Neandertaler trugen Kleidung

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Neandertaler trugen Kleidung

Beitragvon ulfr » 06.07.2009 10:00

Bent Sørensen hat den Energieumsatz der Eem-zeitlichen Neandertaler untersucht und festgestellt, dass diese eine eng anliegende funktionale Kleidung getragen haben müssen:

http://www.sciencedirect.com/science?_o ... e4cf062f2a
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Beitragvon hunasiensis » 06.07.2009 19:41

Jetzt wär es halt interessant zu wissen, wie der Autor den Energiehaushalt der N. misst. Mal schauen, vielleicht kommen wir irgendwie an den ganze Artikel.

Kleidung war wohl auch für die N. unverzichtbar; selbst im warmen Eem gab es Winter.

Überhaupt fände ich es mal sinnvoll zu hinterfragen, worauf die These beruht, dass die N. so sehr kälteresistent waren. Die Begründungen, sie hätten ja so und so viel Eiszeiten überlebt, Bergmannsche und Allensche Regel etc., sind mir zu undifferenziert.

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Beitragvon Thomas Trauner » 07.07.2009 11:16

Im Top-Nachrichtenblatt für Archäologie, dem Spiegel, wird die Veröffentlichung auch kurz vorgestellt.
Danach der Satz: "Funde der Mode des Neandertalers aus der Nähe von Stuttgart unterstützen diese These".

Aha.

Weiß jemand mehr über diese Funde ?

Wg. der "Kälteresistenz". Nach allem was dazu im Kopf habe, wurde immer wieder Bezug auf die Inuit genommen. "Gleicher" Körperbau, flache Nase, wobei dabei die eingeatmete Luft erwärmt wird, relativ günstiges Verhältnis Gewicht zur Körperoberfläche etc. etc., also letztlich immer nur der Verweis auf die Bergmannsche und Allensche Regel (Vergrößerung und Ausbildung des günstigen Verhältnis Gewicht/Oberfläche des endothermen Individuums, Ausbildung relativ kurzer Gliedmaßen)

Andererseits wüßte ich jetzt aber auch kein wirklich vehement vorgetragenes Gegenargument bezüglich der Kleidung. Außer der Meinung mancher Arch., dass dazu unbedingt eine Nähnadel notwendig sei....

Thomas
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Beitragvon ulfr » 08.07.2009 09:12

Über die "Stuttgarter Funde" habe ich auch schon nachgegrübelt, weiß aber auch nicht genau, was gemeint sein könnte. Mir bekannt sind Bärenknochen mit Schnittspuren, die darauf deuten, dass die Bären gehäutet wurden, aber die stammen aus Taubach (bei Weimar). Blöderweise ist der Artikel nicht vollständig einsehbar, ich versuche mal dran zu kommen, vielleicht steht darin mehr dazu oder in der Literaturliste.

"Nähen" geht auch sehr gut ohne Nähnadel mit einem Knochenpfriem: Loch vorstechen, Näh"garn" - Lederschnur, Darm, Rohhautstreifen, Sehne - "durchpfriemeln", festziehen, Loch vorstechen .....
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Beitragvon Claudia » 08.07.2009 12:24

ulfr hat geschrieben:"Nähen" geht auch sehr gut ohne Nähnadel mit einem Knochenpfriem: Loch vorstechen, Näh"garn" - Lederschnur, Darm, Rohhautstreifen, Sehne - "durchpfriemeln", festziehen, Loch vorstechen .....

Genauso habe ich das beim Durchfädeln der Taillenschnur aus Leder an meinem (germanischen) Huldremose-Rock gemacht. Man muß nur die Lederschnur etwas schräg anschneiden, schon geht das prima.
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Beitragvon Hans T. » 08.07.2009 16:16

Unser ganzer Neandertaler ist mit solch gefertigter Kleidung gekleidet. Und weil er eben so komplett bekleidet ist, haben wir auch so ein Interesse an Belegen und weiteren Untermauerungen unserer Darstellung....

H
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Beitragvon LS » 09.07.2009 14:20

Lithic remains from the Eem include awl-like points suited for making holes in skin material (found e.g. at the Stuttgart-Untertürkheim site; (Wenzel 2007) as well as knife-like blades suited for cutting strips of animal skin, that could be inserted and weaved through the holes, in order to convert plain furs into fitting clothes.

S. Wenzel, Neanderthal presence and behaviour in Central and Northwestern Europe during MIS 5e. In: F. Sirocko, M. Claussen, M. Goñi and T. Litt, Editors, The Climate of Past Interglacials, Developments in Quaternary Sciences vol. 7, Elsevier (2007), pp. 173?193.

Schöne Grüße,
Leif.
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Beitragvon ulfr » 10.07.2009 11:34

Merci, Leif!
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Beitragvon Blattspitze » 11.07.2009 00:29

Jo, danke Leif.

Hier noch:
http://www.ipa.min-cultura.pt/pubs/TA/f ... 46-271.pdf

In diesem Artikel sind neben Aurignacien- Ahlen reihenweise Pfrieme des Chatelperroniens das Thema. Das Chatelperronien wird meines Wissens dem HSN zugewiesen ...
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Beitragvon hunasiensis » 11.07.2009 11:12

Danke, Marquardt, für d'Erricos Ahlen-Artikel.
Ja, Chatelperronien ist mit dem HSN vergesellschaftet. Das ist allerdings 70 000 Jahre später als dass Eem.

Danke, Leif, für das Zitat.
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