Weniger Archäologie-Interessierte?

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Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon Blattspitze » 21.02.2016 22:14

Ist es bloß ein subjektiver Eindruck?
Kann es sein, dass sich immer weniger Menschen in Deutschland für Archäologie interessieren?
Vorgeschichtsvereine leiden an Überalterung, die Museumsbesucher - Zahlen gehen ohnehin insgesamt zurück:
http://www.museumsbund.de/fileadmin/ges ... eft_68.pdf
Der Altersdurchschnitt hier im Forum dürfte auch recht hoch sein ... kann jemand dem Pessimisten Hoffnung machen?
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon hugo » 21.02.2016 22:41

Dafür nehmen leider die Zusammenschlüsse von Raubgräbern, insbesondere mit Sonden ausgestatteten, zu. Liegt das an weltfremder Gesetzgebung und mangelhafter Kommunikation?
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon FlintSource » 21.02.2016 23:58

Alle Vereine sind völlig überaltert, sogar das Konzept eines Vereins. So 19. Jahrhundert. Und versuche dann noch Mitglieder zu finden, die sich breitschlagen lassen Vorstandsfunktionen zu übernehmen. Sogar Foren sind zu statisch und nur für Personen kurz vor oder bereits jenseits des Rentenalters geeignet. Heute läuft es über kurzfristige Zusammenschlüsse auf anderen Kanälen. Aber da begrenzt sich das Engagement häufig nur auf das drücken der 'like' oder 'retweet' Button.

Übrigens machen die Museen in den Niederlanden gerade eine ungekannte Blüte durch mit teilweise zweistelligem Besucherraten-Zuwachs, auch wenn das überwiegend auf das Konto der großen Museen geht, was meistens nicht die archäologischen Museen sind. Das Rijksmuseum voor Oudheden in Leiden konnte jedoch in 2014 erstmalig die 200.000 Besuchergrenze knacken (EDIT: Aber zugegeben, die 200.000. Besucherin ist auch nicht gerade eine Jungsemesterin http://www.rmo.nl/actueel/nieuws/nieuwsarchief-vanaf-2007/2015/210000-bezoekers-in-2014 ). Etwas Hoffnung gibt es jedoch doch.

Genau zu dieser "Machtverschiebung" veranstaltet die DGUF eine Tagung in Mai: http://www.dguf.de/index.php?id=383. Die Anmeldung ist geöffnet und das CfP läuft noch bis zum 18. März.

@Hugo: Zu der tatsächlich etwas merkwürdigen Praxis in Österreich hat Raimund Karl just heute ein sehr kontroverses Konzept-Paper bei Academia.edu zur Diskussion gestellt. Da wird sich das BDA nicht freuen.
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon S. Crumbach » 22.02.2016 07:58

Es gibt sicher mehre Gründe dafür, dass Museumsvereine an Überalterung leiden.
Ich habe in Jan. 2008 in einem Artikel versucht die Idee zu diskutieren, ob es sich bei verschiedenen Aktivitäten in Bereich Living History um eine "moderne" bzw. "verjüngtere" Form der Museumsvereine handen könnten (http://chronico.de/magazin/geschichtssz ... chte-lebt/).

Mittlerweile hat sich (unter anderen mit den vielfältigen Diskussionen im Jahr 2008) einiges geändert. Beispielsweise ist die Diskussion von den Foren (normales Internet und vielfach öffentlich) in die sozialen Netzwerke abgewandert.
Dort beobachte ich zwei unterschiedliche Phänomene. Zum einen erscheint der Austausch dort unverbindlicher und anoymer, zum anderen lassen sich Diskussionen dort nur bedingt auffinden. Gruppen etc. sind vielfach geheim oder zugangsbeschränkt.

In Museumsvereinen ist eine gewisse Verbindlichkeit gefordert. Namen erscheinen in der Öffentlichkeit. Das ist mehr als ein anoymes "like". Zudem beinhaltet der Beitritt eine Positionierung. Ein Einstehen für eine Institution und unsere Wissenschaften und das scheint *Achtung persönicher Frust* sehr 19. Jahrhundert zu sein..
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon hugo » 22.02.2016 09:57

@FlintSource Dieses paper meinte ich. Raimund hat sich hier schon vorher unbeliebt gemacht, weil er als Querdenker neue Ansätze liefert und seine Habil nicht zu verhindern war.
Ich bin nicht mit allen seiner Ideen einverstanden, diskutier aber gern mit ihm.

Darüber könnten wir uns in Ergersheim unterhalten.

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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon Trebron » 22.02.2016 11:07

Ich denke, dass Museen und Museumsvereine mit entsprechenden "Mitmachaktionen" weniger Probleme haben. Ich sehe das an dem kleinen Museum in Herxheim / Landau ! da sind ständig Schulklassen mit Rundgang und Workshop`s unterwegs.
Größere Museen, die das nicht können oder wollen, dürften da weniger akzeptiert werden. Es ist eben langweilig an geschlossenen Vitrinen, die zudem für Kinder zu hoch sind, vorbei zu flanieren.
Da sind die "Freiluftmuseen" mit "lebender Historie" im Sommer klar im Vorteil.


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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon Turms Kreutzfeldt » 22.02.2016 14:00

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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon FlintMetz » 22.02.2016 18:10

Anbei das Internetverhalten, wie oft das Thema "Archäologie" geklickt wurde (Deutsch- und englischsprachiger Raum). Ich denke und hoffe, dass das Tal durchschritten ist. Aber bis jetzt war die Tendenz eindeutig...

Schöne Grüße...

Robert
(Quelle: https://www.google.de/trends/)
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon FlintSource » 22.02.2016 20:21

Und wer denkt, dass der auffällige Peak in Dezember 2010 etwas mit der spektakulären Bergung des Fürstinnengrabes von Bettelbühl ("Keltenblock") zu tun hat liegt leider falsch. Archäologie/archaeology wird in der Zeit fast ausschließlich in Zusammenhang mit World of Warcraft gegoogeld...
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon Blattspitze » 22.02.2016 20:37

Silvia: Da gibt es geheime Archäologie-Gruppen? Profis oder "Grabräuber"?
Flintsource: In dem Spiel kam Archäologie vor? Der Sohn eines Arbeitskollegen hat bei diesem Spiel schweres Suchtverhalten an den Tag gelegt und sein Studium wohl auch deshalb geschmissen ...

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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon FlintSource » 22.02.2016 20:49

Blattspitze hat geschrieben:In dem Spiel kam Archäologie vor?
---
Der Guckle-Trend ist ernüchternd.


Keine Ahnung, ich habe besseres zu tun, aber anscheinend kann man in WoW auch die Rolle von Archäologe übernehmen http://wowwiki.wikia.com/wiki/Archaeology. Der Peak war so auffällig, dass ich wissen wollte, was dahinter steckt, eine Erweiterung dieses Spiels also.

Und noch mehr spaß: Bei Google-Trends die Suchbegriffe Archäologie und Übelkeit eingeben, da kommen schön gegenläufe Kurven bei heraus, ob es da eine Korrelation gibt?
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon FlintMetz » 22.02.2016 21:07

Ahhhh - WW also! Ulfr und ich haben schon gemutmaßt, dass es der schicke Höhlenfilm gewesen sein könnte, der zu der Zeit sowohl in deutsch, als auch in Englisch in die Kinos kam. Aber scheinbar haben wir da doch zu sehr an das Gute im Menschen geglaubt :cry:

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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon ulfr » 24.02.2016 10:04

Bei einem Arbeitsgespräch auf Schloss Gottorf letzte Woche wurde dieses Thema auch angesprochen, aber in einer anderen Facette, dort wurde bemerkt, dass es immer weniger ehrenamtliche Ackergänger gibt, die neue Fundstellen entdecken UND AUCH MELDEN - Sondler gibts genug, aber nur wenige kooperieren mit den Behörden. Archäologen beklagen, dass dadurch der Archäologie der "lange Arm" ins Land verloren ginge.
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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon FlintMetz » 24.02.2016 10:10

Richtig Ulfr - Das ist besonders in Bayern deutlich zu spüren! Seit dem die Bayerischen Vorgeschichtsblätter nicht mehr sind, in denen immer die neuesten Funde der Feldbegeher mit Zeichnungen, Namensnennung der Finder usw. publiziert wurden, sehen viele keinen Sinn und keine Motivation mehr darin, ihre Funde zu melden, wenn sie überhaupt noch Suchen gehen. Traurig, aber da hat die Politik einen gewaltigen Fehlgriff mit dieser Einsparungsmaßnahme gemacht.

Schöne Grüße...

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Re: Weniger Archäologie-Interessierte?

Beitragvon S. Crumbach » 02.03.2016 12:14

Flintmetz, geheime (also nur auf Einladung verfügbare) Gruppen von Personen, die sich für archäologische Themen interessieren.

Im Prinzip also die Nachfolge dieses und ähnlicher Foren, in denen es um die Ergebnisse geht. Vielfach ist der Anreiz die Ergebnisse für den Bereich Living History nutzbar zu machen.
S. Crumbach
 

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