Neandertaler vertrugen keine Milch

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Neandertaler vertrugen keine Milch

Beitragvon ulfr » 21.04.2009 09:02

Wissenschaftler der Uni Leipzig haben herausgefunden, dass Neandertaler wie viele heutige Menschen im Erwachsenenalter keine Milch vetrugen:

http://www.welt.de/die-welt/article3395 ... dauen.html

Außerdem brachten Neandertaler-Frauen ihre Kinder ebenfalls unter Schmerzen zur Welt, das ergaben Untersuchungen der Beckenanatomie:

http://www.wissenschaft.de/wissenschaft ... 02677.html
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Beitragvon Thomas Trauner » 22.04.2009 08:10

Hätte ihnen wohl auch nicht viel genutzt, den Neanderthalern. Ich weiß nicht, ob sich Mammutweibchen melken lassen... :D

Im Welt-Artikel erscheint wieder ein Zitat, dass mich nachdenklich macht:

""Europäer haben vor 10 000 Jahren angefangen, Milchkühe zu züchten", erklärte Krause. Hierdurch habe sich allmählich das Lactase-Gen so verändert, dass es heute noch bei Erwachsenen in Europa aktiv ist. dpa"

Entweder verstehe ich es wieder falsch, will es falsch verstehen oder es ist mittlerweile wirklich ein "pet-hate" von mir, aber Sätze, aus denen der Eindruck entsteht, die Gene ändern sich aufgrund von "äußeren Umständen", sondern eben nicht zufällig, tauchen, trotz Darwin-Jahr, immer wieder auf.
Ich will es wirklich nicht übertreiben, aber sowas trägt nicht dazu bei, ein zumindest grundsätzliches Verständnis für die Mechanismen der Evolution zu wecken.

Genug der Journalistenschelde.

Danke fürs ein Einstellen, ulfr

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Beitragvon hunasiensis » 22.04.2009 19:30

Tja, Thomas, Lamarck hat sich halt so richtig festgesetzt, und da kann man nur hoffen, dass sich durch das Darwin-Jahr bei einigen wenigen was ändert.

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Beitragvon ulfr » 22.04.2009 19:47

Wenn sich aber doch, wie aus dieser Studie über Mütter und ihre Töchter aus dem holländischen Hungerwinter hervorgehen soll, durch extreme Erlebnisse/Mangelernährung Gene innerhalb einer Generation an- und ausschalten lassen ...?

Oder hab ICH da was falsch verstanden (Epigenetik, Methylierung, z.B. http://www.geo.de/GEO/mensch/medizin/53101.html)

???

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Beitragvon Thomas Trauner » 23.04.2009 08:29

Hmmm. Umwelt schädigt Erbgut, klar. Mangelernährung oder regelhafte Aufnahme von Giften führt zu Veränderungen. Das ist ja genau die Lücke, in die diejenigen stoßen, die den "Homo Florensis" als krankhaft veränderten Homo erectus definiert sehen wollen.
Vermutlich mach ich jetzt irgendwo einen logischen Fehler, aber ich denke die Frage ist, ob solche Veränderungen, die aufgrund von Einflüssen von außen entstehen, dann dauerhaft vererbbar sind.
Das Kind einer in Hiroshima verstrahlten Mutter leidet sicher unter massiven Veränderungen, hat es jedoch selbst ein Kind, muss dieses nicht dieselben Veränderungen aufweisen.

Ernährung verändert auch Details, klar. Genauso kann man mit bestimmten biochemischen Einflüssen bestimmten Krankheitsneigungen vorbeugen. Natürlich ist das Ganze nicht starr.
Kann es ja gar nicht sein, sonst sähen wir alle ähnlicher aus, auch die Krankheitsrisiken, Lebenswerwartung etc. wären ähnlicher.
Alkoholverträglichkeit ist z.b. so eine Sache. Erstens gibt es Menschen, die tatsächlich allergisch auf Alk. reagieren, andere Genpool-Besitzer werden stande pete zu Alkoholikern, wenn sie Alk. konsumieren.

Vielleicht geht es letztlich um den genauen Mechanismus der Genveränderung. Die reine, zufällige Mutation ist bestimmt die häufigste und maßgeblichste Ursache. Die Natur ist eben kein Uhrmacher, exakte Kopien können gar nicht vorkommen, genau so wenig wie es eine exakt gerade Linie in der Biologie gibt.
Veränderungen aufgrund von Umwelteinflüssen kommen hinzu, klar.
Das ist eigentlich auch klar, weil Lebewesen auch eine biochemische Fabrik sind.
Ich denke jedoch, dass die "chemischen" Veränderungen wieder zufällig sind und nicht in irgendeinem Zusammenhang stehen. Wird XYZ aufgenommen schaltet sich die Genetik, wieder zufällig, in diese oder in die andere Richtung. Zufällig heißt jetzt nicht, bei jedem anders, sondern zufällig im Sinne von nicht-zielgerichtet.

Jedenfalls hilft es nicht, von seiner Sucht mit Hilfe von Schnaps loszukommen, oder Milch zu trinken, um Lactose verdauen zu können.

Was anders zum Schluß noch:
Ich gebe aber zu, dass mir der Artikel im GEO auch Angst macht. Der Gedanke an einen Vorwurf an bestimmte Menschen "Hättest du doch deine Genetik verändert" macht mir schon Kopfzerbrechen. Oder wenn ich an die Mütter der Kinderkrippen denke, die meine Firma betreibt, die ihre 0,3 Jahre alten Abkömmlinge schon in einen Englischkurs schicken wollen...da sind einige dabei, die würden 100% einen Gen-Pass für ihre zukünftigen Rechtsanwälte/Ärzte/Bundespräsidenten/UNO-Vorsitzende/Nobelpreisträger anfertigen lassen, wenn es sowas gibt....

Pessimistische Kulturkritik ich weiß...

Thomas
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Beitragvon hunasiensis » 29.04.2009 17:35

Danke, Ulfr, für den Verweis auf den GEO-Artikel. Wenn sich das als richtig erweist, könnte das zu einer Teil-Rehabilitierung Lamarcks führten. Ich bin allerdings nach wie vor skeptisch, da ich die epigenetischen Prozesse noch nicht verstehe.

Klar ist natürlich, dass schädliche Umwelteinflüsse die Keimzellen schädigen können. Dass aber erlerntes Verhalten auf die Keimzellen durchschlagen, sehe ich noch nicht. Und das sagt Lamarck.

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Beitragvon ulfr » 29.04.2009 20:34

Hier hatten wirs schon mal davon:

http://www.archaeoforum.de/viewtopic.ph ... epigenetik

Der Film ist echt interessant.
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