Umhängetasche aus Stoff (+/- 600Jhd)

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Beitragvon Beate » 21.06.2008 07:51

Vladislawa hat geschrieben:Blöde Frage: Aber wofür hättest du die Tasche "damals" denn gebraucht bzw. benutzt? Nur mal so als Denkansatz...


Jepp, das ist genau der Knackpunkt.

Trug die Thüringerin im 6. Jhd. denn Schmicksachen mit sich rum? :wink: :D
Beate
 

Beitragvon Nika E.S. » 21.06.2008 11:02

Kämme?
Fällt mir spontan ein...
Taschenmesser? ok, eher bei Männern - hatte vor kurzen ne Blockbergung in der Hand mit Täschchen und Taschenmesser, Merowingerzeitlich - aber zur Form ist noch nix zu sagen.
Andererseits trugen zumindest die Bajuwarinnen durchaus kleine Messer mit sich rum.
Was gab's sonst noch?
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Beitragvon Bullenwächter » 21.06.2008 12:24

Also zumindest im alamannischen Bereich gab es in Frauengräbern Kämme, Schlüssel und Messer, diese wurden aber höchstwahrscheinlich sichtbar am Gürtelgehänge getragen.
Scheren finden sich dabei eher weniger in Frauengräbern, diese kommen, häufiger bei Männern vor. Toliettbestecke kommen überwiegend in Männergräbern vor.

Ich sehe eigentlich keine große historische Notwendigkeit eine Umhängetasche mit sich tragen zu müssen.

Menschen die weswegen auch immer "auf Reisen" waren hatten sicherlich ein Tragetier bei sich. Für Arbeiten auf oder im Umkreis des Hofes gab es sicher andere Tragebehälter wie Kraxen, Körbe oder ähnliches.
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Beitragvon Beate » 21.06.2008 13:49

Ich brauche auch als moderner Mensch im Hobby nur eine Mini-Täschchen* für genau 1 Tempotaschentuch und ein kleine Dose Niveacreme. :oops: Aber darauf könnte ich eigentlich auch verzichten, wirklich notwendig ist es nicht.

*nur für meine FrüMi-Darstellung: ein klitzekleines Briefkuvert-Täschchen, das hinter den Gürtel geklemmt oder in die Tunika gesteckt wird.
Beate
 

Beitragvon Alsuna » 21.06.2008 17:33

Ah versteh schon worauf ihr hinaus wollt...
Meine Tasche bräuchte ich ehrlich gesagt dafür beim Lager auf dem Markt was einzukaufen, mein Geld zu verstauen, Kamm etc (nein ich schminke mich nicht auf dem Lager ;) )
Naja diese Situation mit Markt habe ich ja im Frühmittelalter quasi nicht.
Ausser ich kaufe etwas von der Überproduktion im Nachbarhof... aber da tuts ein Korb ja auch.
Eine Frage wäre noch: Wenn die Damen ihre Kleinigkeiten im Normalfall in die Gürteltaschen gesteckt habe, was machen dann die Damen bei denen im Grab keine Gürtelschnalle gefunden wurde?
Alsuna
 

Beitragvon Steve Lenz » 21.06.2008 17:44

Eine Frage wäre noch: Wenn die Damen ihre Kleinigkeiten im Normalfall in die Gürteltaschen gesteckt habe, was machen dann die Damen bei denen im Grab keine Gürtelschnalle gefunden wurde?


Einen Knoten.
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Beitragvon Chris » 21.06.2008 20:23

schön gesagt, Steve :glauberger:
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Beitragvon Blaubär » 22.06.2008 14:12

Also ich wiederspreche jetzt mal den Damen und Herren hier, und behaupte einfach, das Umhängetaschen sowohl bei Damen und auch den Herren ihre Notwendigkeit hatten und meiner Meinung auch existent waren.
Ich hasse diese Beispiele, aber: Wenn ich eine Tagesreise zur nächsten Siedlung mache, wegen was auch immer. Dann trag ich meine Brotzeit bestimmt nicht in der Kraxe rum. Funde von Umhängetaschen haben wir (z.B. Gellep), das sich Stofftaschen nicht unbedingt erhalten haben bzw. die Top-Bestattungsbeigabe war ist klar.
Das ich keine Belege habe weiß ich, das mich jetzt alle zerreissen weiß ich auch, ich werd allerdings niemanden zereissen, der sich z.B. im Stil der Gelleptasche eine aus Stoff umhängt.

Grüße
Blaubär
Blaubär
 

Beitragvon Claudia » 23.06.2008 08:42

Wie wär's damit, die Brotzeit einfach in ein Tuch einzuknoten? Wurde auch im 18. und 19. Jh. noch so gemacht ;-)
Klar, das ist ebensowenig ein Beleg wie die Vermutung der Existenz einer Tasche, aber wenn man sowas nicht ständig braucht, sondern nur mal einen Brotfladen und ein Stück Käse von A nach B tragen will, tuts ein Tuch auch.

Für das Schlendern über Veranstaltungen und dortiges Einkaufen kann man sich einen Korb mitnehmen, den man am Arm trägt und wo notwendige Kleinigkeiten verstaut sind. Den Korb kann man mit einem Tuch abdecken, so daß nicht jeder reingucken kann. Feddich. Geld kann man in ein Tuch einknoten oder in ein Säckchen stecken und das am Korbhenkel innen festbinden, damits nicht einfach so "weggefunden" werden kann. Das sind aber eigentlich alles moderne Probleme, dessen muß man sich bewußt sein.
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Beitragvon Turms Kreutzfeldt » 23.06.2008 08:48

Die Umhängetaschen, von denen ich weiß, waren auch nicht für die Brotzeit, sondern für die Spielsteine (Schach etc.). Wie Claudia schon sagte, unsere Lösungen sind nicht deren Lösungen...
d.T.
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Beitragvon Nils B. » 23.06.2008 08:50

Wenn ich in Klamodde einkaufen gehe, habe ich mein Geld in einem Ledersäckchen unterm Hut... :wink:
***
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Beitragvon Blaubär » 23.06.2008 11:19

Bei dem Thema kann man sich mal wieder totdiskutieren. Meine Meinung ist halt, das es Taschen in versch. Form schon von sehr früh an aus den unterschiedlichsten Materialien gab und auch noch bis in unsere Zeit hinein Verwendung finden. Ich mache daraus niemandem einen Vorwurf, wenn er sich im Stil der Zeit eine Tasche näht und umhängt. Die eigentliche Frage ist doch, wann! Wenn ich nur im Museum sitze und etwas vorführe, brauch ich keine Umhängetasche und da es auch kein regelhafter Befund ist, würde es das Bild verfälschen. Wenn ich in Klamotte eine kleine Wanderung mache, finde ich so eine Tasche praktischer als eine Korb an der Hand oder eine Kraxe auf dem Buckel, dort ist es ok. Unter diesem Gesichtspunkt würde ich das ganze mal betrachten.

Grüße
Blaubär
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Beitragvon Beate » 23.06.2008 11:34

Ich habe eine Umhängetasche, brauche die aber auf Veranstaltungen fast nie. Ist mehr zum zeigen, dass es sowas gab. :wink:

Beleg dazu ist der Fund mehrerer Taschenbügel (in verschiedenen Größen) in Haithabu.
Beate
 

Beitragvon Bullenwächter » 23.06.2008 12:12

Susanne Walter, Christina Peek, Antje Gillich:
Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und Hohenzollern e.V. :
Kleidung im Frühen Mittelalter - Am liebsten schön bunt!
Porträt Archäologie 3
ISBN 978-3-9808926-3-6
Kosten ca. EUR 6,00

Hier ist die Reko einer kleinen Damenhandtasche aus einem Bastgeflecht abgebildet. Hier passt aber auch nur das übliche Kleinzeug hinein. Sie sieht für mich eher aus wie ein Handtäschen für das Abendkleid zur Oper. Leider ist keine genauere Beschreibung oder eine Literaturangabe dazu publiziert. Die weiterführenden Literaturhinweise im Büchlein sind eher allgemeiner Natur.
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Beitragvon Blaubär » 24.06.2008 12:46

PS: Noch wegen dem Brotzeit in ein Tuch oder in den Korb: Wenn ich aber keine Lust habe ständig was in der Hand zu tragen?
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