Römer in Germanien

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Römer in Germanien

Beitragvon Albusfons » 12.05.2006 13:19

Hallo

Ich bin neu hier im Forum, denke aber das ich hier das richtige Unterforum gefunden habe. Ich suche Informationen zum Leben im Tross des römischen Reiches, aber auch allgemein zur Stellung der Hilfstruppen. Die Bücher von Junkelmann und das von Conely kenne ich bereits. Für die Osnabrücker Uni habe ich einen Bibliotheksausweis.

Ich stelle einfach mal einige der wichtigsten Fragen:

Welchen Stellenwert hatte im römischen Militär die Kavallerie?
Soweit ich weiß, bestand sie hauptsächlich aus Hilfstruppen. Dies dürfte bedeuten, dass die Mannschaften kein römisches Bürgerrecht besaßen, die Offiziere schon eher. Andererseits ist Kavallerie ja eigentilch immer eine Art "Elitetruppe", sie werden besser bezahl und ausgerüstet (einfach weil die Pferde ernährt werden müssen und die Ausbildung teuer ist). Und ich habe irgendwo auch schon etwas zu einer Römischen Kavallerie gelesen.

Wo war zwischen 4 und 0 vor Christus überall Kavallerie an der römischen Grenze zu Germanien stationiert?

Welche (feindlichen) germanischen Stämme hausten dieser gegenüber?
ich vermute Sugambrer oder Usipeter, ich weiß nur nicht, ob die schon zu dieser Zeit hier lebten und welche Haltung sie zu den Römern hatten.

Wie stellt ihr euch das Leben im Tross der römischen Armee vor?
Frauen wahren schließlich verboten, trotzdem hatten viele Soldaten "inoffiziell" welche, wie lebten diese nicht anerkannten Ehefrauen? Zu den Zeiten wo die Truppe fest stattioniert war lebten sie in Siedlungen außerhalb der Militärlager, aber wie war es auf dem Marsch? Welcher Kontakt bestand zwischen marschierender Truppe und Tross? Wie transportierten sie ihr Habe? Hatten sie eine Form von Wagen mit, oder nutzten sie nur Maultiere?

Aus welchem Grund kamen Arminius und andere Fürstensöhne nach Rom?
Waren sie Geiseln, die die Ruhe der germanischen Stammesführer sicherstellen sollten, waren sie Gesandte der Germanen, welche die römischen Lebensverhältnisse kennenlernen sollten, war es eine Form des einseitigen "Schüleraustausches" bei der die Römer versuchten den Nichtrömern römische Kultur zu vermitteln?

Welcher Besitz ist einem römischen Soldaten oder einem hilfstruppen Soldaten erlaubt?
Darf er Sklaven besitzen, oder muss er sie gleich wieder verkaufen, da diese eh nicht im Lager bleiben konnten? Hatte er das Vermögen seiner "inoffiziellen" Frau einen Wagen zu kaufen und sie zu versorgen, oder musste sie dieses selber tun? Wie steht es hier mit den Offizieren, welche Dienstränge besaßen ein eigenes Zelt und war es ihnen gestattet sich Dienstpersonal zu halten?

Was gibt es an Hinweisen darauf wie Varus mit den Germanen umgegangen ist und gab es vor der Varusschlacht schon Auseinandersetzungen mit den Germanen?
Albusfons
 

Beitragvon Nika E.S. » 12.05.2006 13:28

:wink: Recht viel andere Antworten als im Archaeologieforum.at wirst du hier auch nicht bekommen... Aber trotzdem viel Glück. :razz:
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Beitragvon Hans T. » 12.05.2006 13:55

Ich verstehe teilweise etwas schwer den Sinn deiner Fragen. Was ist das Ziel? Was bedeutet 'Stellenwert'? Ich befürchte, die versuchst eine Bewertung zu finden, ohne die Fakten zu kennen. Was ist eigentlich dein Ziel? Ein Referat ?

Zur Auxiliar-Kavallerie. Nachdem du ausdrücklich von Auxiliar-Einheiten sprichst, nehme ich an, du meinst die Kaiserzeit. Ab ca Ende des 1.Jahrhunderts waren die Kavallerieeinheiten tatsächlich die Einheiten, die am besten bezahlt waren. Sie waren die zentralen Einheiten für 'policing the border', also hochmobile Grenzschutzeinheiten. Die meisten Einheiten waren aber gemischte Einheiten, also Fusstruppen UND berittene Truppen. Und es gab unterschiedlich grosse Einheiten, zu 500 Mann und zu 1000 Mann. Gib mal "cohors equitata" in Google ein, viel Spass.

Die Bezeichnung 'Auxiliareinheit' bedeutet keinen geringeren Stellenwert. Das geht einfach aus den Köpfen der Leute (und Reenacter) nicht raus. Liegt auch an der blöden Übersetzung 'Hilfstruppe'- nichts ist falscher. Eine unterstützende oder ergänzende Einheit hat nicht per se einen geringeren Stellenwert. Diese Vorstellung löst sofort wieder falsche Bilder aus, mit geringwertigerer Ausstattung etc. Auch das ist schlicht falsch.

Es war schlicht eine Organisationsform, eine Militäreinheit, die bestimmte Aufgaben zu erledigen hatte. Oder wie ich mal gelesen hatte, "die Legionen eroberten das Reich, die Auxiliare sicherten die Grenzen". Was so auch wieder nicht alleinglückseligmachend ist, denn die Legionen hatten keine Kavallerie und Auxiliare waren bei allen Feldzügen dabei.

Stationierung zwischen 4 und O:
Abgesehen davon, dass es kein Jahr O gibt, gabs da auch noch keine Auxiliare im späteren Sinn. Augustus war da grad erst dabei, diese Organisationsform zu etablieren. Bei Cäsar gabs natürlich Kavallerie, meist gallische Reiter, aber das war noch etwa unstrukturiert. Und es gab zu diesem Zeitpunkt auch keine Grenze mit Stationierungspunkten. Eine echte Grenze mit organisierten Stützpunkten gabs erst am Limes.

Stämme, die gegenüber hausten. Aha, die Germanen hausten also :wink: . Siehe oben.

Das Leben im Tross
Zu jedem festen Militärlager gab es daneben den 'Vicus', das Lagerdorf. Dort fand das zivile Leben statt, mit Frauen etc. Lass dich nicht von den Begriffen verwirren. Das Heiratsverbot galt nur formell nach römischen Recht.

Arminius in Rom
Da streiten die Gelehrten drüber, was er da sollte.

Besitz
Es gab keine Beschränkungen, soweit ich das weiss. Mir ist da nix bekannt, aber das heisst nix.

Auseinandersetzungen vor Varus
Na, im gallischen Krieg. So ging der doch los, wg. Ärger mit den Germanen. Sagt Cäsar. Er hat die Gallier ja vor den Angriffen der Germanen geschützt. ( Die Unterstellung, die Germanen hätten Massenvernichtungswaffen, auf die Idee ist er allerdings nicht gekommen. Die Idee hatte jemand anders, etwas später).

Hans
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Beitragvon Albusfons » 12.05.2006 14:53

Ok ersteinmal das Ziel meiner Fragen. Ich habe das Angebot bekommen einen Roman zur Varusschlacht zu schreiben, dafür fehlt mir aber leider an vielen Stellen das Wissen, darum meine Fragen.

1. Kavallerie: Mir ging es nun darum, welche "Rangstufe" diese Kavallerie innerhalb der römischen Hierarchie hatte. Hilftruppen mögen keine minderwertigen Truppenkörper gewesen sein, doch hatten ihre Mitglieder zum Großteil kein römisches Bürgerrecht und zumindest teilweise schlechtere Bezahlung. Daher wollte ich wissen ob die Kavallerie als soetwas wie eine Elitetruppe galt und höheres Ansehen genoß (wie in späterer Zeit). Wenn die Auxiliartruppen zwischen 4 v. und dann eben 1 v. Chr. erst im entstehen begriffen waren, was für eine Kavallerie wurde denn dann von Tiberius eingesetzt? Gallische?

2. Lager: Du sagst vor dem Limes gab es noch keine richtigen Militärlager, aber Germanien war doch bis zur Elbe "erobert", dieser Zustand ist doch sicher durch römische Besatzungstruppen an strategisch wichtigen Punkten gehalten worden. Und diese Truppen werden auch befestigte (meinetwegen Erd-befestigte) Lager gehabt haben. So weit ich weiß gab es schon zur Zeit von Drussus befestigte Lager an der Rehinmündung von Flüssen die ins innere Germaniens führten.

3. Stämme, siehe 2

4. Tross: diesen Vicus gab es also auch auf dem Marsch? Eine größerer Teil des Tross wird die römische Armee immer begleitet haben, vor allem wenn es sich nicht um einen Feldzug handelte, lebten diese Menschen dann außerhalb des Lagers? und wie sah ihr Leben aus, ich kann mir nicht vorstellen, dass die römische Militäradministration die vielen Frauen und Kinder mit durchfütterte und einplante, die offiziell ja verboten waren. Sie mussten sich also irgendwie selber mit Nahrung versorgen. Die Rationen der Soldaten waren sicher auch nicht so groß, dass die Soldaten ihre Frauen durchfüttern konnten, daraus schließe ich das die Frauen arbeiteten, ein großteil der Arbeit wurde aber soweit ich weiß bereits von "proffessionellen" Angestellten der Armee übernommen, was blieb dann noch für die Frauen der Soldaten (oder reichte der Sold ihrer Männer aus um sie durchzufüttern?)

5. Arminius: ärgerlich aber lässt sich wohl nichts machen, gibt es dazu keine römischen Quelle?

6. Besitz: geklärt

7. Auseinandersetzungen: ich meine jetzt zwischen 4 und 1 v.Chr., also nach den Feldzügen des Tiberius

edit1.: ich vermute alles lässt sich hier eh nicht klären, darum stell ich schon einmal die nächste Frage:

Welche Transportmittel benutzte der Tross? Aus Kalkriese weiß ich, dass viele Maultiere im Einsatz waren, Waren wurden in größeren Kisten (so 1 m. länge) transportiert. Ich überlege ob der Tross neben den Maultieren auch Wagen benutzte. (Für schweres Belagerungsgerät dürfte es keine Alternative gegeben haben, aber wie steht es mit den leichten Geschützen wie Skorpionen und so, die kann man sicher auch auf nem Maultier transportieren, Wagen machen den Tross nur noch langsamer und die Wege müssen besser ausgebaut werden.)

Auf welche Weise wurden wichtige Gefangene transportiert (von Sklaven und Kriegsgefangenen gibt es ja diverse Bilder, wie sie in Ketten in Reihen hintereinander durch die Gegend gejagt werden, aber wie ist es mit Gefangenen, die man noch am Leben braucht, weil sie noch ein paar wichtige Fragen beantworten sollen?)

Ab wann wurden die Prätorianer für verdeckte Unternehmungen oder als Art Geheimpolizei verwendet? (oder gab es die hier noch nicht)

Was ist mit den Elitetruppen der Singulares, gab es diese schon vor der Varusschlacht?
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Re: Römer in Germanien

Beitragvon Chris » 12.05.2006 17:06

Albusfons hat geschrieben:Die Bücher von Junkelmann und das von Conely kenne ich bereits. Für die Osnabrücker Uni habe ich einen Bibliotheksausweis.


Ganz ehrlich:
Nutze den Bibliotheksausweis und schau Dich bei der Fernleihe um (geht auch im Internet).
Es gibt jede Menge Literatur zum Thema römisches Militär, zu diversen Spezialfragen gibt es Dissertationen. Und alles über die Fernleihe, manches auch direkt als pdf im Netz.

Wenn Du einen Roman zum Thema Varusschlacht schreiben möchtest, sollte die Recherche schon verdammt gründlich sein - schlechte "Römer-Romane" gibts schon genug....

P.S.: Warst Du schon in den Museen in
- Kalkriese ??
- Haltern ??
- Herne ??
- Bonn ??
- Neuss ??
- Xanten ??
- Aalen ??
- Saalburg ??
- usw.
Me transmitte sursum, Caledoni!
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Beitragvon Albusfons » 12.05.2006 18:08

in den meisten war ich bereits.

Zu Büchern, welche Titel sind den da zu empfehlen?

Ich möchte das Buch aus der Sicht einer Person im Tross der Armee schreiben, beginnend 4 v. Chr. enden 9 n. Chr..
Soweit ich weiß fällt in diese Zeit der Aufbau der Auxiliartruppen zu regulären Einheiten und der Ausbau der Stellungen im besetzten Germanien. Wenn ihr zu diesen Themen Publikationen kennt, wäre es nett, die Titel einmal aufzuschreiben.

Mit der Fernleihe der Bibliothek komm ich leider nicht so recht zurecht, gibt es dafür eine gute Einführung? In der Kurzeinführung wird nichts erwähnt.

ps.: Chris, was verstehst du unter einem schlechten Römerroman, einen Roman der gegen bewiesene Fakten verstößt oder einen des Hintergründe nicht belegbar, aber auch nicht wiederlegbar sind? Ich habe für den Plot nur 9 Tage Zeit, darum kann ich mir hier nicht so viel Recherche, vor allem Zeitaufwendige leisten. Ich poste in jedem Archäologieforum, das ich gefunden habe und hoffe so recht schnell an wichtige Informationen heran zu kommen, zu mehr, vor allem zu Museumsbesuchen fehlt mir vorerst die Zeit.
Albusfons
 

Beitragvon Hans T. » 12.05.2006 22:55

9 Tage Zeit, viel Spass. Römische Geschichte, römisches Heerwesen in 9 Tagen. Plus Interpretationen von Dingen, die weder die Geschichtsschreibung noch die Archäologie hergeben. Ich will dich jetzt wirklich nicht mit Definitionsfragen langweilen oder mit Diskussionen, ob mobiles Tageslager oder ein hölzernes Sommerlager was mit 'Grenzen' zu tun hat. 'Grenzen' kannte das Römische Reich so nicht, bis eben zum Limes. Viele Fragen sind da schlicht offen. Viele deiner gewünschten Details weiss man auch gar nicht.

Die Frage wie sich ein Feldzug organisierte, ist auf viele Vermutungen angewiesen. Besorg dir am besten die Beschreibungen von Flavius Josephus zum jüdischen Feldzug und arbeite da was heraus.

Dazu noch alle Publikationen, die du zum Thema Kalkriese zusammenbekommst.

Zur Organisation der Armee kann ich dir The Roman Army. A Sourcebook, von Brian Campell empfehlen, eine Kompilation von Originaltexten, die sich ausgezeichnet für deine Fragestellung eignen.
Eine gute Monographie zur Organisation des Heeres, Taktik etc ist
Die römische Armee von Yann Le Bohec, die du in jeder guten Bibliothek finden solltest.

Viel Spass.

Hans
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Beitragvon Baerbel Hammes » 13.05.2006 15:12

Hi Albusfons,

vielleicht von mir ein paar Brocken (nicht mehr) aber Stichworte, die weiterhelfen können:

Lager:
Wenn's um die Entwicklung bis 9 n. Chr. geht, guck mal nach folgenden Lagern:

Lippelager: Haltern, Oberaden, Holsterhausen, Beckinghausen, Anreppen (wurden wohl nach der Varusschlacht in Mitleidenschaft gezogen und 16 n. Chr. aufgegeben)

Hessen: Rödgen (sicher vor 9 n. Chr.); bei den anderen Lagern ist die Datierung unsicher
Höchst interessant im Zusammenhang mit der Politik bis 9 n. Chr. ist Waldgirmes (!!!!), von dem vermutet wird, dass sich hier die geplante spätere Provinzhauptstadt des rechtsrheinischen Germaniens im Aufbau befand.

Literatur gibt's in diversen Bänden zur Limesforschung (alles ältere Literatur)
z. B. Schönberger,H./ Simon, H.-G.: Römerlager Rödgen, Limesforschung 15, Berlin 1936

Zu Oberaden habe ich noch hiernoch eine Angabe: Albrecht, Chr. (Hrsg.) Das Römerlager Oberaden. Veröffentl. aus dem Städt. Mus. Vor- u. Grühgesch. Dortmund 2,2. Dortmund 1942

Hast Du "Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer", die diversen "Die Römer in ..." (Rheinland-Pfalz, Hessen usw.), "Römische Provinzen" von Fischer usw.??? - Wenn nicht, schnellstens beschaffen! Grundlagenliteratur!
Von da einfach über die Literaturangaben ins Spezielle gehen.
Die Saalburgjahrbücher könnten auch was abwerfen.

Tross von 9. v. Chr.:
Maultiere mit dem zusätzlichen Gepäck der Soldaten, (ich meine mich zu erinnern, dass jede "Stube" à 8 Soldaten ein Maultier hatte - "Römer" bitte helfen, wenn ich mich irre)
Wagen bestimmt auch, Ochsen oder Pferde als Zugtiere; evt. für/von Varus und höheren Offizieren
Handwerker, Landvermesser, Ärzte usw. die zur Armee gehörten.
Zusätzlich Händler aller Art, vereinzelt auch Frauen (es gibt in Kalkriese einzelne Funde, die auf Frauen im Tross schließen). Aber nicht jeder kleine Legionär wird sich seine Gespielin mitgenommen haben.
Schweres Belagerungsgerät??? - Nope, sicher nicht. Varus war nicht auf Kriegszug, sondern zur "Inspektion" der - wie er meinte - "Fastprovinz" und "Repräsentation" unterwegs. Er wollte den Germanen die "römische Zivilisation" in Form von Gerichtsbarkeit näher bringen und Steuererhebungen vorbereiten. Er glaubte, sich im befriedeten Regionen zu befinden.
Da stellt sich sogar die Frage, ob überhaupt Geschütze (Skorpione und so) dabei waren.

So, ich hoffe, Du kannst mit den "Brocken" was anfangen.

Grüße
Bärbel
Baerbel Hammes
 

Beitragvon Albusfons » 13.05.2006 15:48

So ich habe dann jetzt schon eine ganz ansehnliche Bücherliste zusammen, zumindest zur Organisation des Heeres, ich hoffe darin inbegriffen ist auch die Versorgung vom Tross. Was ich umbedingt brauche sind Materialien zur Umgestaltung der Hilfstruppen.

Caesar hatte ja eine Form von Bündniss- oder Söldnerreiterei. Ich vermute diese Gallischen und Germanischen Reiter hatten ihre Ausrüstung von Zuhause mitgebracht, kannten die eigenen Formationen und Taktiken und wurden von ihren eigenen Offizieren angeführt. Die Armee des Kaiserreiches hatte dann aber hauptsächlich standartisierte Auxiliartruppen mit römischer Ausrüstung, Ausbildung und Offizieren.

Diese Umstrukturierung des Hilfstruppenapparates dürfte doch irgendwann um die Zeitenwende stattgefunden haben. Gibt es Inforamtionen darüber, wie dieser Prozess abgelaufen ist?
Zu den Hilfstruppen im und am Rand des begrenzten Germaniens. Soweit ich weiß hatten die Römer bislang lediglich gallische und germanische Kavallerie. in der Besetzen Region dürfte Kavallerie eine große Rolle gespielt haben um kleinere Unruheherde schnell auszuschalten. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie her germanische Reiter einsetzten. Vor allem in den Aufstandsjahren 1-6 wird man sicher einen großen Bedarf an Reiterei gehabt haben. Hier halte ich den Einsatz von germanischen Reitern für recht gefährlich (die setzte man dann vielleicht in Pannonien ein), bleiben also die Gallischen. Die waren nun ja auch bereits eine ganze Weile in römischen Diensten. Welches Maß an römischer Organisation, Dispziplin und so weiter darf man hier erwarten?

Noch einmal zum Tross:
Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich in der Nahrungsmittelversorgung von mitziehenden Soldatenfrauen und Kindern ein gewisses Problem sehe. Bei Offizieren vielleicht weniger aber ich denke auch einige einfache Soldaten hatten Frauen mit. Dann wird es sicher auch einige Prostituierte gegeben haben. Wie versorgten die sich, gab es im Tross ganz normale Nahrungsmittelhändler? Aber um sich etwas zu kaufen braucht man Geld, darum stellt sich die Frage ob der Sold eines Legonärs ausreichte um Frau und Kind zu versorgen.
Nun zu den Berufen im Tross: Ich weiß dass der Tross Schuster dabei hatte, dann gab es mit Sicherheit auch Schmiede und Ärzte, eventuell auch Sklavenaufkäufer und alle möglichen Leute die von den Plünderungen lebten. Bäcker hingegen wird man weniger gebraucht haben, das machten die Soldaten selber, genauso wie Holzarbeiten. Was fallen euch noch für übliche Trossberufe ein?


Ein großes Lob an dieses Forum, in den anderen wird entweder kaum geantwortet oder man sagt mir das es sich um interessante Fragen handelt, die man aber leider auch nicht beantworten kann.
Albusfons
 

Beitragvon Hans T. » 13.05.2006 16:48

man sagt mir das es sich um interessante Fragen handelt, die man aber leider auch nicht beantworten kann.


Weil die Antworten höchst spekulativ sind. Die Geschichtsforschung kennt schriftliche Quellen, bildliche Quellen und archäologische Funde und Befunde. Die gilt es zu interpretieren. Wissenschaft muss sich ausschließlich an Fakten orientieren. Und die Quellen sind bzgl. deiner Fragen sehr lückenhaft. Beispiel Varusschlacht. Es gibt eine kleine handvoll Texte, die nicht mal den Ort so angeben, dass dieser identifiziert werden kann. Alles weitere liegt in Kalkriese. Schau dir die Funde an, es gibt einen guten Katalog und sehr gute Publikationen dazu.

H.
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Beitragvon Baerbel Hammes » 13.05.2006 16:53

Hi Albusfons,

so dann mal auf ein Neues.
(Habe gesehen, dass Du noch ein etwas "jüngeres" Semester bist und Dich mit wissenschaftlichem Arbeiten auf Uniniveau noch nicht auskennst, so brauchst Du sicher mehr Infos als "alte Hasen". ::wink:)

Albusfons hat geschrieben:... Was ich umbedingt brauche sind Materialien zur Umgestaltung der Hilfstruppen.


Da bin ich jetzt auch nicht so die Spezialistin - Militär interessiert mich nie so wirklich.

Albusfons hat geschrieben:Caesar hatte ja eine Form von Bündniss- oder Söldnerreiterei. Ich vermute diese Gallischen und Germanischen Reiter hatten ihre Ausrüstung von Zuhause mitgebracht, kannten die eigenen Formationen und Taktiken und wurden von ihren eigenen Offizieren angeführt. Die Armee des Kaiserreiches hatte dann aber hauptsächlich standartisierte Auxiliartruppen mit römischer Ausrüstung, Ausbildung und Offizieren.


Die Hilfstruppen haben mit ziemlicher Sicherheit ihre Ausrüstungen "von Zuhause" mitgebracht ... auch später noch. Insgesamt darfst Du Dir die Römischen Truppen nicht besonders "uniform" vorstellen - auch die Legionen nicht. - Hans wird da bestimmt was zu sagen können, ...oder Hans? ::wink:

Albusfons hat geschrieben:...Hier halte ich den Einsatz von germanischen Reitern für recht gefährlich (die setzte man dann vielleicht in Pannonien ein), bleiben also die Gallischen. Die waren nun ja auch bereits eine ganze Weile in römischen Diensten. Welches Maß an römischer Organisation, Dispziplin und so weiter darf man hier erwarten?


...ähmm - Varus setzte germanische Hilfstruppen ein :!: - mit Arminius (der ja röm. Bürgerrecht hatte und "Ritter" war) als Kommandanten - und das WAR gefährlich :twisted: - was der gute Varus halt nur zu spät herausfand :thefinger: (wie Du vielleicht merkst, mag ich die 'ömer nicht besonders :wink: ) - ne, im Ernst, es war jetzt nicht sooo gefährlich, Germanen einzusetzen, da es ein sicher nicht kleiner Teil der germanischen Oberschicht romfreundlich war - siehe Varus' Bruder und Schwiegervater

Albusfons hat geschrieben:Noch einmal zum Tross:
Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich in der Nahrungsmittelversorgung von mitziehenden Soldatenfrauen und Kindern ein gewisses Problem sehe. Bei Offizieren vielleicht weniger aber ich denke auch einige einfache Soldaten hatten Frauen mit. Dann wird es sicher auch einige Prostituierte gegeben haben. Wie versorgten die sich, gab es im Tross ganz normale Nahrungsmittelhändler? Aber um sich etwas zu kaufen braucht man Geld, darum stellt sich die Frage ob der Sold eines Legonärs ausreichte um Frau und Kind zu versorgen.
Nun zu den Berufen im Tross: Ich weiß dass der Tross Schuster dabei hatte, dann gab es mit Sicherheit auch Schmiede und Ärzte, eventuell auch Sklavenaufkäufer und alle möglichen Leute die von den Plünderungen lebten. Bäcker hingegen wird man weniger gebraucht haben, das machten die Soldaten selber, genauso wie Holzarbeiten. Was fallen euch noch für übliche Trossberufe ein?


Der Tross scheint Dir ja wirklich Kopfzerbrechen zu bereiten.
Also:
Ich glaube kaum, dass 15.000 Legionäre ihre Gespielinnen mit Nachwuchs mit "auf Dienstreise" nahmen. Es wird einige Frauen im Tross gegeben haben, aber sicher nicht zu viele. Einige Frauen von Offizieren, Prostituierte und so ja, aber die meisten "Frauen" der einfachen Soldaten werden mit dem Nachwuchs schön in den Canabae der Rheinlager geblieben sein. Die hatten sicher Wichtigeres zu tun als den Sommer durch Germanien zu latschen. (Schließlich war ja geplant, dass die Jungs im Herbst wieder zurück sind.)

Versorgung? Nun ja, Händler, die mit im Tross waren und evt. während des Sommers auch an und abreisten - evt. geregelter Nachschub vom Rhein entlang der Lager an der Lippe?
Evt. könnte der Nachschub auch per Schiff über Elbe und Weser erfolgt sein. (Es gibt in Bentumersiel ein "Emporium", dass wahrscheinlich für die Versorgung der Römischen Truppen in Innergermanien zuständig war - weiß jetzt auf Anhieb aber nicht mehr, ob bereits um 9 n. Chr. oder erst bei den Feldzügen des Germanicus.)
Wahrscheinlich auch teilweise "Versorgung vor Ort" à la "Der Statthalter kommt, bringt mal Getreide und Vieh!" (mit oder ohne Bezahlung) (hat Caesar z. B. auch so gemacht)

Sklavenaufkäufer? Vereinzelt vielleicht - aber das war wie gesagt kein Kriegszug (da darfst Du Dich nicht an Caesar oder Flavius Josephus orientieren). Bei Varus' "Dienstreise" im Sommer 9 n. war für sie kein großer Nachschub an "Ware" zu erwarten.

Leute, die von Plünderungen lebten? Nope, bestimmt nicht. Varus wollte nicht Plündern, sondern "die Römische Ordnung" bringen. Da wären Plünderungen wohl eher kontraproduktiv gewesen. ::P

Insgesamt glaub ich, dass Du das Ganze etwas "ziviler" sehen solltest - trotz der 3 Legionen und 3 Alen und 6 Cohorten. Die waren nicht mit "Kampfauftrag" unterwegs, sondern vielleicht eher zur "symbolischen Unterstützung" :razz: des "Zivilisierungs- und Eingliederungsversuchs", der Varus so vorschwebte. :razz: - Die letzten Jahre vor der Variana waren recht friedlich gewesen und die Romanisierungsbemühungen im Rechtsrheinischen waren voll im Gang. (Nochmal: Informiere Dich mal über Waldgirmes. Gute Infos gibst sogar im Internet.)
Varus ahnte nichts Böses (obwohl er gewarnt worden war) als er sich auf dem Heimweg an den Rhein machte. - Nur so konnte die Falle zuschnappen.

Ähmm - noch ne Frage: die 9 Tage sind doch wohl nur für nen groben Plot gedacht, oder?
Das heißt, dass Du noch danach ausreichend Zeit hast, in die Details einzusteigen, oder?

Grüße
Bärbel
Baerbel Hammes
 

Beitragvon Baerbel Hammes » 13.05.2006 17:31

Nachtrag:

Mit "recht friedlich" meinte ich jetzt die Verhältnisse zwischen Rhein und Elbe - die 'ömer waren ja ab 6 n. Chr. Richtung Osten gegen die Markomannen unter Marbod unterwegs. (Dazu ist das Lager in Marktbreit, Unterfranken recht interessant.)

Grüße
Bärbel
Baerbel Hammes
 

Beitragvon Albusfons » 13.05.2006 19:04

@ Baerbel die jetzt leider nur noch 8 Tage sind hoffentlich für einen groben Plott gedacht. Zu meinem Interesse am Tross, ich möchte die Geschichte aus Sicht eines Germanischen Jungen schreiben, der, aufgenommen von einem römischen Offizier, im Tross aufwächst und als nicht Kombatant die ganze Geschichte erlebt. Romane zur Varusschlacht aus Sicht von Soldaten (ob nun Germanen oder Römer) gibt es schließlich genug.


Bei den Auxiliartruppen ging es mir vor allem um die Zeit zwischen 1 und 4, also während der "Unruhen" unter Ahenobarbus und der Beseitigung in den nächsten zwei Jahren durch Tiberius. Haben die Römer da wirklich germanische Kavallerie eingesetzt um germanische Aufstände niederzuschlagen?

Das mit dem Tross erscheint einleuchtend, also weitgehend keine Frauen und Kinder (ab welchem Dienstrang hatte ein Offizier eigentlich ein eigenes Zelt, so dass er Frau und Kind in diesem unterbringen konnte?) Zum Handwerk habe ich gelesen, dass die Legionäre teilweise zum Schmied ausgebildet worden waren, fallen also auch Schmiede im Tross weg. Damit bleiben also ersteinmal nur Händler, Schuster und Ärtzte übrig.
Albusfons
 

Beitragvon Hans T. » 13.05.2006 21:10

Haben die Römer da wirklich germanische Kavallerie eingesetzt um germanische Aufstände niederzuschlagen?


Klar doch. Varus hatte sie ja dabei. Auch Cäsar hatte gallische Reiterei dabei. 'Die' Germanen als ganzes sind ein Sinnbild des 19.Jhd. als es um die Schaffung eines Nationalbildes ging, so wie ebenso die Gallier in Frankreich als nationales Vorbild benutzt wurden. Die Jungs und Mädels damals haben das aber so nicht gesehen. Die haben teilweise wohl nicht mal den Begriff 'Germanen' als stammesübergreifenden Begriff gekannt. Der Begriff 'Germanien' ist eine römische Setzung.

H.
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Beitragvon Albusfons » 13.05.2006 23:00

Ab welchem Zeitpunkt wurde denn die Kavallerie vereinheitlicht? So weit ich weiß hatte die Kavallerie in späterer Zeit "genormten" Zuschnitt? (Also gliederung in Alae und Turmae, römische Offiziere, gestellte Ausrüstung und so weiter.)

In dem Buch: "Die Germanen Geschichte und Kultur von A bis Z" von Hansferdinand Döbler heißt es "das in der Varusschlacht die flüchtenden Reste des geschlagenen Heeres und die Frauen und Kinder aufnahm" (Seite 130, 4 Absatz), daraus kann man denke ich durchaus schließen, dass die Zahl der Frauen und Kinder größer gewesen sein muss, demzurfolge schienen auch eine ganze Menge Soldaten und nicht nur die Offiziere ihre Familie mitzunehmen.
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