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Hallstattgrab 994

BeitragVerfasst: 06.12.2005 18:07
von Dain II.
So dann machen wir's so wie Steve vorgeschlagen hat.

Ich suche schon seit längerem Informationen über die Austattung des Hallstatt Grabs 994, das mit der berühmten, situlenkunstartig verzierten Schwertscheide die ca. in die Zeit 400-350 datiert wird. Alles was ich bisher in Erfahrung bringen konnte ist eine sehr grobschlächtige Beschreibung der Grabausstattung: Krigerbestattung in schlichter Steinsetzung, ein halbkugeliger Eisenhelm, zwei lange eiserne Lanzenspitzen, ein Eisenmesser und ein bronzener Siebtrichter und das typisch frühkeltische Schwert mit der Scheide neben dem Oberkörper.

Da die Arbeit sehr detailreich ausgführt ist muss man wohl annehmen, dass der Handwerker heimische Vorbilder für die Gravuren hatte. Anhand der Schwertscheide konnte ich leider erst teile der Bekleidung und einen Schild rekonstuieren. Jetzt frage ich mich ob der Helm vom Typ Coolus oder Berru war (Ob die abgebildeten Coolus-Helme der Reiterschar wohl dem Fund entsprechen? Verzierungen?), war das Messer so ein typisches großes Ausbeinmesser oder ein kleines mit norischer Klinge? Wie sahen die Lanzenspitzen aus, blattförmig oder vielleicht spitz zulaufen mit einwärtskrümmungen auf den Blattkanten? Welche Fiebel(n) wurden gefunden wenn überhaupt? Leider konnte ich bisher keine Publikationen dazu finden. Wenn ihr mehr darüber wisst würde es mich freuen wenn ihr es mir mitteilen wollt.

Suchend und mit Grüßen verbleibt
Stephan

BeitragVerfasst: 06.12.2005 19:13
von Baerbel Hammes
So Ururururururopa, dann transferiere ich mal auf die Schnelle, die Antworten auf Deinen Beitrag hier an den neuen Platz

Hans hat geschrieben:Stephan, gib mir etwas Zeit, mindestens bis Freitag Nacht. Wir sehen nach. Eines weiss ich aber auswendig: Der Helm läßt sich einem Typ nicht mehr zuordnen, dazu ist einfach zu wenig vorhanden, es sind nur Teile der Kalotte, wenn ich mich nicht irre. ( Anm.: Typ Coolus? Das ist doch eine Typologie aus LTD bzw ein Helmtyp römischer Provinienz in englischer Nomenklatur...).

Hans


Dain II. hat geschrieben:Hallo Hans, schön dich zu lesen :D .

Vielen Dank für deine Bemühungen.
Ich dachte Coolus ist die Bezeichnung für den eng am Kopf anliegenden Eisen- oder Bronzehelm mit Nackenschutz den manche auch Jockeymützenhelm nennen der in der Frühlatene gebraucht wurde?! Kann mich aber natürlich auch irren. Bild:
http://www.ambiani.celtique.org/2005/pax_celtica/pax_celtica_8.jpg

Die Helme der Besitzer der beiden blauen Umhänge.

lg Stephan


goldkatze hat geschrieben:Bild
Kampfszene mit keltischen Kriegern mit Lanze und Schild
Ausschnitt aus einer reich verzierten Schwertscheide aus Grab 994
von Hallstatt (400 bis 350 v. Chr.)
von hier:
http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Lexikon/Lanzenspitze.htm

Dann hier: Das erleichtert vielleicht die Suche:
Hallstadt Grab 994: Eisenhelm, verzierte Schwertscheide, Siebtrichter, Hiebmesser, 2 Lanzenspitzen Lit.: Pauli, Goldener Steig 135 - K.Kromer, Das Gräberfeld von Hallstatt (1959) Taf. 201-202 - W.Dehn, Ein keltisches Häuptlingsgrab aus Hallstatt. In: Krieger und Salzherren Hallstattkultur im Ostalpenraum. Ausstellungskatalog des RGZM 4 (1970) 72 ff

von:
http://e-diss.uni-kiel.de/diss_696/Fundortliste%20Karte%2017.pdf

Nachdem heute Feiertag ist komm ich nicht in die Unibibliothek...
Evtl. die Tage mal.


Sylvia hat geschrieben:Hallo Dain,
fall Du den "Krieger und Salzherren" nicht hast, kann ich Dir von den Kapitel gern Kopien mit zum Forumstreffen bringen.


Dain II. hat geschrieben:Ja bitte, das wäre nett Sylvia. Danke. :D Danke auch dir Ferro.

lg Stephan


Patrick hat geschrieben:Also bei dem Helm handelt es sich dann wohl um einen der drei runden Eisenhelme der FLT: Es gibt davon nur drei im Fundgut. Einen aus dem Saaland, den in Österreich und dann noch einen aus Abredo( Schweiz?). Stefan macht gerade einen fürs Museum in Hallstatt. Meiner (TYp Böckweiler/Saarland) soll dann auch bald folgen. Publiziert sind alle drei Helme in einer RGZM Ausgabe von Schaff ( is die Sonderausgabe für Hund, keine Ahnung welche Nummer). Schaff nennt sie "Helme mit halbkugliger Kalotte". Einer is der aus Grab 994 Hallstatt.


Hans hat geschrieben:http://foto.arcor-online.net/palb/alben/39/2052739/3463623264653636.jpg

http://foto.arcor-online.net/palb/alben ... 646265.jpg

http://foto.arcor-online.net/palb/alben ... 333961.jpg

Aus Kromer, Gräberfeld von Hallstatt. Die weitere Tafel zeigt die Vorderseite des Schwertes mit der berühmten Szene.
Mehr gibt unsere Bibliothek zum Grab 994 nicht her.

Grüße
Hans

Grüße vom Admin:

Habe die Bilder wieder zu Links gemacht - die haben die ganze Seite arg in die Breite gezogen. Bitte um Verständnis!


Dain II. hat geschrieben:Nochmals Danke Hans :D .
Also ich fasse zusammen:

Helm:
Der Helm ist also wirklich der, der von den Reitern auf der Schwertscheide getragen wird, aus Eisen, halbkugelig und mit verziertem, kleinen Nackenschutz und es gibt von diesem Helm insgesamt nur 3 Funde in Europa. Scheinbar hat er, so wie ein ähnlicher Helm aus Bronze vom benachbarten Dürrnberg, seitlich über den Helmrandwülsten Löcher für Lederriemen. Falls es ein Inlet gab ist es (natürlich) nicht erhalten.
Speerspitzen:
Die beiden blattförmig langgestreckten, mit Mittelrippen versehenen Speerspitzen dürften wohl zu Wurfspießen gehört haben. Bei der Länge der Spitzen und der kurzen Tülle nehm ich das jedenfalls an. Vermutliche Schäftung mit Esche oder Haselnuss. Mit 16 cm sind sie so groß wie die kleinste Glaubergspitze die eine ähnlich kurze Tülle besitzen.
Schwert:
Frühlatenezeitliches Hieb- und Stichschwert (Länge von Knauf bis Spitze 79,7 cm) mit dreidimensionalen Doppelvogelkopfknauf aus Bronze angegossen mit nicht mehr vorhanden Augeinlagen. Koralle vielleicht? Schwertscheide hinten aus Eisen seitlich nach vorne umgebördelt um die verzierte Bronzeschauseite aufzunehmen. Auf dem Bronzeblech 4 (?Zier-)Nieten jeweils ober- und unterhalb der beiden Radgravuren. Abschluss durch ein bronzenes Ortband mir Greifenköpfen und 5 kleinen Wülsten an der untersten Biegung. Bleibt noch die Frage offen ob das Schwert einen rautenförmigen oder flachen Querschnitt besass oder mit einer Mittelrippe versehen war?!
Schild:
Der Schild scheint vollständig organisch gewesen zu sein. Keine Beschläge oder Nieten.
Hiebmesser:
Hiebmesser aus Eisen. Näheres nicht bekannt. Vermutlich ähnlich den sonst auch typischen Hiebmessern in diesem Gebiet und Gräberfeld.
Panzer:
Die einzige andeutung eines Panzers (obwohl sehr unwarscheinlich) ist auf der Schwertscheide bei den 4 Reitern zu sehen. Vielleicht ein bemalter Leinenpanzer? Der einzige Hinweis darauf sind die rockähnlichen Streifen (Pteriges?).
Siebtrichter:
Kesselförmiger Bronzetrichter mit bronzedrahtverstärktem Rand, eingenietetm Sieb und einem seitlich angebrachten, beweglichen Bronzering. Das Bild vom Siebtrichter ist das erste und beste das ich von diesem Stück sehe und dürfte für eine Rek. ausreichen (zu unserem Salzbaron schiel 8) ).
Kleidung:
verzierte Schnabelschuhe, Fusswickel, lange quergestreifte, schräg karierte oder einfarbige Hosen, langärmlige Tuniken und langärmlige, frackartige Klappenröcke mit gestreiften Borten an Kragen, Ärmelenden und am unteren Abschluss, Gürtel mit Punzierungen oder anderen Verzierungen. Oder handelt es sich bei den Gürteln möglicherweise um Borten?!
Zur Kleidung kann man sicherlich noch sagum, Schal, Wollfäustlinge und (?Skythen-) Mütze zählen, zumindest in der kalten Jahreszeit
Schmuck, Fiebeln, Gürtelschnalle, Schwertgurtringe, Keramik:
fehlen laut Fundbericht.

Bleibt noch die Frage was der Doppelknopf für eine Funktion innehatte.

lg und vielen Dank, Stephan


Patrick hat geschrieben:Mit dem Helm habe ich mich in sofern geirrt, dass dieser wohl dann das 4 Exemplar ist. Schaff publizierte diesen nämlich nicht. Wegen dem Inlet kann ich nur sagen, dass es im Helm von Böckweiler Holzrückstände gab.


Dain II. hat geschrieben:Dürfte dann also so ähnlich aufgebaut sein wie der Helm von Stefan. Oder vieleicht mit Ästchengeflecht?!

lg Stephan


Steve hat geschrieben:Ich vermute, dass diese Helme verstärkt waren - die Reste lassen mich auf einen hölzernen Innenhelm schließen. Geflecht halte ich für unwahrscheinlich.

Der Doppelknopf könnte - anbetracht der Fundlage und Nähe zum Schwert - zum Schwertgehänge (Verschluß?) gehört haben. (Ähnliche Vergesellschaftungen gibt es schon in bronzezeitlichen Fundkomplexen.)


Soooo, jetzt ist alles wieder da :D
So ein virtueller Umzug ist deutlich weniger anstrengend als ein reeller :P

Ich hoffe auf weitere Diskussionen

BeitragVerfasst: 06.12.2005 19:52
von Dain II.
Danke, Bärbel :D Ich hatte gedacht das da eventuell jeder seine alten Antworten reinschreibt aber so gehts auch. Nochmals Danke Ururururururenkelin. :roll: :lol:

lg Stephan

BeitragVerfasst: 29.12.2005 18:49
von Dain II.
So hab heute Bilder vom Helm, dem Siebtrichter und der Wurfspeerspitze gemacht. Sobald ich herausgefunden habe wie der Digicam-PC-Transfer funktioniert. Die Speerspitze ist übrigens besser erhalten als die Abbildung vermuten lässt und hat eine Form, ganz ähnlich den Glaubergspitzen.

lg Stephan

BeitragVerfasst: 29.12.2005 20:49
von Dain II.
So und hier die versprochen Fotos:

Bild

Bild

Hier haben wir zwei Bilder von der einen nicht am Helm festgerosteten Speerspitze (fragt mich nicht warum der Untergrund unterschiedlich ist??!). Auf dem ersten Bild sieht man gut die Form und die Tülle. Meiner Meinung nach ist jetzt sicher das das eine Wurfspitze ist (die man nartürlich auch im Nahkampf einsetzten kann). Die Mittelrippe die man auf dem zweiten Bild gut erkennt ist halbrund und massiv und nicht zugespitzt.

Bild

Hier sieht man gut die Zierrillen am unteren Rand. Die Erhebungen an der Helmoberseite ist scheinbar durch den Rost entstanden aber es wäre auch möglich das da mal ein Pferdeschweif angebracht war. Leider kann man auch seitlich nichts genaues erkennen, der Helm steht nämlich mit der verrosteten Seite zur Wand in der Vitrine. Die weißen Schlieren im oberen Bereich sind nur auf der Scheibe.

Bild

Bild

Fotos aus dem Naturhistorischen Museum Wien:http://www.nhm-wien.ac.at/

lg Stephan

BeitragVerfasst: 23.12.2008 14:49
von Patrick M.
Ich möchte dieses Thema ja nicht aufwärmen, aber Dain es gibt eine ausgezeichnete Publikation des kompletten Grabes mit neuen Fundzeichnungen und 1:1 Fotos und Zeichnungen der Schwertscheide.
Zu finden in Jahrbuch des römisch-germanischen Zentralmuseums Mainz Jahrgang 2005.
Ich will das du die Lt A Darstellung weitermachst! :evil: :D

Grab Nr. 994

BeitragVerfasst: 23.12.2008 15:50
von Joze
Hallo!

Die Lisi (unsere F?urstin) hat einigen Ausgezeichnetten Fotos zur Schwertscheide mit Detaills.
Einiges (auch Literatur des RGM) publiziertes dazu findet man auch hier: http://www.ooegeschichte.at/Historische ... 52f.0.html

http://www.troiavakfi.com/images/yayin_katalogu.pdf

http://www.jstor.org/pss/124013

Einzelne artikel findet man darüber viele.

Grüsse!

Joze

BeitragVerfasst: 24.12.2008 13:28
von Johanna K.-W.
Ich will das du die Lt A Darstellung weitermachst!


das will ich auch!! :x :wink: