Herstellung von Talg für Talglampen

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Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Trebron » 23.11.2011 14:45

Ich habe mir von meinem Metzger Rinder- Rohtalg besorgt und mochte den auslassen.
Mit einem Teil habe ich es in einer Bratpfanne versucht, aber da wir das austretende Fett dunkel, selbst bei kleiner Hitzstufe.
Ist es besser, das Zeug kleinschneiden und in etwas Wasser auskochen ? Da bleibt es vermutlich hell.

Hat da jemand schon erfahrung ?
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Jaegoor » 25.11.2011 11:34

Wenn Du kannst, dreh ihn durch denn Wolf. Nimm keine Pfanne sondern einen Kessel oder hohen Topf.
Kleiner Tipp noch. Mach es draußen. Es riecht nicht besonders lecker. Wir machen es immer über einem Feuer. Das ganze eine Weile köcheln lassen. Die Festbestandteile werden zu erst oben auf schwimmen.
Wenn das blubbern nachlässt sinken sie auf denn Kesselgrund. Der flüssige Talg sieht dunkel aus.
Das ganze dann seihen/filtern. Man kann einfach einen Einkaufsbeutel aus Baumwollstoff nehmen.
Oder du willst es absolut perfekt. Dann nähst Du Dir Zipfelförmige Filter aus Leinen. Wenn man Leinen mit verschiedener Fadendichte nimmt, kann man wirklich sehr fein filtern. Soll heißen man filtert mehrfach. Ein kleines Gestell ist schnell gebaut. Noch ein Tipp aus Erfahrung: wenn man denn Filter nach befüllen mit Talg etwa eine Handbreit über der Zipfelspitze leicht einschnürt (sieht dann wie ein kleiner Kopf aus) dann läuft der heiße Talg besser durch denn Filter.
Die Geschichte mit dem im Wasser kochen hab ich schon öfter gehört. Habs aber nie verstanden. Denn Wasser will ich ja grade nicht im Talg haben. Fett hat einen höheren Siedepunkt als Wasser. Wenn das Fett zu sieden beginnt wirst Du über dem Kessel eine weiße Wolke Wasserdampf sehen. Je länger Du kochst desto weniger Dampf wird logischerweise entweichen. Wenn Du keinen Dampf mehr entweichen siehst, nimmst du denn Kessel vom Feuer. Der Inhalt wird eine ganze Weile nachköcheln. Erst wenn es fast aufhört zu blubbern, beginnst du mit dem Filtern.
Der so gekochte und gefilterte Talg ist nach dem abkühlen absolut weiß, geruchlos und sehr fest. Er erinnert dann fast an Parafin. Er verbrennt auch fast Geruchlos.
Auf der Lütjenburg stellen wir auf diese Weise Talg für denn Winter her. Er eignet sich auch hervorragend zum Leder fetten. (Schuhe, Zaumzeuch zB.)
Übrigens der beste Talg ist immer noch Hirschtalg. :hirsch:
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Trebron » 25.11.2011 13:00

Ganz herzlichen Dank Jaegoor, das mit dem Fleischwolf hatte ich mir auch schon überlegt und draußen ist auf jeden Fall angesagt !!!

:mammut2:
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Trebron » 26.11.2011 13:33

So, ferdisch, habs zwar nur einmal durch ein Leintuch laufen lassen, aber das sieht schon ganz gut aus.
Zur Not, wenns mir "stinkt", kann ichs ja nochmal erhitzen und nochmals filtern.
Da man "steinzeitlich" vermutlich noch nicht so gute Filter hatte, belasse ich es erst mal so. :mammut2:

Das mit dem Fleischwolf war wirklich klasse, die ausgelassenen Krümel ließen sich vor dem Filtern gut abschöpfen.

Danke nochmals Jaegoor.
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Andreas K. » 06.12.2011 14:00

Das mit dem Wasser stammt aus historischen Quellen. Im "Krünitz-Online" http://www.kruenitz1.uni-trier.de/ heißt es z.B. zum Ausschmelzen "Dieses geschieht, indem man den Talg in recht kleine Stücke schneidet, und diese in einen kupfernen Kessel wirft, dessen Boden man vorher mit etwas Wasser bedeckt hat." Ich habe auch schon andere Angaben in historischen Lexika gelesen, die nur von "Wasser" sprechen ohne Mengenangaben oder in denen sogar relativ viel Wasser empfohlen wird. Teils handelt es sich dabei um mehrstufige Klär- und Raffinierverfahren.
Im Krünitz heißt es weiter: "Dieses ist die gewöhnlichste Ausschmelzung. In neuerer Zeit hat man es aber weit besser gefunden, kein Wasser, welches das Anbrennen des Talges verhüten soll, hinzuzusetzen, sondern das Ausschmelzen über sehr gelindem Feuer vorzunehmen, und zur Verhütung des Anbrennens der Grieven, wel<179, 538>ches dem Talge eine gelbe Farbe geben würde, stets oder unaufhörlich auf dem Boden des Kessels mit einem breiten hölzernen Spaten zu rühren." Damit gibt es zumindest einen Indiz, dass Auskochen mit zumindest etwas Wasser die historisch korrektere Variante sein könnte. Auch das Auskochen im Wasserbad (Marienbad, baine marie) und verschiedene Raffiniermethoden werden vorgeschlagen.
Auskochen in Wasser könnte nach meiner Meinung eventuell bei miderwertigem Ausgangsmaterial, sprich "Unschlitt" = alle möglichen fetthaltigen tierischen Abfallprodukte, verendetes Vieh, verdorbenes Fleisch und unsauberes Abtropffett vom Braten, Vorteile haben. Vor allem dann, wenn ein sauberes Trennen des Fettes von Blut-, Fleisch- oder sonstigen Resten nur schwer möglich war. Da kann ich mir gut vorstellen, dass Auskochen in Wasser eventuell über mehrer Stufen seine Vorteile hat. Beim Auskochen mit Wasser, schreibt "Krünitz", ist die Gefahr des Anhängens nicht so hoch. Das Nierenfett und eventuelle Fettdepots aus dem Inneren des Körpers die schon von Natur aus relativ rein sind, wurden nach historischen Kochbüchern bis in die 1950er/60er als besonders hochwertig angesehen und zur Lebensmittelproduktion verwendet. Das was keiner mehr Essen wollte oder was zu unsicher zum Essen war ging in Talglampen und Kerzen, auf die Schuhe, auf die Wagenachsen, in die Lötlampen der Gold- und Silberschmiede, in Metalllote, auf die Türangeln,... .
Habe das Auskochen nach historischen Anleitung selbst noch nicht ausprobiert, das wäre aber sicher eine nette Aktion für meine Kochversuche im Museum. Ich stelle einen Erfahrungsbericht ein, sollte ich neben meinen anderen Versuchen noch dazu kommen.
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Trebron » 06.12.2011 16:41

Danke Andreas, für Deinen Bericht.

Ich habe die ausgelassenen Reste, die aussahen wie die berühmten "Grieben" im Schmalz ( in Deinem Bericht die Griewen ) noch einmal in Wasser ausgekocht, um auch den letzten Rest an Fett zu sichern !
Fehlanzeige, da war nicht mal mehr genug Fett drin, dass es sich nach dem Erkalten rentiert hat, es ab zu schöpfen !!!
Für meine Epoche, der Steinzeit, suche ich mir mal einen dicht geflochtenen Korb aus Gräsern bei Anne Reichert. Einen Siebschöpfer für die Grieben aus Gras habe ich.

Zitat von Andreas:
"Habe das Auskochen nach historischen Anleitung selbst noch nicht ausprobiert, das wäre aber sicher eine nette Aktion für meine Kochversuche im Museum."

Dann aber im Freien, sonst stinkt das ganze Museum, zumindest bei der Methode des Ausbratens. Mit Wasser wird es riechen wie Fleischsuppe :kessel: :octo:


:mammut2:
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Andreas K. » 06.12.2011 19:12

Ist eine mittelalterliche Bauernküche mit offenem Feuer. Mich würde der Geruch nicht stören und die Besucher merken öfter an, das "das ja ganz schlimm nach Feuer stinkt und schrecklich rauchig ist" selbst wenn es in der Küche aus meiner Sicht gerade schnuckelig warm und relativ rauchfrei ist. Da macht dann Fleischsuppe oder "Talg alla caramelle" auch nicht mehr viel aus. Mich stört es jedenfalls nicht und im Haus dürfte genug Zug sein. Dann sperre ich eben wieder die Küche wie das letzte Mal. :octo: :wink:
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Andreas K. » 06.12.2011 19:22

Ich habe meinen Vater angewiesen das ganze Fett zu sammeln, das er von seinem Wild abschneidet. Ein mickriges Päckchen roher Rehtalg liegt schon bei mir im Gefrierfach. Leider noch nicht genug für den Energieeinsatz. Hoffentlich war seine Zustimmung nicht nur ein Lippenbekenntnis, dass ich endlich Ruhe geb, sondern ernst gemeint. :wink:

Die Beschreibung bei Krünitz hört sich für mich so an, als würden da etwas größere Grieben anfallen als beim Durch-den- Wolfdrehen. Kann sein, dass aus deinen schon das ganze Fett ausgelassen ist. Krünitz schreibt ja auch, dass die Grieben mit speziellen Pressen ausgedrückt werden. Hört sich so an, als wäre die Methode dazu gedacht, wirklich jedes letzte Tröpfchen aufzufangen. Außerdem ist das Verfahren für die "Großindustrie" gedacht, d.h. bei denen fallen schon größere Mengen Grieben an. Dann kann man es oft nicht vermeiden, dass beim Ablassen mehr drin bleibt als beabsichtigt.
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Jaegoor » 16.12.2011 14:53

hab mir nochmal gedanken über das auskochen mit wasser gemacht. Zu zwei ergebnissen bin ich gekommen. Zum ersten. Wenn ich fett wirklich im großen stil gewinnen möchte, dann verhindert wasser wahrscheinlich einen fettbrand. Denn wenn man das kochen übertreibt und man kocht länger als wasserdampf entweichen, dann kann sich tatsächlich der rauch entzünden. Das zweite Ergebnissen. Wenn ich in ton gefässen koche oder in einem steinzeitlichen lederbeutel. Obwohl ich steinzeitlich einfach auf einer Steinplatte braten würde.versieht man die platte mit rillen. Wie bei der harzgewinnung an bäumen, dann läuft das fett gleich in auffangbehälter. Sind diese rillen etwas tiefer, dann kann ich auch gleich filtermaterial wie gras, oder moos hineingeben so das daß fett gleich beim ablaufen gefiltert wird.
Was mir beim auskochen mit wasser aber kopfschmerzen macht, ist die energie effizienz. Und das fett einen höheren siedepunkt als wasser hat. Man kann denn siedepunkt von wasser aufsetzen. Mit salz. Aber das für die fettgewinnung scheint mir übertrieben .
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Trebron » 16.12.2011 16:15

Jaegoor hat geschrieben:hab mir nochmal gedanken über das auskochen mit wasser gemacht. Zu zwei ergebnissen bin ich gekommen. Zum ersten. Wenn ich fett wirklich im großen stil gewinnen möchte, dann verhindert wasser wahrscheinlich einen fettbrand. Denn wenn man das kochen übertreibt und man kocht länger als wasserdampf entweichen, dann kann sich tatsächlich der rauch entzünden. Das zweite Ergebnissen. Wenn ich in ton gefässen koche oder in einem steinzeitlichen lederbeutel. Obwohl ich steinzeitlich einfach auf einer Steinplatte braten würde.versieht man die platte mit rillen. Wie bei der harzgewinnung an bäumen, dann läuft das fett gleich in auffangbehälter. Sind diese rillen etwas tiefer, dann kann ich auch gleich filtermaterial wie gras, oder moos hineingeben so das daß fett gleich beim ablaufen gefiltert wird.
Was mir beim auskochen mit wasser aber kopfschmerzen macht, ist die energie effizienz. Und das fett einen höheren siedepunkt als wasser hat. Man kann denn siedepunkt von wasser aufsetzen. Mit salz. Aber das für die fettgewinnung scheint mir übertrieben .


Das hört sich interessant an !Interessant wäre nun, ob sich etwas gefunden hat, das dem entsprechen würde.
Bei der Methodeist es natürlich auch schnell möglich, dass Flammen von unten hochschlagen und das Ganze dann sprichwörtlich in "Flammen steht". Bei entsprechender Vorsicht und Konstruktion der Anlage müsste das aber problemlos gehen.

Guter Gedanke !!!

Ich erinnere mich aber immer gerne an die Zeit, als meine Mutter IHRE Fleischsuppe gekocht hat ! Da war viel gutes fettes Fleisch und Knochen drinne. Nach dem Erkalten wurde ein Teil der oben stehenden "Fettplatte" herausgenommen. Was sie damit gemacht hat, weiß ich nicht mehr. Die dürfte aber zum verbrennen gut geiegnet gewesen sein, zumindest vom Aussehen her, wie ich es in Erinnerung habe.
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon wagrier » 16.12.2011 18:17

moin in die Runde,
habt ihr Hinweise auf den Gebrauch von Talg in den Lampen ?
Würde mich über Tipps und Ratschläge sehr freuen.
Ich habe es vor einigen Jahren mal mit Schweine und Entenfett getestet und der Erfolg war gut.
Es geht sehr schnell und braucht wenig Material.
Hier könnt ihr die bescheidenen Versuche ansehen.
http://steinharteknochenarbeit.magix.net/website#Die%20Fettlampe

HG Manfred
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Jaegoor » 16.12.2011 20:57

Ich nehme am liebsten Rinder oder Hirschtalg. Wenn man denn richtig auskocht wird er wie parafin. lässt sich einfach besser transportieren
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Andreas K. » 16.12.2011 23:44

Aus eigener Erfahrung beim Kochen - auch wenn es kein Talg war - kann ich eigentlich nur bestätigen, was im Krünitz dazu angemerkt ist: Das Auskochen ohne Wasser erfordert ständiges Umrühren und Aufpassen, da sonst die Gefahr des Anbrennens - vorerst nicht des Verbrennens - besteht. Dadurch erhält das Talg einen als unschön empfundenen Braunstich, der dann relativ aufwändig zu entfernen wäre. Außerdem dürfte das Talg dann einen anderen Geschmack und Geruch annehmen, was man bei der Verwendung z.B. in Pastetenteigen nicht haben will, da das Fett von sich aus relativ geschmacksneutral ist und sein soll. Auch in Kerzen und Lampen dürfte der veränderte Geruch wohl eher als negativ empfunden worden sein - vor allem in rauchfreien geschlossenen Räumen, die von außen beheizt werden (Stube und Kachelofen z.B. oder älter: Hypokausten etc.).

Meiner Ansicht nach ist es vorauszusetzen, dass in historischen Zeiten die mit dem Auskochen beschäftigten Personen durchaus über das entsprechende Wissen, die Erfahrung und das Geschick verfügt haben, tatsächliche Fettbrände beim Talgauslassen im Regelfall zu vermeiden. Um das Fett nicht anbrennen su lassen, bedarf es aber etwas mehr Fingerspitzengefühl, das nicht unbedingt jedem in die Wiege gelegt ist - vor allem wenn es größere Mengen sind. Zu Krünitz Zeiten wurden zudem ganz neue Feuerungsmethoden und Herdkonstruktionen entwickelt, so dass es vorstellbar ist, dass eine bessere und einfachere Dosierung der Hitze möglich war, was das Auskochen ohne Wasser erleichtert haben kann. Er scheint in quasi fast industriell zu bezeichnenden Mengen zu denken. Da dürfte am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wahrschenlich nur noch selten ein ebenerdiges Feuer, sondern aufwändigerer Herdkonstruktionen, die im Text nicht genannt werden (da als banale Tatsache, die jeder weiß eventuell vorausgesetzt), verwendet worden sein. Das Werk erschien in der Zeit des vorindustriellen Manufakturwesens und zu Beginn der Industrialisierung (zwischen 1773 und 1858 veröffentlicht), wodurch aus Rationalisierungsgründen und Fortschrittsgläubigkeit durchaus mit solchen technisch raffinierteren Lösungen zu rechnen ist.

Das soll jetzt nicht heißen, dass es das Auskochen ohne Wasser nicht auch schon vorher gegeben haben kann. Im Text heißt es, das Verfahren sei neu und löse gerade das älter mit Wasser ab. D.h. es war dem Verfasser neu, muss also vor maximal drei Generationen, ca. 70-90 Jahren, vor Verfassen des Buches erst eingeführt worden sein und war kurz davor wohl unbekannt oder zumindest eine gewisse Zeit in Vergessenheit geraten. (Vor maximal 90 Jahren, da Ethnologie und Volkskunde - und mittlerweile auch die Geschichtswissenschaften - glaubhaft nachweisen konnten, dass das kollektive mündlich tradierte Gedächtniss einer Gesellschaft ohne schriftliche Fixierung der Ereignisse maximal bis in die Großelterngeneration zurück reicht. Alles andere wird als "graue Vorzeit" empfunden und verschwimmt mit wenigen Ausnahmen im Nebel des Vergessens.)

Das Talg, Tran und anderes das in UFG Zeiten in den mehrfach nachgewiesenen Lampen (z.B.: http://www.archaeoforum.de/viewtopic.php?f=43&t=3914&hilit=Tranlampe) verbrannt wurde - für Wachs brauch man nicht unbedingt Lampenschälchen, da Kerzen hergestellt werden können, und für Öl müsste in Jäger- und Sammlerkulturen und frühen Ackerbauernkulturen relativ viel Aufwand aufgebracht werden um Ölfrüchte zu sammeln und auszupressen (siehe dazu auch das Thema zu Leinölgewinnung im Neolithikum: http://www.archaeoforum.de/viewtopic.php?f=55&t=4240&start=45&hilit=Lein%C3%B6l) - muss nicht zwangsläufig extra ausgekocht worden sein. Wie Trebron schon mit der Fleischsuppe angedeutet hat, kann man das Talg auch von der Oberfläche einer Suppe abschöpfen oder nach dem Erkalten abheben. Außerdem kann man relativ einfach den Bratensaft vom Braten am Spieß auffangen, wie das zur Römerzeit und vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert getan wurde. Irgendwo habe ich auch mal von Lipitanalysen an alten Lämpchen gelesen, ich möcht mich da aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da ich mir sicher bin, den Nachweis nicht mehr ausfindig machen zu können. Es bedürfte eines sehr glücklichen Zufalls, das ich den Artikel nochmal in die Finger bekomme, da ich vollständig vergessen habe aus welcher Zeitschrift er stammte. Vielleicht weiß ja jemand anderes genaueres.
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Re: Herstellung von Talg für Talglampen

Beitragvon Trebron » 17.12.2011 09:39

Dank nochmal an Alle für die hilfreichen Beiträge !!!

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