Sehr geehrter Monolith,
auch ich halte die Indogermanen, sowie die häufig synonym bemühten Indoeuropäer, für ein Konstrukt der Kolonialzeit. Soweit ich weiß, wurde diese Theorie in Deutschland zunächst von Friedrich Max Müller vertreten, welcher seinerseits von Thomas Babington Macaulay gefördert wurde. Als Jörgen Alexander Knudtzon unter den im Tell Amarna gefundenen Tontafeln die beiden Arzawa Briefe entdeckte, glaubte er zunächst damit einen wichtigen Beleg für die bis dahin lediglich rein theoretisch existierende indoeuropäische Sprache entdeckt zu haben. Als Hugo Winckler die sog. Arzawa Briefe dann jedoch als einen schriftlichen Ausdruck der hethitischen Sprache identifizierte, revidierte Knudtzon seine anfänglich dazu geäußerte Meinung und schloss sich der Auffassung von Winckler an. Wenig später kam dann zudem Emil Forrer zu der Einsicht, dass sich das Indische unter den insgesamt acht hethitischen Sprachen nicht nachweisen lasse. Schließlich räumte sogar Bedrich Hrozny ein, das sich eine Einwanderung der Indogermanen bzw. Indoeuropäer nach Anatolien in der ursprünglich angenommenen Weise nicht nachweisen ließ. Da trotz intensiver Bemühungen weder eine geschichtliche, noch eine archäologische Beweisführung gelungen sei, sei eine Darstellung der Historie der Indogermanen resp. Indoeuropäer unter fachlichen Gesichtspunkten nicht möglich, so Hrozny damals weiter. Doch man hörte damals nicht auf das, was Winckler, Forrer und Hrozny dazu mitteilten, sondern folgte stattdessen der von Gustaf Kossinna angeführten Schule und argumentierte seither abseits der tatsächlichen Faktenlage.
Soweit zu den Indogermanen resp. Indoeuropäern. Die frühen Hethitologen hatten sehr bald erkannt, dass sich ein entsprechender Nachweis nicht führen lässt, weil es keine archäologischen Funde gab, welche dies rechtfertigen würden.
Sodann möchte ich jedoch die folgende, von dir gemachte Aussage über Herrn Kunze widerlegen. Du sagtest über ihn :
Bisher war alles, was Sie hier erbracht haben falsch und für andere ... irreführend.
Diese Behauptung ist schlicht unzutreffend !
Auch wenn ich die eher beiläufig von Herrn Kunze geäußerte Meinung über die Historizität der Indogermanen ausdrücklich nicht teile, möchte ich mich an dieser Stelle doch ebenso ausdrücklich bei Herrn Kunze für den folgenden Beitrag bedanken, welchen ich in dem von ihm zitierten Blog von Ingo Bading als Quelle angegeben fand :
Link : https://www.biorxiv.org/content/10.1101 ... 1.full.pdfZitierweise : Brami, Maxime ; Winkelbach, Laura et alias : Was fishing village of Lepenski Vir built by Europe's first farmers ? Mainz 2022.
@ Klaus : In diesem Beitrag habe ich das für eine Darstellung der mesolithischen Wanderung fehlende Material gefunden und darf dies entsprechend der dazu gegebenen Lizenz sogar präsentieren. Vielen Dank für das Einstellen dieses Beitrages ! Den hätte ich alleine nicht gefunden.
Aus demselben Beitrag sei hier eine Karte gezeigt, welche die Einwanderung aus der Konya Ebene kommend über Lepenski Vir nach Europa darstellt.
Gruß in die Runde
Pitassa