitze hat geschrieben:nahezu überirdischen Fähigkeiten


Ich bin froh, dass sogar du das sagst. Da sind wahnsinnige Stücke dabei. Wenn ich das so sehe, traue ich mich kaum noch an Flint heran.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Benutzeravatar
FlintSource
 
Beiträge: 808
Registriert: 16.08.2009 16:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Härte...

Beitragvon Blattspitze » 17.02.2012 14:28

Keine Frage, Woody ist nicht nur aus Sicht der meisten US Flintknapper rein handwerklich, was "direct percussion" angeht, der Beste überhaupt, er war im Forum ja schon einmal hier
viewtopic.php?f=43&t=2649
Thema ... auch was die dunkle Seite der Macht angeht ...
"You could never convince a monkey to give you a banana by promising him limitless bananas after death in monkey heaven." Yuval Noah Harari
Benutzeravatar
Blattspitze
 
Beiträge: 2584
Registriert: 17.11.2007 17:38
Wohnort: Hamburg

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintMetz » 17.02.2012 15:11

Joh - ich trau mich auch nach solchen Bilderserien immer nicht mehr, auch nur ansatzweise zu denken, dass mein dürftiges Pfeilspitzen-Rumgeknappere etwas mit Flintknapping zu tun hätte. Wie viele Tonnen Silex muss man gedrückt und gepuncht haben, um so perfekt zu werden??? Oder stehen da Meditation, Drogen, eine höhere Macht oder alles drei gleichzeitig dahinter?

Schöne Grüße...

Robert
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Benutzeravatar
FlintMetz
 
Beiträge: 686
Registriert: 03.10.2010 19:43
Wohnort: 84543 Winhöring

Re: Die Härte...

Beitragvon Trebron » 17.02.2012 15:39

Joh, manchmal könnte man frustiert sein Zeugs in die Ecke werfen, wenn man sowas sieht !

Aber nein, ich geb nicht auf, wohl wissend, dass ich nieeeeee so gut werden werde :mammut2:
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Benutzeravatar
Trebron
 
Beiträge: 2025
Registriert: 02.01.2006 12:16
Wohnort: 67454 Haßloch

Re: Die Härte...

Beitragvon ulfr » 17.02.2012 17:26

"Die Großtat des Cristobal Colon war nicht, dass er in Amerika angekommen ist, sondern dass er losgesegelt ist."


Frei nach wahlweise Victor Hugo oder Jules Verne, man ist sich da nicht einig...

Ich gniedel hier gerade auf einem Stück Monte Viso-Jadeit rum, liebe Leute, DAS ist hart ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
☪️oe✡️is✝️
Benutzeravatar
ulfr
Site Admin
 
Beiträge: 5322
Registriert: 05.04.2006 13:56
Wohnort: Wetterau

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintMetz » 17.02.2012 19:01

hm... Lossegeln ist schon wichtig! Ich muss mir nur noch abgewöhnen, immer im Kreis zu fahren :D
Wow - Jadeit ist auch übel und sicher was für Masochisten. Da bin ich schon auf´s Ergebnis gespannt!

Gibt es eigentlich irgendwelche gute Listen oder Tabellen mit diesen ominösen Mohsschen Härten? Ich finde immer nur so Allerweltsangaben, wie "Feuerstein 7,3 - 8,2; Obsidian 6,8 - 7" usw. Da gibt es doch auch himmelweite Unterschiede, aber ich hab noch nie eine vernünftige Aufschlüsselung unter den verschiedenen Arten gefunden!

Schöne Grüße...

Robert
Dem Retuscheur ist nichts zu schwör...
Benutzeravatar
FlintMetz
 
Beiträge: 686
Registriert: 03.10.2010 19:43
Wohnort: 84543 Winhöring

Re: Die Härte...

Beitragvon FlintSource » 18.02.2012 00:09

Ulfr, so etwas wie dieses Stück, wo der Kollege vor 6000 Jahre auch nicht mehr die Kraft aufbringen konnte, um die Sägeschnitte zu überschleifen?

Bild
png image hosting

@Robert: Nein, gibt es nicht. Die meiste Steine sind ohnehin zu heterogen, um vernünftige Angaben zu machen. Übrigens ist die Moh'sche Härte nur sehr beschränkt von Einfluss auf die Schlagbarkeit, wo es fast nur auf die Sprödigkeit/brittleness ankommt. Etwas weiches, das sehr zäh ist, lässt sich deutlich schlechter schlagen als hartes, spröderes Material. Versuche es mal einen Abschlag von Silikon zu entfernen, doch deutlich weicher als Glas. Beim Schleifen dagegen ist die Härte sehr wohl relevant.
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
Karlheinz Deschner
Benutzeravatar
FlintSource
 
Beiträge: 808
Registriert: 16.08.2009 16:17
Wohnort: Dresden

Re: Die Härte...

Beitragvon LS » 18.02.2012 02:28

Ein weites Feld, weil diverse Härteprüfverfahren auf ganz spezifische Materialeigenschaften zugeschnitten sind. Die Mohs´sche Ritzhärte (Bezug zu mineralischen Referenzwerten) wird in der Geologie mehr aus nostalgischen Gründen gepflegt, weil sie so schön einfach zu handhaben ist.
Bei Beurteilung der Härte einer Schlagfläche würde ich am ehesten an die Brinellhärte (gehärtete Stahlkugel, etwa Mohs 8)* oder die Rockwellhärte (Eindruck mit Diamantkegel)* denken. Aber selbst wenn man hier eine Messreihe durchführen würde, käme man damit nicht auf die Schlageigenschaften (Sprödbruch).
edit: siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Spr%C3%B6dbruch
Hier helfen dann nur Bruchtests, wofür es bei technischen Gläsern auch Zahlenwerte gibt. Ich bezweifle aber, dass dieser Aufwand schon für eine größere Menge Feuerstein durchgeführt wurde.
Naja wer weiß, vielleicht irgendwo in Arizona oder New Mexico, wo die Archäologen immer nicht wissen was sie machen sollen...
Grüße, L.

* Methodisch wohl eher Brinell, bei der Rockwellmessung springt sicher die Oberfläche des Feuersteins. Ich bin nicht sicher, ob die Brinell-Kugel so viel härter ist als Feuerstein, das kann nur ein Physiker beantworten.
Benutzeravatar
LS
 
Beiträge: 959
Registriert: 17.06.2009 10:25
Wohnort: Fränkische Schweiz

Nächste

Zurück zu Steinbearbeitung

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 14 Gäste

cron