von FlintSource » 16.08.2009 20:21
Hallo in die Runde,
ich klinke mich jetzt gleich mal in die Diskussion ein. Zuerst mal ein Angebot: Wer die Fundmeldung aus der Arbeits- und Forschungsberichte haben möchte meldet sich kurz off-list bei mir. Emailadresse ist unschwer zu finden auf der FlintSource website (hier lieber nicht im öffentlichen Raum wegen Spambots). Das macht die Diskussion wohl etwas einfacher.
Leifs Interpretation, dass die flachere Seite der Klinge auf das Werstück liegt ist nicht ganz korrekt, da habe ich mich bei der Beschreibung wohl nicht klar ausgedruckt. Die Klinge ist eine relativ normale 'Flachhacke' mit sehr flach D-förmigen Querschnitt. Die flache Unterseite liegt tatsächlich auf der Auflagefläche vom Holm. Problematisch ist aber, dass die Schneide aber keine 'flache' Seite hat sonder sowohl von unten stark aufwippt als von oben abfällt. Als richtiger Hobel sollte man das Teil also nicht beschreiben, weil dafür würde ich eine wirklich flache Seite erwarten. Ich finde daher die 'Bügeleisen' und die extrem kurzholmigen Dechsel am Anfang des Threads extrem interessant. Nur bei dem letzten Teil schein tatsächlich eine asymmetrische Schneide vorhanden zu sein, die restlichen klingen sind eher vom 'normalen' typ.
Ich bin mir übrigens noch überhaupt nicht sicher wie das Stück aus Altscherbitz zu interpretieren ist. Zwar ist der Stiel im Abdruck extrem kurz, dieser kann aber auch abgebrochen sein. Die beiden anderen (noch unzureichend oder überhaupt nicht publizierten) Vergleichsfunde aus den bandkeramischen Brunnen von Zwenkau-Eythra und Erkelenz-Kückhofen haben beide einen etwa 50 cm langen Stiel. Sie sind sich übrigens verblüffend ähnlich, wobei das Zwenkauer teil so grazil ist wie die Reste aus Altscherbitz, der Erkelenzer aber etwas robuster. Weiter sind die Dimensionen des Kopfes, der Auflagefläche und -rast, Winkel und sogar die Maserung des Holzes eigentlich identisch.
Damit haben wir jetzt drei bandkeramische 'Dechsel'-Holme die allen vom gleichen stumpfwinklichen Typ sind. Natürlich habe ich mich als wir den Abdruck im Brunnen freigelegt haben (hier alle Kudos übrigens an meine Chef-Ausgräberin Petra) direkt gedacht, dass der Holm sich durch die feuchte Lagerung verzogen hat. Als ich dann aber bei dem Zwenkauer 'Entenschnabel' wie das Teil hier in Sachsen bekannt ist eigentlich die gleiche Merkmale sah habe ich angefangen zu zweifeln. Als ich dann von Jürgen Weiner über sein 'Eisen 7' (wegen der fatalen Ähnlichkeit mit einem Golfschläger) hörte und das Teil während einer Tagung mal in die Hand nehmen dürfte war, und bin, ich eigentlich überzeugt, dass hier keine Veränderungen stattfgefunden haben und die 'Flachhacken' stumpfwinklich geschäftet sind
Das bringt uns zu dem Problem, wie diese Geräte zu interpretieren sind. Als Dechsel macht das keinen Sinn, daher denke ich an eine eher schabende oder hobelnde Wirkung. Das müsste dringendst mal überprüft werden, ich habe aber selber wegen Dauerbelastung mit dem Brunnen bis Grabungsende überhapt keine Zeit für ausführliche Experimente, also wer da Lust verspürt, ich bin gerne behilflich mit extra Fotos, Maßen oder Beschreibungen.
Weiter sollten wir mal versuchen über die Lage von den Dechselklingen in Gräbern etwas über den Schäftungswinkel herauszufinden. Leider geben die meisten Publikationen maximal an wo im Grab die Klinge lag und fast nie wie das Teil in der Erde steckte. Und sogar wenn da irgendetwas steht über 'Schneide schräg nach unten' ist noch immer nicht klar was das für den Winkel bedeutet. Nur in einem Fall habe ich exakte Angaben gefunden, und auch dort scheint eine stumpfwinkliche Schäftung vorzuliegen. Da liegt noch ein weites Forschungs- und Experimentierfeld vor uns.
So, das reicht als erster Beitrag auf diesem Forum. Gerne, auch kritische, Gedanken, Anregungen, Vergleiche, Experimente, ethnografische Beispielen, es kann nur noch besser werden.
Grüße,
Rengert