Hier ein Update zum von mir inzwischen seit mehr als 5 Jahren betriebenen EXARAE-Projekt:
Zur Zeit beschäftige ich mich mal wieder mit der Frage, wie es den alten Ägyptern möglich gewesen sein kann, Steilnutungen (also tiefere Nutungen in einer Winklung von ca. 90°) in sehr hartes Gesteinsmaterial einzubringen (z.B. Granite, Basalte und Diorite).
Zu einer tiefergehenderen Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung bin ich bisher nicht gekommen, sie bewegt mich jedoch seit vielen Jahren. Für eine befriedigende Eörterung dieser Fragestellung in praktischen Vorversuchen und Rekonstruktionsvorbereitungen fehlen mir Werkraum und finanzielle Mittel.
Ich möchte hier aber das Ergebnis einer ersten Material- und Werkzeugerprobung teilen, das ich seit letzter Woche angegangen bin.
Das auf dem Foto zu sehende Trennschleifergebnis ergab sich nach nur 15 Minuten Trennschleifarbeit mit Abschlägen von Helgoländer Flint. Die Formen der Abschläge sind rein zufällig entstanden, denn ich habe keine wirtklich nennenswerten Erfahrungen im Beschlagen und Retuschieren von Flint.
Der Papierstreifen auf dem Foto zeigt 5 mm-Kästchen (Rechenpapier), der Papierstreifen ist also etwa 5 cm und damit etwas weniger als 2 Inches (britische Zoll) lang bei einer Höhe von ca. 1 cm.
Die heute erfolgten ersten Tests haben nach kurzer Zeit bereits starke Schlussfolgerungen ermöglicht:
Kupfer und Holz versagten als für die Trennschleifung mit Sand als Abrassiv geeignete Werkzeuge am Basalt.
[Nachtrag 07.03.2023: Die besprochenen Werkzeugmaterialien versagten in dem hier besprochenen von mir vorgenommenen Vorversuchsaufbau mit den dafür von mir verwendeten Materialien. Hartgesteine lassen sich - wie bekannt ist - mit Schleifwerkzeugen aus Holz, Knochen bzw. Horn / Geweih und auch Kupfer unter Verwendung von Abrassiven effektiv trennschleifend bearbeiten. Die hier im Vorversuch angestrebte Feinstausbildung einer Nutung war mit den von mir verwendeten Materialien jedoch bisher nicht möglich.
Wäre die angestrebte feine Einnutung jedoch erst einmal angelegt, so dass Werkzeuge aus anderen Materialien entsprechende Linienführung hätten, kommen für die Weiterbearbeitung auch Trennschleifwerkzeuge aus Knochen / Horn, Hölzern und aus Kupfer in Frage - z.B. sehr dünne Kupferblechstücke oder ggf. auch sehr dünn ausgeformte Holzstreifen. oder zurecht geschliffene Knochen-, bzw. Geweihstücke.]
Die aus modernem Stangenkupfer hergestellte und mit einem Stück Sandsteinbruch in eine meisselartige Form geklopfte "Trennschleifklinge", die in den Griff einer verbrauchten Spülbürste eingelassen ist, verformte sich beim angetesteten Trennschleifvorgang stark, bzw. rieb sich rasch ab (potenziell auch beides). Damit war mit diesem Werkzeug keine exakt einbringbare Linienführung möglich, es wäre beim Weiterverwenden eher eine großzügigie linienartige Anmuldung entstanden, die ggf. zu einer sehr breiten aber nicht scharfkantigen Nutung hätte ausgeformt werden können (Der Vorteil vom Kupfer liegt allerdings darin, dass es sich rasch formgebend kaltschmiedend bearbeiten und wieder in Form bringen lässt).
Insgesamt erwiesen sich die Flintabschläge deshalb am effektivsten und erzielten in der Anwendung das gewünschte Ergebnis.
Mit den Abschlägen aus Helgoländer Flint ließ sich die Oberfläche des Basaltstücks (ein Stück handelsübliches Kopfsteinpflaster aus dem Baumarkt) nach kurzer Eingewöhnung sehr gut trennschleifend bearbeiten. Der im Foto zu sehende handelsübliche Vogelsand (Quartzsand bisher undefinierter Zusammensetzung, die sich jedoch ermitteln lässt) spielte bei der erzielten Trennschleifung nicht einmal eine wesentliche Rolle: Allein mit den entpsprechend geformten Abschlägen aus Helgoländer Flint war es mir möglich, die im Foto gezeigte Steilnutung relativ präzise und relativ frei trennschleifend anzulegen (zu Beginn hatte ich ein Stück Ast vom Haselholz als eine Art Führungsschiene verwendet. Das habe ich jedoch rasch verworfen, weil es nicht notwendig war).
Aufgrund des Duktus der menschlichen Hand ist es bei entsprechender Erfahrung und entsprechend ausgebildeter Handkordination und vorhandener Muskulatur - wie sich gezeigt hat - möglich, eine relativ gerade Linienführung beim Einschleifenden Trennschleifen einzuhalten. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Zusammenhang auch auf geschwunge Linien diverser Art übertragen lässt.
Für dieses Jahr plane ich eine entsprechende Rekonstruktion, die ich mit den hier dokumentierten ersten Tests vorbereitet habe. Die Rekonstruktion wird auf meinem Youtubekanal dokumentiert und ich werde zwischenzeitlich über den entsprechenden Stand der Rekonstruktion berichten.
[Nachtrag:]
Hier auch ein Kurzvideo (unter 1 Minute) in dem ich das Ergebnis der ersten 15 Minuten Einschleifarbeit im Basalt dokumentiere und die dabei verwendete Technik kurz demonstriere:
QUELLE:
Video (1) zu Werkstück HGST (1) / Basalt / 2023
Youtubekanalname: LectionesScientiaArtis
Link zum Youtube-Video:
https://youtube.com/shorts/6dDwXyXl41U Zeitpunkt des Abrufs: 07.03.2023; 06.12 Uhr MEZ
Filmmaterialrechte / Copyright: (C) me. Vinzenz Maria Hoppe, 07.03.2023
Genieße das Leben: es ist später als Du denkst. (vorgeblich altrömischer Sinnspruch)