Kleidung

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Beitragvon Anne » 01.03.2006 20:17

Ich weiß, dass Pflanzenfasern nicht ohne weiteres zu verspinnen sind. Vielleicht sollte man erst mal klären, was genau man darunter versteht.

Faserpflanzen
Brennnessel (Urtica dioica u.a.) - meist nur als Unkraut bekannt, noch im Zweiten Weltkrieg gesammelt für Textilherstellung, heute wieder feldmäßig angebaut (was als "Nettle" verkauft wird, besteht allerdings nur zu 10 bzw. 5 % aus Brennnesselfaser); archäologischer Nachweis als Gewebe unsicher)
Flachs oder Lein (Linum usitaitissimum) - seit dem Neolithikum angebaut, zum Teil sehr fein versponnen und leinwandbindig verwebt (es gibt genügend Fragmente aus Seeufersiedlungen)
Faserhanf (Cannabis sativa) - seit der Bronzezeit nachgewiesen; Verwendung überwiegend für Segeltuche, Seile, seit einigen Jahren zunehmend für Dämmstoffe
(Nichteuropäische Pflanzenfasern wie Ramie, Sisal, Kokosfaser, Baumwolle etc. sollen hier nicht näher betrachtet werden.)

Bast
Schicht zwischen Rinde und Holz eines Baumes.
Vor allem Lindenbast wurde in der Steinzeit viel verwendet, aber auch Ulmen, Akazien, Eichenbast etc. - aber wer kennt diese Pflanzenfasern noch? (Was unter dem Namen "Bast" verkauft wird, ist botanisch gesehen gar kein Bast, sondern wird aus den Blättern der Raphiapalme, einer tropischen Palmenart, hergestellt.)

Fast alle Pflanzenfasern müssen vor dem Verarbeiten kürzer oder länger gerottet, d.h. der Feuchtigkeit ausgesetzt werden, wobei ein Fäulnisprozess einsetzt. Bei Flachs spricht man von Tau- oder Feldröste. (Rösten und Rotten kann im Deutschen synoným gebraucht werden - Rösten hat allerdings noch eine zweite Bedeutung: Einwirkung von Hitze, was hier aber nicht gemeint ist.) Brennnessel, Flachs und Hanf sowie Ulmenbast können auch ungerottet verarbeitet werden. Lindenbast muss z.B. zwei bis vier Monate im Wasser liegen, bis man ihn verarbeiten kann.

Auch wenn wir über das Aussehen der Kleidung nur sehr wenig wissen - es gab Kleidung: aus gewebten Stoffen aus Planzenfasern, aus Geflechten ebenfalls aus Pflanzenfasern, aus Wolle, Fell und Leder.

Anne
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Beitragvon Fridolin » 02.03.2006 01:52

Anne,

auch wenn es nervt: es gibt gute Gründe, dass ich nachhake. Welche Beweise hast Du für neolithische Kleidung aus gewebten Stoffen? Die Interpretation vorhandener Leinenreste als Kleidung ist das eine, der Beweis, dass es sich um Kleidung handelte (z.B. in Form einer Hose) etwas ganz anderes. Warum sind es nicht die Reste von Bettbezügen, Bettlaken, (Tisch)-Decken oder Vorhängen?

Es gibt genügend Beispiele, dass vermeintlich logische Deutungen voll daneben liegen. Ein Indiz (Thomas) ist eben kein Beweis. Ein Indizienprozess hat immer seine Tücken. Zahlreich nachgewiesene Pollen der Leinpflanze (Hans) sind ebenfalls kein Beweis für die verbreitete Verarbeitung von Leinfasern, denn Lein ist eine ganz wichtige Ölpflanze. Ja, diese Indizien lassen naheliegende Schlüsse zu, ja, aber es sind nun mal keine Beweise.

Verzeiht bitte, dass ich hier scheinbar Haarspalterei betreibe. Aber seit einiger Zeit versuche ich einen Diskussionsbeitrag zu formulieren der sich mit der Thematik "Archäologie zwischen Fakten, Interpretationen, Spekulationen und purer Phantasie" auseinandersetzt. Speziell interessiert mich die Frage, ob und inwieweit ein Wissenschaftler spekulieren darf.....

Bis dann

Fridolin
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Beitragvon S. Crumbach » 02.03.2006 06:53

Fridolin, wenn ich das wissenschaftliche Arbeiten richtig verstanden habe, geht es darum eine These aufzustellen und Belege und Gegenbeweise aufzuführen und abzuwägen. Dazu käme das ganze mit Versuchen und Experimenten zu vertiefen.
Ich persönlich denke, daß sich keine wirklich Lösung finden läßt. Anne hat sich fachlich besonders ausführlich mit den erhaltenen Stücken und deren Nacharbeitung befasst - auch im Versuch. Wenn ich richtig liege hat Sie z.B. eine Art Sieb mit Lindenbasteinsatz nachgearbeitet. Das Stück ist so zierlich und schön, daß es schwerfällt den Flechter oder die Flechterin in "einfachen" Fellen zu denken.
Andererseits haben z.B. Pelzcapes eine sehr lange Laufzeit (bis in die römische Kaiserzeit) .
Das ganze ist eine kiffelige Sache. Ich kann mit z.B. eine Frau in einer Süddeutschen Siedlung mit einem Rock aus Leder und dazu einem Oberteil aus broschierten, mit Perlen verzierten Gewebe vorstellen. Eher als einen Mann im puscheligen Pelz auf der Eckbank in Unteruhlingen vor einem Tisch mit einem feinem Tischtuch und darauf einem Bärenschinken (sorry for spam ... :P )
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Beitragvon Hans T. » 02.03.2006 09:03

Fridolin, das ist keine Haarspalterei, sondern Faserspalterei. Der geforderte Faktenbeweis ist auch für andere Zeitstellungen nicht zu führen. Was an nachweisbarer gewebter Kleidung vorhanden ist, beschränkt sich während der Vorgeschichte auf die Baumsargfunde, das wars dann aber. Wie schon erwähnt, haben wir ja nicht mal was Römisches vor dem 3. Jhd! Wir haben auch keine Häuser, sondern nur Pfostenlöcher.

Du hast sicherlich recht, dass es Belege mit unterschiedlicher Beweiskraft gibt.

Aber das ist der Gag hier am ganzen Forum! Wenn wir für alle Details der hier zu entwickelnden Lebensbilder Artefaktenbeweise fordern würden...ohje...

Und unsere Museen erst...keine Grafiken mehr....nur dürrste Texte...und die Literatur erst....keinerlei Herkunftsvermutungen mehr a la ( "der dritte Stil entwickelte sich aus den etruskischen Einflüssen nördlich...")...keine Spekulationen eines fachfremden Archäologen zu handwerklichen Prozessen....

Ich seh schon, hätte auch seine Vorteile :twisted:

Allerdings beginne ich mich zu fragen, weshalb jetzt ausgerechnet zum Thema neolithische Bekleidung eine halb "fundamentalistische" Diskussion losbricht.

Damit berührt man zwar sicher exakt die Problematik, die grundsätzlich der ganzen Rekonstruiererei anhaftet, inkl. auch der Restaurierung, aber irgendwie kommt mir das hier vor, als würde in einem Porsche-Forum über Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h auf den Autobahnen diskutiert :wink:

Hans
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Beitragvon Thomas Trauner » 02.03.2006 19:05

Fridolin,

ich wünschte mir, Du würdest uns Deinen angekündigten Beitrag bald lesen lassen können.

Grundsätzlich wäre ich sehr, sehr interessiert an eine Debatte zur Methodik. Wirklich ernsthaft. Ich denke, dass wir viel zu wenig über diese Problematik hier zu lesen und zu denken kriegen.
Ich muss zugeben, dass ich es hier und auch im vorgehenden Forum immer wieder mal versucht habe, das Thema anzustoßen, aber immer nur sehr wenige Spaß dran hatten, mitzudiskutieren.
Das kann natürlich an meiner Ausdrucksweise liege, keine Frage. Aber genau deswegen wäre ich um einen erneuten Vorstoß in dieser Richtung dankbar.

Gespannt in Nürnberg.

Thomas
Thomas Trauner
 

Beitragvon Thomas Trauner » 02.03.2006 19:42

Mir lässt es keine Ruhe....

Sylvia, Fridolin, jetzt mal ernsthaft:

Welche Theorie soll belegen, dass die Menschen des N. NICHT auf die Idee gekommen sind, Gewebe als Kleidung zu nutzen?

Hier sollte das anthropologische Prinzip, nämlich die durchaus vernünftige Annahme, dass die Menschen damals über dieselben Geisteskräfte und Grundbedürfnisse wie heute verfügten, ausreichen, um diese Frage stellen zu dürfen.

Warum sollten sie also alle möglichen Dinge weben, aber keine Kleidung ?

Welche Überlegung soll die Theorie der Nichterkenntnis in diesem Fall stützen ?

Wieso gilt dann diese noch zu formulierende Theorie dann plötzlich ab 1367 v.Chr. (Baumsärge) plötzlich nicht mehr ?
Was soll das verursacht haben ?

Die simple Erkenntnis, dass Indizien keine Beweise sind und deshalb auch zu Fehlschlüssen führen, rechtfertigt keinen Anspruch an jede Geisteswissenschaftliche Theorie auf 100% Nachprüfbarkeit.

Thomas
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Beitragvon S. Crumbach » 03.03.2006 07:16

Irgendwie schaffe ich es, glaube ich, nicht mich richtig auszudrücken :oops:
Mal ein Vergleich:
Heute ist das Hauptmateril für Kleidung Baumwolle mit Synthetikbeimengungen. Aber wir tragen auch viel Wolle (Pulli?s im Winter, Anzüge, Schals, Mützen etc).
Ich glaube (!), daß im Neolithikum das Hauptmaterial Pelze, Felle oder Ledre war. Gewebte Sachen wie eine Tunika als guten Anzug oder Bluse, aLs Schickes Tuch um die Hüfte oder Umschlagtuch (besonders aus als Mischgewebe Kette pfanzlich und Schuß z.B: Prot-Schafwolle.)
Und weiter schicke Körbe, Taschen, normale Hüte Latschen etc.

Fridolin, ich wäre auch an der Methodik-Debatte sehr interessiert. Es fehlen Definition, Begriffe etc. :arrow:
S. Crumbach
 

Beitragvon Hans T. » 03.03.2006 09:42

Ob da eine Methodik-Debatte weiterhilft, denke ich nicht. Die beträfe die gesamte Vorgeschichte und die Rekonstruktionsmethoden grundsätzlich. Die können und sollten wir dauernd führen.

Mir will es nur einfach nicht in den Kopf, weshalb sich das Thema ausgerechnet an neolithischer Kleidung entzünden soll.

Sylvia, worauf stützt sich den dein Glauben? Was war bei Beginn der Bronzezeit anders?

Grüße
Hans
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Kleidung der Bandkeramiker

Beitragvon Trebron » 03.03.2006 10:31

Hallo Forum,

ich verfolge sehr gespannt Eure Diskusion.
Grund ist die Vorbereitung auf unser Projekt "Langhaus der Bandkeramiker"
Nun habe ich das im "Bandkeramiker" Thread empfohlene Buch von Jens Lüning gekauft und die ganze "Schöne Kleidung" bewundert !

Was soll ich als "Laie" jetzt aber von den Hosen, Hemden aus Gewebe und Hüten aus Filz halten ?

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Beitragvon Hans T. » 03.03.2006 11:02

Norbert, so ist das eben mit den Interpretationen. Du siehst die Vorbilder im Buch ja selbst. Auch die Faktenlage ist recht gut erläutert. Wie sagt unsere schöne überregionale Tageszeitung ? Bild dir eine Meinung....

Nach Auffassung unserer Lederfraktion: Alles bemaltes und punziertes Leder, ggf mit Pelzbesatz. Die WebgewichteauchfürKleidungverwenden-Fraktion dagegen: Passt schon.

( Meine Meinung zu den Hosen: Naja.....ich würde drauf verzichten....)

Hübsch wäre auch gewesen, alle nur mit Körperbemalung...

Grüße
Hans
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Beitragvon Trebron » 03.03.2006 11:19

Hans hat geschrieben:Norbert, so ist das eben mit den Interpretationen. Du siehst die Vorbilder im Buch ja selbst. Auch die Faktenlage ist recht gut erläutert. Wie sagt unsere schöne überregionale Tageszeitung ? Bild dir eine Meinung....

Nach Auffassung unserer Lederfraktion: Alles bemaltes und punziertes Leder, ggf mit Pelzbesatz. Die WebgewichteauchfürKleidungverwenden-Fraktion dagegen: Passt schon.

( Meine Meinung zu den Hosen: Naja.....ich würde drauf verzichten....)

Hübsch wäre auch gewesen, alle nur mit Körperbemalung...
Grüße
Hans


Na ja, die Keramikpuppen, die als Volage für die Kleidung herhalten mussten, hatten auch keine Barbiekleidchen an, also wäre Bemalung wirklich das "A" in der Suppe :D :D :D

Fazit für das Projekt: wir nehmen das Buch als Anleitung, machen was wir schön und passend finden, das "nicht A" kann eh keiner belegen :P

Zufrieden in Haßloch

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Beitragvon Hans T. » 03.03.2006 12:20

Norbert, das ist jetzt auch wieder nicht so ganz passend. Mit der Aussage, man könne nix belegen, könnte man nun wieder Dinge tun, die komplett ausgeschlossen sind. Es ist im übrigen auch das Standardargument aller derer, die Mühe, Aufwand, Literaturstudium etc scheuen und das 'alles ja nur aus Spass' machen. Wir bewegen uns bei der Interpretation schon in einem gewissen Korridor.

Hans
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Schon klar

Beitragvon Trebron » 03.03.2006 12:31

Deshalb habe ich ja geschrieben "PASSEND" damit meine ich nicht die Konfektionsgröße, sonder die Stilrichtung. Soll natürlich kein "Fantasiemummenschanz" werden.
Bilder werde ich dann schon anbieten.

Schönes WE

Norbert
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Beitragvon Anne » 03.03.2006 18:35

Fridolin,

es gibt keine Nachweise für die Form neolithischer Kleidung aus gewebten Stoffen. Dass die Leinpflanze aber nicht nur der Samen wegen angebaut wurde, beweisen die aus den Fasern gesponnenen Fäden, die daraus gewebten, zum Teil sehr feinen Stoffe, selbst wenn sie nur in Fragmenten erhalten sind.

Auch wenn die Durchschnittstemperatur im Neolithikum geringfügig höher lag - Kleidung ist für das Überleben in unseren Breiten notwendig. (Tischdecken oder Vorhänge sind es sicher nicht, was sich in der Notzeit nach dem Zweiten Weltkrieg gezeigt hat, wo man aus Portieren z.B. Mäntel und Jacken geschneidert hat.)

Rohmaterial für Kleidung kann tierischer Herkunft sein - Fell, Leder - oder pflanzlicher - Geflechte und Gewebe (wobei Gewebe natürlich auch aus versponnener Wolle sein können).

Die Ötzi-Kleidung zeigt den hohen Stand der Nähtechnik und - modisches Bewusstsein! Ein Obergewand aus Ziegenfell wärmt - ein sorgfältig aus Streifen zusammengesetztes ist darüber hinaus Ausdruck einer gewissen Ästhetik. Ein Lendenschurz aus einem geraden Stück Leder erfüllt eine Funktion - wenn er aus Streifen zusammengenäht ist, die im Taillenbereich schmaler sind und nach unten breiter werden, fällt der Schurz leicht glockig. Mode der Steinzeit? (Übrigens gibt es bis jetzt keine Rekonstruktion der Kleidung, die den handwerklichen Standard auch nur annähernd korrekt wiedergibt!)

Sicher müssen wir uns vor Spekulationen und Fantastereien hüten, aber ohne Interpretation der Funde kommen wir auch nicht aus. Sie kann falsch sein ...
Die Experimentelle Archäologie kann Hypothesen überprüfen, manches ausschließen, endgültige Beweise oft auch nicht liefern. (Was in manchen Museen allerdings darunter verkauft wird, verdient diesen Namen nicht.)

Fridolin, Deine Behauptung vom 24.2.2006, als "Tatsache" deklariert, halte ich für grob fahrlässig, auch wenn Du Dich auf einen ungenannten Archäologen stützt. Hast Du Dir noch nie Fragmente aus den Seeufersiedlungen angeschaut?


Hallo Sylvia,

kannst Du Dir nicht umgekehrt auch eine Frau mit Hosen aus Stoff (à la Lünings "Bandkeramiker"-Mode auf der Grundlage von Idolen - über die allerdings heftigst diskutiert wurde) und einem Oberteil aus Leder vorstellen? Warum eigentlich Stoff und Leder gemischt?? Oder im Sommer im Lendenschurz oder Jupe und barbusig??? Oder einfach nur ein Stück Stoff mit Loch für den Kopf, mit Gürtel zusammengebunden???? Oder ...????? Unsere Vorstellungen sind oft allzu abhängig von unserer kulturellen Geprägtheit. Vor dem Ötzi-Fund hätte wohl kaum jemand daran gedacht, dass auch in unseren Breiten Lendenschurz und Leggings getragen wurden - wie bei den Indianern.
Diese Fragen sind mehr rhetorischer Art Es gibt so viele Möglichkeiten, den Körper zu bekleiden - auch zu schmücken.

Ein Gewebe mit aufgenähten Perlen aus Steinsamen und Schlehenkernen gibt es tatsächlich - leider nur ein Fragment (E. Vogt, Geflechte und Gewebe der Steinzeit, S. 37). Die Neolithiker haben sich wirklich unglaubliche Mühe gemacht, sich schön zu kleiden, sich zu schmücken (u.a. durchbohrte Zähne, Fruchtkerne, Muscheln, Schneckenhäuser - die über weite Strecken transportiert wurden, von der Mittelmeerküste z.B. nach Arbon am Bodensee). Gegenstände des täglichen Gebrauchs waren nicht nur funktionell, sondern oft auch verziert (siehe Keramik).

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Beitragvon S. Crumbach » 05.03.2006 17:34

Anne, tut mit leid wenn ich mich falsch ausgedrückt habe: Ich kann mir auch Frauen in einer gewebten Tunika und Leggings aus Leder/Fell etc. vorstellen. An Hosen glaube ich persönlich eher nicht - aber das ist ein ganz anderes Thema. An was ich sicher glaube sind Männer mit schurzartigen Röcken :wink:
Aus die Idee Fell/Pelz und Gewebtes zu kombinieren bin ich gekommen weil dazu Belege aus späteren Zeiten vorliegen und so auch Kleidungen aus Pflanzenfasern "wintertauglich" wird.
Nicht für sinnvoll halte ich persönlich den Ansatz: Nur gewete Kleidung oder nur Fell/Leder etc. und garkeine Gewebten Stücke.

Noch um die Zeitenwende legen sichere Befunde eine Kombination nache (z.B. Huldremose, W. van der Sanden - Mumien aus dem Moor)
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