von Stefan Deuble » 12.03.2009 15:15
Hab Zimmermann gelernt.
In der Berufsschule: nichts. Ein kurzer Abriss über Baugeschichte, Romanik, Barock, usw. In der überbetrieblichen: viel, aber bezogen auf Holzverbindungen, Baukunst, handwerkliches Können. Und das Zeitfenster bezogen auf erhaltenen Baudenkmäler, nicht auf Bodendenkmäler.
Bei der Arbeit in historisch sensiblem Untergrund ( hab mal die Fundamente für einen Wintergarten im schönen Sumelocenna, dem alten Kern von Rottenburg a.N., ausgehoben): sowohl von Bauherrschaft als auch vom Bauleiter die Ansage, wegen ein paar Scherben ja nichts sagen, weil sonst Baustopp droht.
Jetzt arbeite ich tatsächlich oft in Baudenkmälern: schlimm genug, was mit Genehmigung der Behörde wegen Designvorstellungen ehrgeiziger Architekten legal vernichtet wird. Das Problem ist der Ermessensspielraum der Zuständigen. Bei Wechsel der Denkmalbeauftragten merkt man deutlich die jeweils andere Handschrift. Baudenkmalstatus wird zwar am Ende gerne als Referenz vorgewiesen, aber während der Baumaßnahmen von allen Beteiligten (außer den Restauratoren und der Behörde) als extrem lästig behandelt. Weil kompliziert, teuer, und nicht normgerecht. Ein Statiker z.B. muß bei Umbaumaßnahmen oder größeren Instandsetzungen den Kopf hinhalten.
Jetzt hat das Gebäude zwar 600 Jahre gehalten, lässt sich aber nicht normgerecht berechnen. Es gibt also keinen Standsicherheitsnachweis, also keine Baugenehmigung. Also kommt ein völlig unnötiges Stahlskelett ins ganze Gebäude, bei meinem Beispiel Kostenpunkt ca. 1,2 Mio. Wo immer historische Substanz dem Stahlgerüst im Weg ist: weg damit. Verkauft wird das den Zahlemännern als notwendige Sicherungsmaßnahme. Notwendig für was? Für die Standsicherheit? Nein, für die Normerfüllung. Das sagt aber keiner. Und das Bauamt kommt nicht von alleine mit dem Vorschlag, unter Berufung auf § tralala auf die Normerfüllung zu verzichten. Der 08/15 Architekt fühlt sich aber im Normbereich sicherer.
Und oft erlebe ich Ausschreibungen, wo nach Massgabe der Denkmalbeauftragten historische Substanz zu erhalten ist, aber seltsamerweise plötzlich doch der 300 Jahre alte Holzboden, statt Entwurmung und Wiedereinbau, durch neues Parkett ersetzt wird. Weils hübscher und ein bißchen billiger ist? Möchte da keine Korruption vermuten, aber Vetterleswirtschaft. Da spricht halt mal ein Großkopf ein gewischtiges Wort mit der zuständigen Stelle, und plötzlich ist alles ganz anders.