Viele Kinder für grössere Überlebenschancen?

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Beitragvon Hans T. » 11.10.2009 09:22

Nicht ausschließlich an den Lendenwirbeln. Wenn man danach geht, müsste ich ca. 8 Schwangerschaften hinter mir haben.
Die wichtigste Quelle ist der Beckenknochen, allerdings ist mir nicht klar, wie man die Anzahl der Entbindungen ableiten kann

H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
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Beitragvon Mela » 12.10.2009 18:28

Trebron[quote]
Hmmm, ist schon erstaunlich, dass sich außer Dir und KatrinA kein weiteres "Weibchen" an diesem Thema beteiligt hat. Schon der Grund warum würde mich interessieren. [/quote]
*entrüstetschnauf*
:twisted: Aber hallo...
Nun im Ernst: warum in aller Welt müssen sich immer wir Frauen für Gender Studies interessieren? Ein Rätsel der besonderen Art...
(Ich hasse Keramik, kann mich für Textiles nur am Rande begeistern und giesse am liebsten Bronze - Augenzeugen halten mich aber dennoch für ein "Weibchen" :D )

Vladislawa: ja, so ungefähr funzt es - Veränderungen an den Bandansätzen, vor allem im Becken. ABER: die Methode ist wie gesagt etwas knifflig und ich kenne einige renomierte Anthropologen, die niemals eine Zahl herausgeben würden (relativ sicher kann man nur zwischen "keine Geburt", "eine oder mehrere Geburten" und "zahlreiche Geburten" unterscheiden, zumindest laut der "strengeren historischen Anthropologieschule").

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Vladislawa » 12.10.2009 19:56

Nach einem Gespräch unter Kollegen hat heut jemand (neben den Hüftveränderungen) auf die Calciumgehaltsveränderungen, die ev. im Knochen auftreten hingewiesen. Quasi so wie bei der Dendrochronologie... ich weiss nicht ob sowas auch untersucht wird, aber möglich wär es vielleicht.
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Beitragvon Trebron » 13.10.2009 06:35

Mela hat geschrieben: *entrüstetschnauf*
:twisted: Aber hallo...
Nun im Ernst: warum in aller Welt müssen sich immer wir Frauen für Gender Studies interessieren? Ein Rätsel der besonderen Art...
(Ich hasse Keramik, kann mich für Textiles nur am Rande begeistern und giesse am liebsten Bronze - Augenzeugen halten mich aber dennoch für ein "Weibchen" :D )

Liebe Grüsse

Mela


:D :D :D Mela, nur wegen der "Mutterinstinkte", da haben Weibchen einfach mehr G e f ü h l, wenn schon keine eindeutigen Fakten greifbar sind ! :D :D :D

Zurück zum Thema.
Da möchte ich nochmal das Buch"die Welt des Neandertalers" von Juan Luis Arsuaga, Piper-Verlag. hinweisen. Da wird sehr oft auf die "Sozialstrukturen" eingegangen, weil die ja das Überleben der Gruppe, Sippe, Stammes sichern soll. Gerade das "Aussterben des Neandertalers" und die Gründe für das Überleben des "modernen Menschen" wird da behandelt.
http://www.amazon.de/Die-Welt-Neanderta ... 3492247466
Aber siehe auch die Rezension zum Buch:
http://www.amazon.de/product-reviews/34 ... ewpoints=1

Gruß

Ich habe die Bronzegußgeschichte mal ausgelagert und hier ein bisschen drin rumgekliert, damits wieder passt
ULFR


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Beitragvon Mela » 13.10.2009 13:37

*entrüstetschnupf*
Immer diese Vorurteile...

Danke, ULFR

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Thomas Trauner » 14.10.2009 09:51

Mela - mir gehts genauso. Ich mag auch keine Autos, kann Fußball nicht leiden, interessiere mich für Waffen nur als Grabbeigabe, mag Keramik und Textiles und bin vor allem an der Sozialstrukturen interessiert. Beim Bronzeguß steht mir der Schweiß auf der Oberlippe..Typisch männlich. :D

Aber Trebron hat schon auch ein wenig recht. Grundsätzlich scheinen Themen dieser Art im Fach wirklich gerne von den weiblichen Mitgliedern der VG-Interessierten besetzt zu sein.

Zu den Skelettmerkmalen:
Geht bestimmt etwas. Ich habe nur die Zweifel, dass das vorliegend Material nicht ausreichend ist.
Erstens sind die Grabbräuche im N. nicht immer Körperbestattungen, zweitens ist das Skelettmaterial nicht immer gut erhalten. Calziumgehalte ändern sich sehr sicher je nach Bodenbeschaffenheit. Markierungen an den Knochen...gerade das Becken ist oft sehr zerdrückt.
Aber ich denke auch, dass das mal ein Thema für alle VG-Abschnitte wäre. Einfach deswegen, weil wir generell in Sachen Sozialstruktur nur wenig harte Fakten haben.

Der einzige (Be)Fund, der mir aus der VG bekannt ist, der einen indirekten Rückschluß auf Geburtenanzahl zulässt, sind zwei späte (HaD3) Hallstattdamen im mittleren Alter, beide trugen im Beckenbereich jeweils einen kleinen Ring aus sehr gut geglätteter Keramik. Der Ring wurde als Trachtbestandteil, als Glücksbringer o.ä. interpretiert. Ein neuer Blick durch eine Archäologin zeigte, dass der Ring mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein mechanisches Mittel war, um einen Gebärmuttervorfall zu verhindern. Ein Gebärmuttervorfall hat seine Gründe in der Überdehnung und/oder dem Erschlaffen der Bänder. Dies ist widerrum das Ergebnis zahlreicher Geburten (oder genereller Bänderschwäche).

Da die Bänderschwäche unabhängig von der Anzahl der Geburten auftreten kann, ernährungsbedingt, erblich oder sonstwas sein kann, wären also auch Markierungen am Becken nur eingeschränkt nützlich.
Und wir wüßten immer noch nichts über die Überlebenschance der Kinder und/oder der Mutter.

Es bleibt schwierig.

Thomas
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Beitragvon ulfr » 14.10.2009 10:47

Diese Tonringe sind gar nicht mal selten, besonders in der (vor)römischen Eisenzeit, und werden regelhaft als Pesar - als Kontrazeptivum oder zur Stützung von Gebärmuttervorfällen - angesehen.
Näheres in "Frauen - Zeiten - Spuren" im Beitrag von Diane Scherzler, 303 ff.
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
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Beitragvon Claudia » 14.10.2009 10:57

Zu den Tonringen gab es mal einen guten Artikel bei archaeologisch.de. Die Seite ist leider offline, aber das Webarchiv hats noch:
http://web.archive.org/web/200709280155 ... essar.html

Offenbar ist schon in den 1920er Jahren jemandem aufgefallen, daß das Pessare sein könnten.
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Beitragvon Trebron » 14.10.2009 11:30

Hmmm, das Skelett in Grab 8 ! Das liest sich meines Erachtens, als wäre die Frau beim GV gestorben und einfach liegen gelassen worden, Vergewaltigungsopfer ? :?
Da müsste man näheres vom Befund und der Lage des Fundortes im Umfeld wissen, komisch ist das schon.
Wenn ich die Fundlagen heutiger Tötungsopfer mit solchem Hintergrund ansehe !

Die Fantasie hat da viel Spielraum.

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Beitragvon Mela » 14.10.2009 12:41

Norbert, den Befund kenne ich jetzt gerade nicht - aber ich nehme an, es handelt sich schon um eine "normale" Bestattung in einem Friedhof. Was ja gegen Deine Theorie sprechen würde, oder?

Ich kenne aus dem hallstattzeitlichen Bereich eine Menge an "komischen" Skelettlagen, das scheint durchaus Gründe gehabt zu haben, die uns im Moment einfach noch nicht klar sind.

Zu den Ringen: die werden nicht ganz soooo einhellig als medizinisches Hilfsmittel interpretiert: es gibt auch noch die "magisch-kultische" Deutung, als Fruchtbarkeitssymbole.
Wenn ich es richtig im Kopf habe, scheint es einen Zusammenhang zwischen Beigabenreichtum und den Ringen auch noch zu geben - was ebenfalls eher auf ein "soziales" Objekt hindeuten könnte.

Menno, ist die Arbeit zu dem Thema schon lange her, merke ich gerade... nur noch sehr schwammige Erinnerungen...

Liebe Grüsse

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Beitragvon Trebron » 14.10.2009 13:10

Mela hat geschrieben:Norbert, den Befund kenne ich jetzt gerade nicht - aber ich nehme an, es handelt sich schon um eine "normale" Bestattung in einem Friedhof. Was ja gegen Deine Theorie sprechen würde, oder?


Liebe Grüsse

Mela


Natürlich Mela,

aber:
...Die Ausgräber vermuten, dass es sich nicht um reguläre Bestattungen, sondern um die Beseitigung von Brandopfern gehandelt haben könnte. Grab 8 enthielt das Skelett einer Frau in extrem ungewöhnlicher Lage: Sie lag in Rückenlage, das rechte Bein war aufgestellt, Ober- und Unterschenkel lagen fast parallel zu einander, auch das linke Bein war in der Hüfte abgeknickt und nach außen abgewinkelt.

deshalb schrieb ich ja: ..Da müsste man näheres vom Befund und der Lage des Fundortes im Umfeld wissen.

Bei der Bezeichnung GRAB 8 gehe ich davon aus, dass hier alles als Grab bezeichnet / interpretiert wird, wo ganze Skelette gefundenen werden ?
Ich frage mich da zwar, was das mit "Brandopfer" zu tun haben soll, aber verweise auch auf die Einleitung bei dem verlinkten Artikel .

LG

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Beitragvon Claudia » 14.10.2009 13:27

Mela hat geschrieben:Wenn ich es richtig im Kopf habe, scheint es einen Zusammenhang zwischen Beigabenreichtum und den Ringen auch noch zu geben - was ebenfalls eher auf ein "soziales" Objekt hindeuten könnte.


Nicht unbedingt. Auch damals schon mußte man doch sicher für eine medizinische Behandlung etwas bezahlen. So ein Pessar hat sich doch sicher nicht jede Frau einfach mal nach Bedarf angefertigt. Und eine Behandlung, die etwas kostet, kann sich nicht jeder leisten.
"Sozial" wäre das Objekt dann nur insofern, als sich möglicherweise nicht jeder die Behandlung leisten konnte/wollte oder Zugriff auf eine Person hatte, die das Problem zuverlässig diagnostizieren und die richtige Behandlungsmethode vorschlagen konnte.
Ich würde daraus nicht sofort was "kultisches" ableiten.
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Beitragvon Mela » 14.10.2009 13:37

[quote]Ich würde daraus nicht sofort was "kultisches" ableiten.[/quote]
*kicher* Ich auch nicht - aber ich wollte nur der Vollständigkeit drauf hinweisen, dass es auch die Idee gibt.

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Trebron » 14.10.2009 14:00

Mela hat geschrieben:
Ich würde daraus nicht sofort was "kultisches" ableiten.

*kicher* Ich auch nicht - aber ich wollte nur der Vollständigkeit drauf hinweisen, dass es auch die Idee gibt.

Liebe Grüsse

Mela


Wenn man sich mal die Dinger anschaut, könnten noch viel mehr "Kultgegenstände" plötzlich was ganz anders sein !
http://www.medesign.de/gynaekologie/pessare/pessare.php

:D Trebron
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Beitragvon Claudia » 14.10.2009 15:22

Ich komm da auch grad mal ins Grübeln...
Es gibt aus der RKZ aus dem germanischen Bereich als Spinnwirtel angesprochene Tondinger, die Würfel mit abgerundeten Ecken und Durchbohrungen von allen Seiten sind. Ich muß mir die Dinger noch mal im Detail angucken...
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