Ulfr, Deine Erlebnisse aus der Schulzeit sind sehr interessant, - übrigens vollständig anders als meine eigenen. Ich bin in den 70ern und Anfang der 80er in Hamburg in einem gutbürgerlichen Viertel zur Schule gegangen. Das Lehrerkollegium war ganz überwiegend linksgrün und hat das auch über Badges, Kleidung und im Unterricht offen so gezeigt. Die 1-2 Jungunionisten in der Klasse standen in jeder Hinsicht auf verlorenem Posten und waren eigentlich die einzigen, die echte Zivilcourage zeigen mussten, um zu ihren Positionen zu stehen. Die Nazi-Zeit und -Verbrechen haben wir im Deutsch-, Gemeinschaftskunde- und Geschichtsunterricht sehr, sehr intensiv durchgenommen, dafür war Urgeschichte Fehlanzeige! Ich erinnere mich sogar, das man in der Abi-Prüfung Geschichte nur die volle Punktzahl erreichen konnte, wenn man darauf hinwies, das Stauffenberg ja gar keine demokratischen Verhältnisse herstellen wollte (und man damit seinem Widerstand einen Makel anklebte, - ich schäme mich heute noch dafür). Wenn es denn überhaupt unter den älteren rechte Lehrer gab, so trauten die sich längst nicht mehr, dies irgendwie zu zeigen. Alle meine Freunde und Bekannten waren links, ich auch. Ich war auch kräftig auf allerlei Demos vertreten, als Mitläufer und weil da die Mädels waren. Da habe ich dann in den Reihen der SDAJ auch den ersten offenen Antisemiten getroffen, "Israel behandelt die Palästinenser wie die Nazis die Juden". Auch hörte ich damals Sprechchöre junger Antifaschisten "USA-SA-SS", -welch ein Hohn, wenn man heute darüber nachdenkt! "Soldaten sind Mörder!"-Da wurde ich in Hamburgs Innenstadt während einer Demo von einem britischen Touristen-Ehepaar angesprochen und um eine Übersetzung gebeten. Die guckten mich danach fassungslos an, entspannten sich dann aber als ich ihnen sagte das wohl nur deutsche Soldaten gemeint seien. Aber wir waren immer mit gutem Gefühl auf der richtigen Seite.
Mein Eindruck ist, dass unsere heutige Gesellschaft eine logische Folge dieser Zeit und dieser Generationen ist.
Edith: Gelöscht - siehe untenWas für einen Stimmanteil hatten denn bei Euch rechtsradikale Parteien, wenn es so schlimm ist?
"Deinen Vergleich ... ist imho bedenklich, denn damit relativierst Du das Nazisystem mit all seinen Auswirkungen. ... etwas revisionistisches ... . Diese katastrophale Epoche in ihrer ganzen Monströsität, ihrer Buchhalter-Todesmaschinerie und dem bürokratisierten Massenmord hat nichts gleichartiges in der Historie, und eine Auseinandersetzung damit ist nach wie vor nötig und wichtig. Dazu muss man das damalige Geschehen und handelnden Personen nicht dämonisieren, ..."Genau so eine emotionale Wortwahl dämonisiert doch die Täter und Verbrechen?
Mit dem Vorwurf muss ich dann leben. Aber wo ist jetzt die Baustelle? Vor siebzig Jahren oder heute? Für uns Freispruch?
Selbstverständlich muß man vergleichen dürfen, nur so läßt sich überhaupt einzigartiges feststellen.
Nicht das hier der (Prä-) Historikerstreit ausbricht.
Für mich sind die industriell konzipierten Gaskammern in den Vernichtungslagern das entscheidend einzigartige der NS-Verbrechen.
Es muss dennoch festgestellt werden dürfen, das die Träger roter Fahnen unter Stalin, Mao, Pol Pot etc. viel mehr Menschen umgebracht haben als die Nazis, wird das nicht mit dieser eigentlich zynischen Verbrechens-Hierarchisierung relativiert?
Mich überfällt immer das kalte Grausen, wenn ich im Bus jemand sehe, der z.B. ein Che Guevara T-shirt oder einen Mao-Badge als Mode-Assecoire trägt. Der eine ein Folterer und der andere ein Massenmörder, - aber die Portraits sind chic-links und hip, keiner denkt sich etwas dabei ...
Edith: Mein hier ursprünglich scherzhaft gegen Petersen`s Bild und keinesfalls gegen andere Gruppen gerichteteter Kommentar scheint mißverständlich/unpassend gewesen zu sein, ich lösche ihn hiermit. Anonyme Spams bitte einstellenSylvia, dazu vielleicht diese Folge (mit deutschen Untertiteln) mit einem interessanten Interview mit A. Campell zu evtl. evolutionsbegründeten Unterschieden zwischen Mann und Frau:
http://www.youtube.com/watch?v=yQqTCkKQJI0Hugo, ich denke, das die bislang dominierenden soziologischen Erklärungsmuster >"Rasse" und Geschlecht seien nur soziale Konstrukte< durch die Gegenüberstellung gezielt in Frage gestellt werden sollen. H. Eia ist übrigens studierter Soziologe!