Berufsausbildung von Bauberufen: Denkmalschutz/-erkennung

Palaeozoologie, Palaeobotanik und alle archäologischen Hilfswissenschaften, sowie Methodendiskussionen innerhalb der Archäologie.

Berufsausbildung von Bauberufen: Denkmalschutz/-erkennung

Beitragvon Bullenwächter » 12.03.2009 12:09

Spielen die Themen Archäologie und Denkmalschutz bei der theoretischen Ausbidlung (Berufsschule) von Bauberufen (Mauerern, Hoch-/Tiefbauern, Maschinenführern) eine Rolle? Dieses Thema steht bei der praktischen Ausbildung den Interessen der Auftraggeber und ausführenden Baufirmen oft entgegen.

Wird in den Berufsschule das Erkennen von Denkmälern behandelt?

Wird das Wissen um Denkmalschutzgesetze vermittelt?

Wird den Auszubildenden das Bewustsein für den Wert von Bodendenkmälern geschärft?

Eigentlich sollte dies ein fester Bestandteil der Lehrpläne in der Ausbildung und Teil der Prüfung sein. Wie sieht es real aus?
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Beitragvon Mela » 12.03.2009 12:31

Real sieht es aus, dass es eine ziemliche Bandbreite gibt...
Von Schulen, die Denkmalpflege im Lehrplan haben bis zu Schulen, an denen der Rechtsdozent schlichtweg Quatsch lehrt...
(Beides in meinem Umfeld in Schweizer Baukaderschulen...)

Liebe Grüsse

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Beitragvon S. Crumbach » 12.03.2009 12:34

Wir lernen als Glas grundsätzliches einiges zur Geschichte der Bleiverglasungen etc. Allerdings nur auf Reparaturen bezogen.

Mit dem Boden haben wir ja im allgemeinen nichts zu tun.
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Beitragvon Fridolin » 12.03.2009 12:45

Nun ja, wenn Bauarbeiter, Baggerfahrer usw. bei ihrer Einstellung mündlich (natürlich!) darauf hingewiesen werden, dass sie aus der Firma umgehend rausfliegen, falls sie ein neu entdecktes Bodendenkmal bzw. einen Bodenfund melden sollten, macht dies wenig Sinn. So geschehen in Meck-Pomm (und sicher auch in anderen Bundesländern!). Die Leute haben ganz einfach Angst um den Arbeitsplatz....

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Beitragvon ulfr » 12.03.2009 12:47

Bei Tischlers (allerdings Anfang der 1980er) Fehlanzeige, wir haben zwar gelernt, alte Handwerksverbindungen herzustellen und auch deren Geschichte besprochen, aber was man macht, wenn man bei Bauarbeiten auf ein Denkmal stößt - Null

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Beitragvon Steve Lenz » 12.03.2009 13:11

Fridolin hat geschrieben:Nun ja, wenn Bauarbeiter, Baggerfahrer usw. bei ihrer Einstellung mündlich (natürlich!) darauf hingewiesen werden, dass sie aus der Firma umgehend rausfliegen, falls sie ein neu entdecktes Bodendenkmal bzw. einen Bodenfund melden sollten, macht dies wenig Sinn. So geschehen in Meck-Pomm (und sicher auch in anderen Bundesländern!). Die Leute haben ganz einfach Angst um den Arbeitsplatz....

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So hat in Regensburg ein Baggerfahrer ?99 seinen Job verloren. Der Arbeitgeber kam vor Gericht damit durch, dass der Fahrzeugführer Betriebsinterna öffentlich verlautbaren ließ! Es zeigt zumindest auf, dass bei den involvierten Baufirmen sich mindestens eine Person der Sachlage absolut bewusst ist! Und das der Gesetzgeber genügend Schlupflöcher lässt!
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Beitragvon Fridolin » 12.03.2009 14:40

Steve L. hat geschrieben: So hat in Regensburg ein Baggerfahrer ?99 seinen Job verloren. Der Arbeitgeber kam vor Gericht damit durch, dass der Fahrzeugführer Betriebsinterna öffentlich verlautbaren ließ! Es zeigt zumindest auf, dass bei den involvierten Baufirmen sich mindestens eine Person der Sachlage absolut bewusst ist! Und das der Gesetzgeber genügend Schlupflöcher lässt!


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Beitragvon Stefan Deuble » 12.03.2009 15:15

Hab Zimmermann gelernt.

In der Berufsschule: nichts. Ein kurzer Abriss über Baugeschichte, Romanik, Barock, usw. In der überbetrieblichen: viel, aber bezogen auf Holzverbindungen, Baukunst, handwerkliches Können. Und das Zeitfenster bezogen auf erhaltenen Baudenkmäler, nicht auf Bodendenkmäler.

Bei der Arbeit in historisch sensiblem Untergrund ( hab mal die Fundamente für einen Wintergarten im schönen Sumelocenna, dem alten Kern von Rottenburg a.N., ausgehoben): sowohl von Bauherrschaft als auch vom Bauleiter die Ansage, wegen ein paar Scherben ja nichts sagen, weil sonst Baustopp droht.

Jetzt arbeite ich tatsächlich oft in Baudenkmälern: schlimm genug, was mit Genehmigung der Behörde wegen Designvorstellungen ehrgeiziger Architekten legal vernichtet wird. Das Problem ist der Ermessensspielraum der Zuständigen. Bei Wechsel der Denkmalbeauftragten merkt man deutlich die jeweils andere Handschrift. Baudenkmalstatus wird zwar am Ende gerne als Referenz vorgewiesen, aber während der Baumaßnahmen von allen Beteiligten (außer den Restauratoren und der Behörde) als extrem lästig behandelt. Weil kompliziert, teuer, und nicht normgerecht. Ein Statiker z.B. muß bei Umbaumaßnahmen oder größeren Instandsetzungen den Kopf hinhalten.

Jetzt hat das Gebäude zwar 600 Jahre gehalten, lässt sich aber nicht normgerecht berechnen. Es gibt also keinen Standsicherheitsnachweis, also keine Baugenehmigung. Also kommt ein völlig unnötiges Stahlskelett ins ganze Gebäude, bei meinem Beispiel Kostenpunkt ca. 1,2 Mio. Wo immer historische Substanz dem Stahlgerüst im Weg ist: weg damit. Verkauft wird das den Zahlemännern als notwendige Sicherungsmaßnahme. Notwendig für was? Für die Standsicherheit? Nein, für die Normerfüllung. Das sagt aber keiner. Und das Bauamt kommt nicht von alleine mit dem Vorschlag, unter Berufung auf § tralala auf die Normerfüllung zu verzichten. Der 08/15 Architekt fühlt sich aber im Normbereich sicherer.

Und oft erlebe ich Ausschreibungen, wo nach Massgabe der Denkmalbeauftragten historische Substanz zu erhalten ist, aber seltsamerweise plötzlich doch der 300 Jahre alte Holzboden, statt Entwurmung und Wiedereinbau, durch neues Parkett ersetzt wird. Weils hübscher und ein bißchen billiger ist? Möchte da keine Korruption vermuten, aber Vetterleswirtschaft. Da spricht halt mal ein Großkopf ein gewischtiges Wort mit der zuständigen Stelle, und plötzlich ist alles ganz anders.
Stefan Deuble
 

Beitragvon Bullenwächter » 12.03.2009 16:06

Anscheinend können Bauarbeiter nur anonym eine Anzeige oder Meldung an die Denkmalschutzbehörden machen um nicht ihren Job zu verlieren. So handhabt es ein Bekannter. Er erzählt seinem Arbeitgeber dann immer, dass tags zuvor ein merkwürdige Leute an der Baustelle herumgeschlichen wären.
Zuletzt geändert von Bullenwächter am 12.03.2009 16:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Jøran » 12.03.2009 16:08

Fridolin,

Fridolin hat geschrieben:Datenschutz schützt Gesetzesbrecher. Und der, der sich an Gesetze (Denkmalschutz) hält, wird bestraft. Unfassbar!
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hier stehen zwei Gesetze und deren Auslegungen sich im Weg.

Im Rechtssystem wirst du häufig dieses Problem haben.
Du machst etwas richtig und doch auch etwas falsch.

Den Richter auf dem Arbeitsgericht hat es nicht zu interessieren, dass
der Baggerfahrer evtl. durch sein Eingreifen archäologische Funde vor der
Zerstörung gerettet hatte. Daher hat er richtig entschieden, auch wenn es
nicht *Gerecht* war aber es war *Recht*.

Gruß

Jøran

Im 3. Leben werde ich Anwalt und kauf mir ne Insel.
Jøran
 

Beitragvon Steve Lenz » 12.03.2009 16:14

Fridolin hat geschrieben:
Steve L. hat geschrieben: So hat in Regensburg ein Baggerfahrer ?99 seinen Job verloren. Der Arbeitgeber kam vor Gericht damit durch, dass der Fahrzeugführer Betriebsinterna öffentlich verlautbaren ließ! Es zeigt zumindest auf, dass bei den involvierten Baufirmen sich mindestens eine Person der Sachlage absolut bewusst ist! Und das der Gesetzgeber genügend Schlupflöcher lässt!


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Wer heute um die Gesetzeslage weiss, kann sie für sich zur Ausübung von Straftaten nutzen, ohne dass man es ihm als Straftat auslegen kann!
Zuletzt geändert von Steve Lenz am 12.03.2009 21:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon ulfr » 12.03.2009 18:42

Krass! Soviel kann man gar nicht aufpassen, wie man irgendwo neitappt ist.
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Beitragvon Blattspitze » 12.03.2009 21:38

Die Maschinenführer und Arbeiter in den Abtorfbetrieben der Moore Ostfrieslands (und anderswo) sollten auch stärker sensibilisiert werden. Was da alles wegkommt ...
Ansonsten habe ich als Bauleiter im Denkmalschutz bessere Erfahrungen mit Architekten und Bauherren gemacht als Stefan. Ohne die "Zahlemänner" wären so manche erhaltenswerte Gebäude gar nicht zu erhalten gewesen.
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Beitragvon DcMartns » 12.03.2009 21:44

kann das bisher gesagte auch nur bestätigen. ein freund von mir lernt gartenbauer (oder wie er auch gerne sagt "betongärtner" :D) und erzählte mir, dass lieber schnell beiseite geschafft wird, bevor der bau aufgehalten wird.

es scheint aber nicht in allen firmen so verbreitet zu sein.
so wurde die friedhofsgrabung am alexanderblatz (berlin), welche direkt innerhalb der riesigen baugrube zur tiefgarage lag nur endeckt, weil aufgeweckte bauarbeiten gefallen daran fanden, ihre bauzäune mit schädeln zu dekorieren. verstörte passanten riefen die polizei, welche gleich das landesamt informierte. Bild
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Beitragvon sebastian » 13.03.2009 00:21

in meiner ausbildung zum kunstschmied...so '89 umeinander da war in der berufschule auch nix....aber im betrieb haben wir eine menge damit zu
schaffen gehabt, aber das ag daran liegen, dass der betrieb auf antike
antike schlösser und beschläge spezialisiert war, und selbst ein reges
interesse am aufspüren möglicher projekte, die ihm aufträge brachten
hatte.....
in der goldschmiedelehre(jaja, ich weiss, ist niht wirklich ein bauberuf)
war allerdings die stikunde und handwerksgeschichte (dank dem guten
alten herrn wagner...) sehr ausgeprägt vertreten.

sebastian
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