Lasuren für Keramik

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Lasuren für Keramik

Beitragvon Zaunreiter » 01.12.2006 09:50

Hallo miteinander!

Welche Lasuren gab es in der Frühzeit, um z.B. Tongefäße dicht zu bekommen?

Ich weiß von Honig, daß er in mit Wachs ausgegossenen Tonkrügen aufbewahrt wurde. Mit geschmolzenem Bienenwachs habe ich schonmal eine Holzkiste ausgegossen - funktioniert prima. Wachs kann aber nur kalte Lebensmittel aufnehmen. Was, wenn man in den Töpfen heiße Flüssigkeit einfüllen wollte? (Kochen :wink: ) Von einem modernem Töpfer habe ich das Bleiverglasen gesehen.

Was gab es in der Frühzeit?


Zaunreiter
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Beitragvon Thomas Trauner » 01.12.2006 10:30

Es ist nicht so kompliziert, wie es scheint.

Direkte Antwort: Nichts. Keine "Abdichtung".

Es gibt neolithische und bronzezeitliche Funde, bei denen Speisereste direkt auf der gebrannten Keramik ankleben.
Ab der Spätbronzezeit (ca 1200) kam die Graphitierung auf, ab La Tene A (ca 500/450) findet sich Graphitton.
Die Verwendung des Graphits hat nichts mit dem "Abdichten" zu tun, sondern mit der gleichmässigeren Verteilung der Hitze über das Gefäß, was die Sprunggefahr deutlich reduziert.

Ausschlaggebend ist die Bauweise des Gefässes.
1. Vorratsgefäße sind oft grob gemagert. Macht nix, da nur Trockeneinlagerung.
2. Kochgefässe wohl eher weniger. Selbst in für ihre "grobe Keramik" verschrienen jungsteinzeitlichen Kulturen sind Gefässe zu finden, die deutlich glatter verstrichen und weniger grob gemagert sind. Sie werden deshalb gerne als Essgeschirr angesehen. Könnte auch stimmen, da sich die sorgfältige Verarbeitung vor allem bei Tassen und Schalen findet.
3. Die "Spiralwulsttechnik" ist eine Erfindung der Lehrer und Töpferkurse..
Mir ist kein einziger Fall dieser Technik für VG-Gefässe bekannt.

Hat man/frau also einen in Plattentechnik gebauten Topf, glatt verstrichen, relativ kleiner Magerung und vielleicht noch mit Schlickerüberzug steht dem Kochen nichts entgegen. Ausserdem:
viel, viel Getreidebrei....der verklebt sehr gut :roll: :roll:
Das größere Problem ist eher der Kontakt des kalten Topfes mit dem Feuer.
Interessehalber habe ich Linienbandkeramiktöpfe aus "einem Stück" hergestellt, d.h. sie sind aus einem Stück Ton, ohne Platten, ohne "spiralwulst". Gelegentlich nehme ich die auch mal als Wassergefässe in der Werkstatt. Halten einwandfrei.....
Fürs Kochen: langsam ans Feuer heranschieben oder langsam anheizen.

Geht sicher mal daneben. Was eine Erklärung für die Tonnen an Keramikscherben aus Siedlungen wäre :D

Th.
Thomas Trauner
 

Beitragvon Lara K. » 01.12.2006 10:35

Wie wurde dieser Graphitton hergestell?
Wurde zeriebener Graphit dem Ton beigemischt?
Lara
Lara K.
 

Beitragvon Thomas Trauner » 01.12.2006 11:07

Gute Frage....Zumindest für Bayern weiß ich von der Existenz von mindest zwei Fundstellen, bei denen Graphitton natürlich vorkommt und welche auch nachweislich in der La-Téne-Zeit ausgebeutet wurden.
Jetzt bin ich zuwenig Geologe um zu beurteilen, ob dies typisch ist.

Eine Vermischung ist natürlich denkbar, reine Graphitvorkommen waren bekannt, es liegen ab der UK Graphitfunde in Siedlungen vor.
Das Problem ist dabei natürlich die wirklich gleichmässige Verteilung in der Mischung. Ungleich verteilte Anmischungen helfen hier nicht, weil ja gerade die Bruchgefahr beim Brennen und Kochen vermieten werden sollte.
Das gleiche Problem stellt sich übrigens auch bei der Herstellung von Bronze. Wie schafften sie es, die 10% Zinn wirklich gleichmäßig mit den 90% Kupfer zu vermischen ?
Bei der Keramik denke ich, liegt die Lösung irgendwo in Richtung "Wässerige Lösung", bei der Bronze (unsere "Schmiede" mögen mir verzeihen...) vielleicht in der "Trockenmischung"
Es gibt da sicher eine einfache Lösung....... :roll:

Thomas
Thomas Trauner
 

Beitragvon S. Crumbach » 01.12.2006 11:38

Hallo Zaunkönig,
meine Töpfe sind alle nicht zusätzlich abgedichtet und funktionieren großartig.
S. Crumbach
 

Beitragvon Zaunreiter » 01.12.2006 12:44

S. Crumbach hat geschrieben:Hallo Zaunkönig (...)

:D :D :D

Ok, dann keine Glasur - habs bisher nie ohne versucht...ganz davon abgesehen, daß Töpfern nicht zu meinem alltäglichen Geschäft gehört. Noch nicht ;o)

Ich habe mit tönernen Tassen (mit Bleiverglasung) Wasser auf einem Holzofen zum Kochen gebracht. Dazu habe ich die Tassen mitsamt Inhalt langsam vorgewärmt (Abstandhalter zur Platte) und erst dann direkt auf die heiße Platte gestellt.

Hmm, ok. Dann keine Lasur. Soweit ich mich mein Töpfergedächtnis nicht täuscht, hilft es mit einem nassen Finger die Innenwände glattzustreichen.

Viele Grüße,

Bernhard alias Zaunreiter
Zaunreiter
 

Beitragvon Hans T. » 01.12.2006 12:48

Sidekick: Bronze wurde gerührt, geht mit frischen Zweigen einwandfrei.

H.
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Beitragvon Mela » 01.12.2006 13:57

Hüstel* Rühren (Polen sagt man auch) dient nicht zwingend zum Vermischen des Zinns mit dem Kupfer - das macht das nämlich eigentlich selbstständig... Abgesehen davon haben die urgeschichtlichen Giesser wahrscheinlich eher selten mit den beiden Rohmaterialien gearbeitet, sondern praktisch immer mit Legierungen.

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Hans T. » 01.12.2006 16:10

Jau, schon klar. Aber die Legierung muss ja irgendwann entstehen. Und unser Chefchemiker ( im Einklang mit unserem Chefpysiker) sagt, es hilft... :D . Aber du hast schon recht, gerührt wie ein Müller-Joghurt mit Erdbeergeschmack werden muss es nicht...

H.
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Beitragvon Fridolin » 02.12.2006 12:16

Hallo,

ein paar Anmerkungen zum eigentlichen Thema.

Die Brenntemperaturen von vorgeschichtlicher Keramik liegt i.d.R. zwischen etwa 450 und 700°C, d.h. die Tonminerale wurden bei diesen geringen Temperaturen nur ?entwässert? aber nicht gesintert (durch Sinterung verschließen sich die offenen Poren).

Um Pötte wasserdicht zu machen gibt es einfache Lösungen, die i.d.R. gemeinsam praktiziert wurden:
a) Verdichtung der Oberfläche durch Politur des ungebrannten, lederharten Gefäßes mit sog. Glättsteinen. (Die hat man aus besonderen Gesteinsarten hergestellt). Dadurch wurde die Porosität der Oberflächenschicht deutlich verringert. Die Politur war so intensiv, dass sogar sehr harte Magerungskörner aus Quarz bzw. Granit, Gneis usw. abgeschliffen wurden. Dass die Gefäßoberflächen nicht allein aus ästhetischen Gründen poliert wurden zeigt folgender Sachverhalt: Sogar unter dem (nach meinem Geschmack schrecklichen) Schlickbewurf mancher grobkeramischer Gefäße lassen sich oft noch aufwendig polierten Gefäßoberflächen nachweisen.
b) Schwarzbrand. Im Schwarzbrand (von Archäologen oft fälschlich als Reduktionsbrand bezeichnet) lagern sich Russ und irgendwelche pechartigen Schwelprodukte des Brennmaterials in den Poren des Scherbens ab, die den Scherben durch und durch schwarz färben. Ab einem Kohlenstoffgehalt von ca. 5 % werden die Gefäße wasserdicht.
Polierte Gefäße haben nach dem Brand oft silbrig glänzende Oberflächen aus Glanzkohlenstoff, die stark an einen Graphitüberzug erinnern. Beim Gebrauch verliert sich der Glanzkohlenstoff sehr rasch.

Die Graphitierung der Gefäßoberflächen in der Spätbronzezeit bis Latenezeit diente wahrscheinlich nur der Ästhetik. Dazu wurde fein zerriebener Rohgraphit in den ungebrannten Ton eingerieben bzw. eine graphithaltige Suspension aufgepinselt.

Die Verwendung von Graphitton in der Latenezeit hatte v.a. zwei Gründe:
a) die Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit. Im Gegensatz zur tonigen Matrix leiten die eingelagerten Graphittschuppen die Wärme sehr gut. Deshalb bauen sich beim Erhitzen weniger Spannungen im Gefäß auf, die sich in Sprüngen entladen können. D.h. Graphittonkeramik war für den täglichen Gebrauch im Herdfeuer gut geeignet, aber auch als (wieder verwendbare) technische Keramik.
b) die ästhetische Wirkung der bis max. 2 mm-großen Graphittschuppen. Es gibt Spinnwirtel aus Graphitton, aber auch Engoben aus Graphitton.

Ach ja, als Graphitton bezeichnet man den Verwitterungslehm von graphitreichen Gneisen, in denen Silikate (v.a. Feldspäte) in Tonminerale umgewandelt wurden. Graphitton kann man direkt zu Gefäßen formen oder mit graphitfreiem Ton verschneiden. Damit lassen sich die unterschiedlichen Graphitgehalte der Keramik erklären (ca. 50 - 1 Vol.-% Graphit). Da steckt dann schon mal ein Ammonitenbruchstück aus dem Weissen Jura im Graphittongefäß, geologisch passt das überhaupt nicht zusammen.....

In Deutschland wurde Graphitton bzw. Rohgraphit in der Gegend von Passau abgebaut und z.T. über weite Strecken verhandelt (z.B. in das Altmühltal). Weitere von den Kelten genutzte Vorkommen gibt es in Böhmen und Österreich.

In Scherben konnten Fette bzw. Öle analysiert werden. Wurden die Gefäße mit Öl bzw. Schmalz zusätzlich abgedichtet oder waren es lediglich die alten Gefäßinhalte? Ähnliches gilt für die gepichte Keramik. Die Abdichtung mit Birkenpech hat man häufig bei gesprungenen Töpfen. Spontan fallen mir da ein paar mittel-/spätlatenezeitliche Graphittontöpfe ein, die mit Eisenklammern geflickt und mit Birkenpech abgedichtet wurden.

Ich sollte aber erwähnen, dass es in der Bronzezeit des Mittelmeerraums schon sehr fortschrittliche Technologien gab, die aber wieder zum Erliegen kamen. Das war die Herstellung der sog. Fajence, die meist zu Perlen verarbeitet wurde (Schiffwrack von Uluburen: 70.000 Fajenceperlen). Fajenceperlen in spätbronzezeitlichen Siedlungen der Schweiz. Und vom Kaiserstuhl wird ein glasierte Scherbe beschrieben, die angeblich in die Frühlatenezeit datiert. Erst Römer hatten glasierte Gefäße, aber ganz vereinzelt..

@ Thomas, ich bin weder Lehrer noch habe ich je einen Töpferkurs besucht (hi), aber wenn ich meine jungneolithischen Scherbchen so anschaue: da gibt es eine ganze Menge, die eindeutig die Anwendung der Wulsttechnik beim Gefäßaufbau beweisen. Denn es handelt es sich genau um die nicht besonders gut miteinander verklebten Tonwülste, die durch den Gefäßaufbau insgesamt quadratischen, leicht u-förmigen Querschnitt angenommen haben. Zugegeben: Die beschriebene Form kenne ich nur von Grobkeramik. Je dünnwandiger die Keramik ist, desto weniger ist die Wulsttechnik auf Anhieb zu erkennen. Dann haben die ?Wülste? trapezförmige Querschnitte mit Höhen-/Breitenverhältnissen von 2:1 bis vielleicht 5:1 oder noch mehr. Ich vermute, dass dabei die sorgfältige Ausdünnung der Gefäßwandung eine wichtige Rolle spielt, aber sicher bin ich mir auch nicht.
Dann gibt es die in pinchtechnik hergestellten Daumenschälchen und die sog. ?Backteller? (eigentlich sind es Deckel von Vorratsgefäßen), letztere wurden ganz einfach aus Tonbatzen ?breitgeschlagen?.

Und im Frühmittelalter hat man die slawischen (?) Kugeltöpfe, die vermutlich ähnlich wie ein Metallgefäß aus Tonbatzen ?getrieben? wurden.

Schönes Wochenende!

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Beitragvon Thomas Trauner » 04.12.2006 09:18

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, Danke, Fridolin.
Eine Fundstelle von Graphitton liegt lt. Aussage Grabungstechniker Kelheim in der Nähe von Kelheim.

Wobei ich tatsächlich über Nachweise von Spiralwulsttechnik erstaunt bin. Echt. Welche Zeitstellung/Kultur genau ?

Die geklammerten/mit Pech und oder Birkenrinde reparierten Gefässe erstaunen mit auch immer wieder. (Pech/Rinde kenne ich schon ab dem Neolithikum)
Wobei ich, eingedenk der Schmelztemperatur von Birkenpech, diese für Vorratsgefässe oder dafür aussortierte, halte.

Thomas
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Beitragvon Zaunreiter » 04.12.2006 10:20

Hallo!

Fridolin hat geschrieben:Dann haben die ?Wülste? trapezförmige Querschnitte mit Höhen-/Breitenverhältnissen von 2:1 bis vielleicht 5:1 oder noch mehr. Ich vermute, dass dabei die sorgfältige Ausdünnung der Gefäßwandung eine wichtige Rolle spielt, aber sicher bin ich mir auch nicht.


Die Ausdünnung hat Auswirkungen auf die Vor-Trockung vor dem Brennen, so viel ich weiß. Unterschiedliche Dicken = unterschiedliche Trockung = Platzen beim Brennen. Eine dünne Wand hat den Vorteil schneller und sauberer durchzutrocknen. Der Erfolg des Brennens ist höher.

Eine Frage zum Birkenpech habe ich noch: ist das gesundheitlich unbedenklich? Ich kann mir Birkenpech als Dichtmittel für Kochgeschirre gut vorstellen.

Ich kann mir vorstellen, daß unbehandelter Ton schwer sauberzuhalten ist. Irgendwelche Essensreste werden dann wohl in den Poren verschwinden.
Jemand Erfahrungswerte?

Bernhard
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Beitragvon Thomas Trauner » 04.12.2006 14:05

Die, welche wirklich über Erfahrungswerte im Langzeitversuch verfügen, sind meist tot.....Sie haben uns aber (zum Glück) sehr viele Essensreste in den Keramikporen überliefert.
Natürlich kleben die Reste drin. Aber es gibt Wasser und Bürsten und polierte Keramik. Oder es ist einfach egal.

Glasuren kommen halt erst später und waren im übrigen oft auch sehr gesundheitsschädlich.

Birkenpech ist gesundheitlich nicht unbedenklich. Natürlich nicht. Aber vor allem schmilzt es schon bei niedrigen Temperaturen.....

Langsam verstehe ich das Problem nicht mehr....

Thomas
Thomas Trauner
 

Beitragvon S. Crumbach » 04.12.2006 14:14

Also, ich benutze einige Töpfe seit Jahren, da ist nicht ekeliges bei.
Allerdings nimmt der Topf gern Aromen für eine Weile an, das lüftet sich aber auch aus.
Aber direkt nach einander Fischsuppe und süße Grütze ist nicht so ratsam.

Das Geschirr immer gut spülen und Lüften!!!
(Wichtig!)
S. Crumbach
 

Beitragvon Hans T. » 04.12.2006 14:44

Birkenpech ist so gesundheitsfödernd wie eine Stange Marlboro. Teer ist Teer.

H.
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
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