von Fridolin » 12.06.2007 21:13
Hi Metellus,
Deine Angaben sind etwas spärlich.
Ja, es gibt durchaus die Beobachtung, dass manche Siedlungsplätze nur wenig Fundmaterial hergeben, das zudem von ?minderer Qualität? sein kann. Bei anderen Siedlungsplätzen erstickt man fast an der Masse der Funde.
Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein: Die eine Siedlung bestand nur kurz und wurde planmäßig aufgelassen. Die wertvollsten Stücke des Hausrats wurden mitgenommen, der normal anfallende Müll war in Abfallgruben entsorgt worden. Andere Siedlungsplätze bestanden längere Zeit. Entsprechend mehr Abfall wurde produziert. Und jetzt kommt die Statistik mit ins Spiel. Je länger die Besiedlungsdauer war, desto größer ist die Chance, dass auch ?bessere? Funde verloren, weggeworfen oder aus anderen Gründen im Erdboden deponiert wurden.
Brandkatastrophen: Ein Haus, ein Dorf brennt ab. Manchmal wurde der Brandschutt in Gruben deponiert, ohne dass die Steingeräte (große Silices, Schuhleistenkeile, etc) aussortiert wurden. Die meiste Keramik war dann ohnehin zerbrochen und flog ebenfalls in die Gruben.
Jetzt wird es noch komplizierter. (Aber gestatte zunächst die Frage, was Du unter qualitätvoller Keramik verstehst: (a) aufwendig geformte und verzierte Keramik oder (b) Grob- oder Fein-Keramik mit auffallend gut erhaltener Oberfläche?)
Ein vergleichsweise guter Erhaltungszustand kann an günstigen Bodeneigenschaften der Lokalität liegen. Ungünstige Bodeneigenschaften - schlechter Erhaltungszustand (weiche Scherben, abgeplatzte Oberflächen).
Der Erhaltungszustand der Keramik hängt aber auch von der Höhe der Brenntemperatur und vom Verlauf der Temperaturkurve ab.
Manchmal kann die sekundär gebrannte Keramik wesentlich besser erhalten sein als die normal gebrannte (meistens ist sie viel schlechter erhalten). Eine im Vergleich zum ?normalen? Brand höhere Brenntemperatur, ein günstiger Temperaturverlauf und evtl. eine günstige Brennatmosphäre kann die Keramik so verändern, dass sie weniger stark im Boden verwittert. Aber ein paar Grad höher, und der Scherben beginnt sich zu verformen und aufzublähen. Ich denke da gerade an eine bestimmte jungneolithische Siedlung. Im Bereich des einen Hauses gab es rel. viel und außerdem ungewöhnlich ?qualitätvolle? Keramik: Das Haus war abgebrannt, das Feuer hat die darin enthaltene Keramik höher gebrannt, auch die verzierte Feinkeramik. Im übrigen Bereich derselben Großsiedlung: weniger Keramikfunde, stärker verwittert, kaum was verziertes...
Deine Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Die interessante Frage nach möglichen sozialen Unterschieden im Neolithikum sollte man erst angehen, wenn die o.a. Punkte zweifelsfrei geklärt sind.
Viele Grüße
Fridolin
PS: Was sagt denn der zuständige Archäologe zu Deinen Beobachtungen bzw. Überlegungen?