Weisse Rinde der Feuersteine

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Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon Manu » 11.04.2011 15:15

So, nun bin ich einigermassen verwirrt. Kaum will man sich mal fortbilden, gibt´s schon wieder eine Frage:

In dem Buch "5000 Jahre Feuersteinbergbau"des Deutschen Bergbaumuseums schreibt der Verfasser eines Aufsatzes, Andreas Hauptmann:

...von Wichtigkeit ist die typische weisse Rinde der Feuersteine, die sich durch Wasserverlust bzw. die Umwandlung von Opal zu Chalcedon bildet. Nach Buurmann % Plas 1971 ist dies der einzige wirkliche Unterschied zu Hornstein.


Oft werde ich gefragt, was denn das "Weisse" um die Feuersteinknollen wäre und ich antworte immer, dass das eine Kalkschicht sei, die den Feuerstein umgeben würde. Leider hat nun Andreas Hauptmann nicht geschrieben, was es nun wirklich ist, die weisse Schicht um den Feuerstein. Weiss es jemand?

:aha:
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon ulfr » 11.04.2011 19:56

Ich finde auch nicht mehr in den Büchern. Seinem Text nach müsste es sich um Chalcedon handeln. Ich dachte immer, es wären Reste des Matrix-Gesteins ...
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon Martin » 12.04.2011 06:22

http://de.wikipedia.org/wiki/Feuerstein sagt:

Die Feuerstein-Diagenese verläuft in der Regel über Opal-A (amorph), Opal-CT (wie Kreide leicht zu bearbeiten) zu Feuerstein.
Submikroskopische Einschlüsse von Luft und Wasser geben Feuerstein eine helle Farbe, (weißer Flint), Kohlenstoff färbt ihn schwarz. Kristallographisch lassen sich neben Chalcedon unterschiedliche SiO2-Modifikationen bzw. Varietäten nachweisen: Quarz, Jaspis, Opal, Achat.
Die Dehydrierung der Kieselsäure erfolgt von innen nach außen, wodurch die Feuersteinknollen oft eine zwiebelartige Struktur aufweisen. Deutlich erkennbar ist oft die poröse helle Außenschicht (die so genannte Rinde oder Cortex). Es handelt sich um die diagenetische Vorstufe zu Feuerstein, (SiO2 x nH2O), das sog. Opal-CT. Diese ist leicht zu bearbeiten.
Die Umwandlung von Opal-CT zu Feuerstein erfordert Jahrmillionen.


Wer jetzt noch wissen will was Opal-CT ist ... http://www.geo.fu-berlin.de/fb/e-learni ... index.html und spätestens hier hab ich dann lieber weiter gefrühstückt ;-)
Viele Grüße,

Martin
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon TZH » 12.04.2011 15:19

Es handelt sich über die weisse schicht auf dem retuschierte Oberfläche, oder nicht?

Ich dachte immer, (ok, mir wurde es so gesagt :) ), dass die Oberflache auf freien Luft sich wegen verschiedene einflusse (Wasserentzug, Sonnenstralen) weiss verferbt, patiniert. Sowas konnte ich schon auf Opalen in meine Sammlung beobachten, es beginnt schon nach za. 3-4 Jahren.

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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon enrohs » 12.04.2011 18:02

Wandelt sich nicht der Feuerstein durch Wasseraufnahme an der Oberfläche in Opal und bildet so die Patina? Nun bin ich auch etwas verwirrt. Es ist doch nicht so, daß sich Opal in Feuerstein verwandelt, oder? Wobei der Flint ja schon aus einer wässrigen Kieselsäurelösung entstanden sein dürfte. Und Opal ist ja, salopp gesprochen, wasserhaltiger Quarz. Und welche Rolle spielt eigentlich der Kalk, der die Oberflächen auch der Artefakte wohl schneller patinieren läßt? Sicherlich lagert er sich mit dem Wasser im Feuerstein ein und bildet dann eine weiße Kruste, die dann eben auch aus Kalk besteht.

Viele Grüße

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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon TZH » 12.04.2011 18:19

Das fehlt aus meinen Studien fast komplett...
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon hugo » 12.04.2011 18:25

Wenn ich Hauptmann richtig versteh, meint er das Rohmaterial, also die Knollen und deren Cortex, nicht die Patina, die sich bei Hornsteinartefakten ähnlich entwickelt, wie bei Flint.
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon hugo » 12.04.2011 23:19

das war die Antwort auf die letzten Fragen, für die ursprüngliche gilt natürlich die von Martin.
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon Manu » 13.04.2011 14:05

Danke euch, dann könnte man sagen, dass aus der Cortex/Rinde noch "Feuerstein" werden würde, liesse man sie in Ruhe (einige viele Jahre...).

http://de.wikipedia.org/wiki/Diagenese

Somit ist es keine Kalkablagerung im Sinne, dass Kalk sich am Feuerstein festsetzten würde, sondern es ist eben ein Vorstufe zum Gestein selbst. :idea:
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon enrohs » 13.04.2011 15:36

Klinge.jpg
Und wie erklärt sich dann die Patina, wie etwa bei dieser abgebrochenen, noch ca. 10 cm langen Klinge? Die "Rinde" ist etwa 1 mm stark. Da wird kein Feuerstein mehr draus, das ist verwittert, würde ich sagen. :?:

Viele Grüße

Sven
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon Trebron » 13.04.2011 16:03

So was hab ich auch noch nicht gesehen.
War das Teil schon in dem Zustand, als Du es bekommen hast ?
Wo war das Teil gelegen, bevor Du es bekommen hast ?
Wenn es sich erst bei Dir "umgewandelt" hat, wo und wie war es bei Dir gelagert ?

Ich habe ein Original, das hat einige 1000 Jahre im Gardasee gelegen und hat fast keine "Patina" !
Rengert, Wulf und einige andere haben es nicht nur gesehen, sie hatten es in den Händen.
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon LS » 13.04.2011 17:54

In diesem Wikipedia-Bild sieht man sehr schön, dass Patinierung ein sekundärer Prozess ist und nichts mit der ursprünglichen Diagenese (entspricht der Bänderung) bei der Entstehung des Feuersteins zu tun hat:
Bild
Patinierung durch Reaktion mit Alkaliionen ist ein Verwitterungsprozess.

Kortex ist dagegen die primäre Vorstufe des Feuersteins, siehe hier auf der rechten Seite oben:
Bild
Rechts unten ist auch Kortex dran, zusätzlich aber wahrscheinlich auch Schreibkreide von der Einlagerung in derselben. Die Schreibkreide könnte man abbürsten, die Kortex nicht.
Der rötliche in der Mitte oben ist dagegen wieder patiniert.

Es bleibt also ein bisschen kompliziert...

Gruß L
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon enrohs » 13.04.2011 19:23

@Trebron: Die Klinge oben ist ein Zufallsfund aus Südfrankreich (wo es meines Wissens keinen eiszeitlich dahin geschobenen Feuerstein gibt) und kommt so patiniert aus der Erde. Zur Geologie dieser Stelle kann ich nur sagen, daß es da auch Buntsandstein gab und es in der Nähe einer Quelle war. Die Klinge ist bei Erdarbeiten zum Vorschein gekommen und dürfte damit nur kurz an der Oberfläche gelegen haben.
Im Gegensatz dazu habe ich hier auch einen mitteldeutschen Fund, einen paläolithischen Seitenschaber (Oberflächenfund), der keinerlei Patina auf den Abschlagbahnen und Retuschen zeigt.
seitlich.jpg

Interessant ist auch, daß die Knolle, aus der dieses Artefakt geschlagen wurde, innen grau ist, was an den Schaberretuschen wie Patina aussieht, aussen aber dunkler, wie man hier auf der Ventralseite sehen kann.
ventral 1.jpg

Das Thema Cortex und Patina ist ja wirklich spannend, Es scheint schon einen Unterschied zu geben, auch wenn sie sich doch sehr ähneln. Patina entsteht in einer langen Zweit durch Umwelteinflüsse, Cortex scheint mit der Entehung der Feuersteinknollen oder Platten zu tun zu haben, denn auch Plattenhornstein hat eine Rinde.

Besonders schön sind ja die gebänderten Hornsteine und Feuersteine. Deren Zeichnung kann wohl auch bei der Entstehung oder später durch Umgebungseinflüsse entstanden sein?
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon Manu » 14.04.2011 12:12

Also, kann man es erst richtig beurteilen, wenn man die Feuersteinknolle aufschlägt oder wenn sie aufgeschlagen ist. Wenn aber menschliche Arbeitsspuren dran sind und es ringsherum die weisse "Patina" zeigt, dann handelt es sich um eine Patinierung. Tja, alles nicht so einfach :Dachsfrage:
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Re: Weisse Rinde der Feuersteine

Beitragvon Mark77 » 14.04.2011 12:31

Hallo Manu,

ja, das stimmt, alles nicht so einfach!

Wie bereits richtig beschrieben wurde, hat man immer angenommen, dass die weisse Rinde an Kreidefeuersteinen die umgebende Kreide wäre.
Nun, stimmt, ist nicht so. Das Material ist Opal-ct, wie es trefflich im Wikipedia-Artikel steht.

Das Weiße - oder auch andere Farben, wie z.B. bei der Moorpatina - an Artefakten ist Patinierung und stellt eine chemischen Eingriff in das Material von aussen her dar. Hierbei dringen Stoffe von Aussen in das Material ein, die abhängig vom Lagerungsmilieu und auch der Lagerungsdauer, in der Intensität und in der Farbe variieren kann. Bei der Intesität spricht man von folgenden vier Möglichkeiten: keine, schwach, stark, derifiziert (= komplett durchpatiniert).

Schöne Grüße,
Markus
Mark77
 

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