Feuer machen

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Beitragvon LS » 04.12.2010 17:25

Tach Jürgen,
die Informationen sind sicher alle sehr nützlich. Manchmal bedaure ich aber, dass in so nem Forum vieles schnell unübersichtlich bzw. ganz schnell wieder vergessen wird.
Ich habe hier
http://de.wikipedia.org/wiki/Feuer#Pr.C ... uernutzung
vor einiger Zeit mal meinen Notizen-Müllhaufen zum Thema "Prähistorisches Feuer" zusammengetragen. Den Abschnitt zur Alt- und Mittelsteinzeit habe ich einigermaßen konzentriert erstellt, bei der Jüngeren Vorgeschichte war es ein schnelles Brainstorming, ohne Versuch von Tiefgang oder Vollständigkeit. Alles andere ist nicht von mir und ich fühle mich demzufolge auch nicht verantwortlich für den Käse-Anteil im Text...
Da ich gesehen habe, dass Du zuweilen auch in der WP mildtätig bist, wäre das doch mal eine gute Ergänzung... (die nicht nur beim Weihnachtsmann Punkte bringt:-).
Einige, die schon länger hier im Forum lesen, werden sicher über diesen weiteren WP-Rekrutierungsversuch grinsen. Aber mal im Ernst, wie kommt es, dass die Archäologen da größtenteils noch nicht so richtig angebissen haben? Meine Vermutung ist, dass viele sich scheuen, das Ganze als unvollständiges Mosaik zu sehen, wo momentan Richtiges und Interessantes neben mindestens genauso viel Müll steht. Du bist jedenfalls der Einzige Archäologe, den ich da bislang namentlich erkennen konnte, dafür mal ganz am Rande ein Kompliment.

Gruß Leif
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Beitragvon Trebron » 04.12.2010 21:38

Kurz gesagt, das würde mich "BRENNEND" interessieren :D
Den Feuertröööt würde ich auch befürworten :flint:
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Beitragvon Jürgen Weiner » 05.12.2010 13:05

Guten Mittag!

@Leif: Ja, mit Wikipedia ist das so eine Sache... Teilweise sind die Einträge exzellent, aber nicht selten sind sie auch schlicht falsch, noch schlimmer: regelrecht dumm! Schönes Beispiel dafür ist "Schuhleistenkeil" oder die Beschriftung an einem Bild mit Luntenfeuerzeugen. Da liest man, dass die Lunte "oft mit Schwarzpulver befüllt" war. In Wirklichkeit ist wahrscheinlich das Hirn des Schreibers damit gefüllt! Würde er einmal mit einem derart präparierten LuntenFZ Feuer machen, stände das haltende Händchen - pufffff - nicht mehr zum Schreiben von solchem Unsinn zur Verfügung!

Ich schreibe das, weil ich für den gesamten Text "Luntenfeuerzeug" verantwortlich zeichne und distanziere mich zugleich von dem Bild!

Grundsätzlich glaube ich, dass die meisten Autoren dort nach bestem Wissen schreiben. Aber da ist eben der besondere Vorzug zugleich das Kernproblem: Der unbeschränkte Zugang zu dieser offenen Plattform und die Tatsache, dass sich einfach zu viele Zeitgenossen beiderlei Geschlechts für fachkompetent halten. Dies, kombiniert mit der Geissel des "aber jemand hat mir gesagt" (siehe diesen Tröööt, Bruder John), dem Drang, sich unbedingt äussern zu müssen und last but not least der Tatsache, dass heute immer weniger Menschen bereit sind, sich wirklich in eine Sache zu vergraben, zu recherchieren, d.h. selbstredend und in starkem Maße auch zu lesen (!), führt dann zu falschen, überholten, ja sogar bizarren Äusserungen, bei denen es sich lediglich um Behauptungen, nicht aber um tragbare, weil belegbare Fakten handelt. Über die Gründe dafür will ich hier gar nichts ausführen, könnten wir dann doch einen eigenen Tröööt nur zu diesen Gründen aufmachen...

In diesem Zusammenhang zitiere ich hier gerne - wie schon in andern Foren und in meinem früher angeführten Aufsatz im Bull. Primitive Technol. 2003- den deutschen Historiker Hermann Heimpel (1901-1988), der seinen Erstsemestlern immer wieder einschärfte: "Literaturstudium schützt vor (Neu-)Entdeckungen!"

Resümierend zu WP: immer mal wieder reinschauen, aber grosse Vorsicht! Und auf Gebieten, wo man sich auskennt, sollte man durchaus - sofern es Lust, Laune und Zeit erlauben - was beitragen. Freut mich, Leif, dass Du auch mit von der Partie bis; mein Kompliment zurück!

@Treborn: Danke für die Unterstützung! War übrigens auch eine sehr schöne zeitlang e Pälzer! Da lernte meine Eltern und ich, was wahrhaft gute Küche ist. Woher in de Palz kommst Du?

Herzliche Grüsse

Jürgen
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Re: Feuer machen

Beitragvon Wolf D. Th. » 09.03.2013 09:44

Moin, moin
Beim Stöbern bin ich auf diese alten Beiträge gestoßen. Ist viel geschrieben, vieles kann ich bestätigen.
Ein paar Ergänzungen noch zum Fomes fomentarius, die hier nicht zu lesen waren:
Der Pilz wird z.B. in Lappland eingesetzt, um Mücken zu vertreiben. Trockener, alter Pilz wird angeglimmt und neben das Feuer gelegt. Der Rauch ist äußerst wirksam gg. Mücken, der Pilz muß separat gelöscht werden !!!!
Ein etwa faustgroßer, trockener ZP hat bei mir in einem mit Deckel geschlossenen "Ötz-Glutbehälter" bei sehr wenig Luftzufuhr mehr als 10 Stunden geglüht. Stehen blieb nur die äußere Kruste.
Auch habe ich schon mit solchen kompletten, entsprechend geformten und etwas größeren ZP Wasser über Stunden kochend heiß gehalte: Spitze abgeschnitten, angezündet und Alutopf mit ca. 1 l vorher etwas erhitzem Wasser draufgestellt.

Weitgehend unbekannt ist als Zunderpilz der sog. Chaga-Pilz (Inonotus obliquus): Trocken, in dünne Scheiben geschnitten (oder abgebrochen) und etwas aufgeraut fängt er ohne weitere vorherge Behandlung auch die Funken von Feuereisen - ebenso gut wie die von Markasit. Aber Vorsicht: Dieser Pilz glüht ohne Ende! Ich habe mit Markasit auf einer etwa 2 cm dicken Scheibe gearbeitet und die Glut wie üblich ausgedrückt - glühte weiter ! Dann mit Spucke gelöscht: glühte weiter ! Beidseitig intensiv unter Wasserhahn gehalten: Glühte nach 2-3 Minuten noch innen weiter ! Mit Stein beschwert in Wasser gelegt, gewartet, bis alle Luftblasen raus waren.... 5 Minuten später: Aus! Scheibe getrocknet (setzte dann leicht Schimmel an) und wieder verwendet: Beste Glühfähigkeit erhalten geblieben!
(Soll in Amerika so angewendet werden/worden sein, hat man mir erzählt.)
Gruß vom alten Wolf
Wolf D. Th.
 

Re: Feuer machen

Beitragvon Trebron » 09.03.2013 11:50

Danke Wolf für die Ausführungen ! ;-)

Da wäre, wenn überhaupt noch möglich, eine neue Untersuchung von "Ötzi`s Glutbehälter angesagt.
Vllt. könnte man den ehemaligen Inhalt doch noch ermitteln.

Ich habe das mittlerweile nach unserem Gespräch auch getestet und werde das an der UNI Landau bei dem Thema "Feuer" als gute Möglichkeit der Glutbewahrung erwähnen.

:mammut2:
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Re: Feuer machen

Beitragvon Bach » 09.03.2013 23:47

Guten Abend

Weiss jemand, bzw. weisst vielleicht Du, Wolf, ob Inonotus obliquus bei uns heimisch ist? Ich habe auf die Schnelle im Netz nichts über dessen Verbreitung gefunden, sehr wohl aber über seine Verwendung als Zunder (besonders auf englischsprachigen Internetseiten findet sich oft Chaga als "tinder fungus").
Pilze sind überhaupt interessant als Funkenfänger: Ich habe schon mit diversen (nicht näher bestimmten) Baumpilzfruchtkörpern gute Erfahrungen gemacht (mit Schwefelkies als Funkenlieferant), was natürlich vor Allem daran liegt, dass Zunderpilz (fomes) wo ich wohne nicht besonders häufig vorkommt. Bertrand Roussel beschreibt in seinem Buch "la production du feu par percussion de la pierre" (weiter oben in diesem Thread von Jürgen Weiner beschrieben) verschiedene Baumpilze aus Fundzusammenhängen in Bezug auf ihre Verwendbarkeit als Zunder und kommt für die meisten zu positiven Ergebnissen. Nicht alle fangen Funken in so excellenter Weise wie Fomes fomentarius, versehen ihren Dienst in der Feuererzeugung jedoch genau so gut wie viele andere Materialien auch.

Grüsse
Andreas
Bach
 

Re: Feuer machen

Beitragvon Wolf D. Th. » 11.03.2013 08:45

Moin, moin
(kann sein, dass der Beitrag ähnlich 2 x erscheint, da mein PC abgestürzt war)
Also zur Verbreitung:
Er kommt in allen borealen Zonen mit Birkenbestand vor, wird in China gezüchtet und seit Jahrhunderten in der TCM eingesetzt.
Interessant auch dieser Link: www.museum-joanneum.at/upload/file/Joan ... ik_8_5.pdf (Steiermark)
Bei uns kommt er sehr, sehr selten vor in den Hochlagen der Alpen und in der Eifel habe ich ihn vor einigen Jahren auch mal gesehen. (Wäre also ein echter Glücksfall, wenn man ihn in unseren Breiten sieht).
Selbst in Lappland, wo ich ihn sammele, findet man ihn unter 5000 Birken (und vielen anstrengenden, systematisch abgelaufenen Km.) auch nur "relativ" selten. Interessanterweise wächst er häufig an Birken in Städten (z.B. in Gällivare und Kiruna) wo sich die Ernte aber etwas schwierig gestaltet !!
(Falls jemand Stücke davon haben will sei vorbeugend gesagt: Er ist sehr teuer ! Große, zusammenhängende, feste Brocken im Kg-Bereich kosten auch unter Freunden 50,00 Euro/Kg !)

Beste Grüße
Wolf
Wolf D. Th.
 

Re: Feuer machen

Beitragvon Skulpteur » 11.03.2013 10:11

Wolf D. Th. hat geschrieben:Er kommt in allen borealen Zonen mit Birkenbestand vor, wird in China gezüchtet und seit Jahrhunderten in der TCM eingesetzt.


Hallo Wolf,

das ist hochinteressant! Bei dieser Gelegenheit interessiert mich natürlich, für welche Bereiche (bzw. Beschwerden?) der Pilz in der TCM eingesetzt wird?

Herzliche Grüße,

Vinzenz
Skulpteur
 

Re: Feuer machen

Beitragvon Wolf D. Th. » 12.03.2013 15:08

Hallo VHM und alle anderen
Wie und wofür/wogegen er in der TCM eingesetzt wird, weiß ich auch nur ansatzweise aus den Produkt-Beschreibungen (s. Internet). Bekannt ist, dass er als Tee genossen z.B. auch von Waldarbeitern "vor Ort" frisch zubereitet wird/wurde (schmeckt gar nicht schlecht, wenn man nicht die äußerste, verwitterte, bröselige und schwarze "Borke" nimmt, wie ich in Selbstversuch feststellen konnte - übrigens: keine Nachwehen!!!).
Ebenso bekannt und nachlesbar soll er antikanzerogene Wirkung haben und die Folgen von Chemotherapie lindern. s. Z.B. hier, Seite 7: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=antikanzerogene%20eigenschaften%20chaga-pilz&source=web&cd=1&ved=0CDoQFjAA&url=http%3A%2F%2Fmax-immun.de%2Fdata%2Fliteratures%2FInformationsbroschure_Heilpilze.doc&ei=4jM_UfHCIMTuswaagIGIDg&usg=AFQjCNHa1VqXelLi4ws5YkLZJrngcV4cXw&bvm=bv.43287494,d.Yms&cad=rja
und hier;: http://chaga10.wordpress.com/2012/10/29/der-geheimnisvolle-chaga-pilz/

Alle Angaben dort natürlich ohne (meine) Gewähr.

Aber ich denke, wir sollten das Thema "Chaga" hier in dieser Richtung nun abschließen.
Beste Grüße
Wolf
Wolf D. Th.
 

Re: Feuer machen

Beitragvon Skulpteur » 13.03.2013 11:50

Vielen Dank für die infos Wolf!

:D
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Re:

Beitragvon ringot » 29.10.2015 10:23

Steve Lenz hat geschrieben:Zunder glimmend aufzubewahren sehe ich definitiv als Materialverschwendung und absolut unnötig.

Es hängt davon ab, was du glimmen lässt; natürlich wird man den Trama dafür nicht verwenden, die Röhre aber, wenn sie angefangen haben zu glimmen sind hervorragend um Glut aufzubewahren. Sie eignen sich auch sehr gut als Holzkohle-ersatz beim Grillpartys!
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Re: Feuer machen

Beitragvon Jaegoor » 24.01.2016 10:55

Hallo Leuts,

da ich gerne ja mal ein wenig herumzündel und mich mit Feuer machen durch alle Zeiten wurschtel , bin ich auch darauf gestoßen. https://picasaweb.google.com/1131767407 ... tember2015 . diese sind zu sehen in Schleswig. fand ich sehr interessant und habe sie gleich nachgebaut. das Ergebnis jedoch war recht ernüchternd. so wie es im museum erklärt wurde und auch im internet, wollte es einfach nicht funktionieren. nach einigen versuchen fand ich aber eine Methode wo es schonmal ordentlich funkte. auch gab es am Stein und am Stahl die selben Abrieb Spuren . aber leider zündeten die funken keinen zunder. noch nicht einmal verkoktes Leinen. am zunder liegt es nicht. dieser zündet mit anderen Techniken sofort. Stahl und auch stein hab ich ebenfalls variiert. hat jemand vielleicht Erfahrung damit oder kann mir einen Tipp geben.

vielen dank schonmal.

der wenig erleuchtete jaegoor
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Re: Feuer machen

Beitragvon FlintSource » 28.01.2016 22:57

Das Bild erschließt sich mir nicht. Was ist es und wie soll es funktionieren?
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Re: Feuer machen

Beitragvon Trebron » 29.01.2016 13:50

FlintSource hat geschrieben:Das Bild erschließt sich mir nicht. Was ist es und wie soll es funktionieren?


Das sind gehärtete Stahlnadeln die über einen Quarziten gestrichen werden. Das ergibt dann den Funken wie beim "Stryker und Feuerstein".
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
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Re: Feuer machen

Beitragvon FlintSource » 29.01.2016 15:00

Ah Danke, wieder eine Bildungslücke ansatzweise geschlossen! Wie datieren die Stücke? Wenn ich Schleswig lese, denke ich sofort an Wikinger.
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