Kupfer-Punch?

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Kupfer-Punch?

Beitragvon FlintMetz » 09.10.2010 22:22

Guten Abend zusammen,

ich hab mir gerade eine Rundstange 22mm-Kupfer besorgt und wollte mir daraus einen Punch zum Klingenkloppen machen. Hat das schon mal jemand ausprobiert? Der Peter Kelterborn hat ja sowas in seiner Klingenmaschine, nur drückt der eben damit. Mein Gedanke ist, dass das Eigengewicht zu hoch und deshalb die Kraftübertragung wegen der höheren Trägheit nicht optimal sein könnte. Das Schnuckelchen hat doch z.Z. 440 Gramm und wird vielleicht so 400 Gramm haben, wenn ich ihm eine Spitze hingeschliffen habe.

Danke schon mal für eure Einschätzungen und Erfahrungen.
Schöne Grüße...

Robert
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Beitragvon ulfr » 11.10.2010 09:48

Ich hab mit Kupferpunches nicht allzu gute Erfahrungen gemacht. Wenn man Winkel, Schlagkraft und Auftreffpunkt nicht sklavisch genau einhält, produziert man tonnenweise Schotter. Ich finde es viel schwerer als mit Geweih zu arbeiten.
400 g erscheint mir sehr schwer...
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Beitragvon Kurt A. » 11.10.2010 10:19

Tach Robert, ich bin da ganz auf Ulfrs Seite. Zum Klingenschlagen sind Geweihpunches besser und dies aus ganz einfachem Grund: Die Elastizität des Geweihmaterials. Durch den Schlag wird der Geweihpunch stark komprimiert und während der Brucheinleitungsphase dehnt er sich wieder aus und verlängert dadurch die Kontaktphase zwischen Punch und Klinge. Dies hat eine ganze Reihe positiver Auswirkungen auf die Bruchbildung und erzeugt daher auch tendenziell längere Produkte. Kupfer kann da mit seinen Materialeigenschaften leider nicht mithalten. Wenn Kupferpunches, dann nur ganz dünne und nur für die Feinbearbeitung von Vierkantbeilen oder nordischen Dolchen. Auf Marquardt's toller Website findest Du schöne Bilder dazu:
http://marquardt-lund-flintknapping.de/ ... category=3
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Beitragvon Blattspitze » 11.10.2010 13:23

Ich stimme in allem meinen Vorpostern zu (ausser bei Website). Geweih ergibt definitiv längere Klingen und die etwas weniger stark ausgeprägten Bulben haben auch Vorteile.
Interessant erscheint in diesem Zusammenhang ein auffallender Unterschied zwischen heute genutzten und archäologischen Geweihpunches. Die um die 15cm langen archäologischen Stücke aus Kongemose-/Ertebölle-Kontext aus S-H und DK (aller Wahrscheinlichkeit nach zur Klingenproduktion genutzt) und die etwas kürzeren neolithischen aus verschiedenen FO in DK und Meck-Pomm (für vierseitige Beile, bzw. Klingen?) sind aus einfachen, aber meist gebogenen (!) Geweihsprossen.
Die meisten Pöckerer (auch ich) nutzen meist gerade Stücke, während Mikkel Sörensen und Jacques Pelegrin gerne gebogene verwenden.
Überhaupt, Punches sind nach Ansicht des letzteren im Jungpaläolithikum Europas gar nicht benutzt worden ...
Gruß M.
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Beitragvon FlintMetz » 11.10.2010 17:51

JAU!!! Schaut ganz so aus, wie ihr es vorrausgesagt habt. Ich hab nämlich eure Antworten zu spät gelesen und komm grad aus meinem Keller.

Ergebnis: Auflagefläche max. 1 Quadratmillimeter (musste ziemlich oft nachgeschärft werden) und damit was geht, musste ich ziemlich draufschmieden. Die Trägheit ist schon enorm bei der Masse. Das Maximale, was ging, waren schlappe 7 cm. Jedoch wegen der feinen Spitze auch nur 1 cm breit, obwohl der Dorsalgrad sehr flach auf dem Kern saß. Der Längen/Breitenindex von 7/1 ist schon nicht schlecht - zumindest für mich und meinen begrenzten Fähigkeiten. Außerdem hatte ich wegen des großen Gewichts des Punches oft Schwierigkeiten mit einer stabilen Kernfixierung, was beim Geweih bei mir eigentlich kaum noch vorkommt. Somit sind die Klingen auch gelegentlich in zwei Teile gebrochen. Also - es geht, ABER: Mit dem Geweih geht es absolut länger, man hat weniger Bruch, die Punchspitze ist langlebiger, es ist angenehmer, wenn man nicht so draufkloppen muss und ein Kupferpunch ist natürlich schon irgendwie ein Stilbruch - finde ich jedenfalls.

Jedenfalls war´s eine für mich interessante Erfahrung und Versuch macht ja bekanntlich kluch :D . Fazit: Ich bleib ganz klar dem Elch treu, damit fühle ich mich besser und es macht mir mehr Spaß.

Zum Thema "gebogene Punches" kann ich auch was beisteuern: Ich hab zwei Stück und die werde ich voraussichtlich auch noch sehr lange haben, da ich damit überhaupt nicht zurecht komme und sie deshalb auch nicht mehr benutze. Aber das hängt wohl auch mit der Technik zusammen.

Jedenfalls nochmal vielen Dank für eure Antworten. Ich kann jetzt also aus der Praxis nur bestädigen, was ihr da geschrieben habt.

Schöne Grüße...

Robert
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