Feuerstähle der vorrömischen Eisenzeit

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Feuerstähle der vorrömischen Eisenzeit

Beitragvon Klaus Haller » 03.07.2008 14:54

Hallo Zusammen,

weiß jemand von euch etwas über Feuerstähle in der vorrömischen Eisenzeit (vorzugsweise La Téne C)? Mir ist grade aufgefallen, dass mir derartige Funde gänzlich unbekannt sind. Eine Nachforschung in der Bibliothek erbrachte nur den Hinweiß auf eine Schriftstelle bei Lukretz (1. Jahrhundert vor), in der er die realtiv bekannten in einer Geweihsprosse geschäfteten römischen Schlageisen beschreibt und den lapidaren Hinweis in einem älteren Lexikon der Ur- und Frühgeschichte, dass es wohl zumindest einen Fund aus dem keltischen Bereich gibt (natürlich ohne Fundortsangabe). Ist es vieleicht sogar denkbar, dass man sich damals im "Barbaricum" noch mit Pyrit und Feuerstein o.ä. beholfen hat? Als frühste Funde von Feuerstählen sind mir stabförmige Exemplare aus dem elbgermanischen Bereich bekannt.
Oder kurz: Weiß jemand wie ein Schmied der vorrömischen Eisenzeit sein Feuer entfachen soll?

liebe Grüße: Klaus
Klaus Haller
 

Beitragvon Claudia » 03.07.2008 17:32

Ich meine, es gibt reichlich aus Dänemark. Sehen aus wie stumpfe Ahlen mit Holzheft. Bin mir allerdings nicht sicher, ob die schon in den frühen Funden wie Hjortspring auftauchen oder erst in Nydam und Co.
Müßte mal Bilder durchforsten.
Claudia
 
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Beitragvon Klaus Haller » 03.07.2008 19:41

Hallo Claudia,

solche ahlenartigen Feuerstähle sind tatsächlich u.a. aus dem Nydam-Fund bekannt.
Aus Hjortspring sind meines Wissens nach keine Feuerstähle publiziert. Ich würde mich jedoch sehr freuen, wenn ich mich irren würde.
Ich würde meine Frage hiermit gerne erweitern:
Kennt jemand irgendwelche Feuerstähle aus der Hallstatt- oder Laténezeit?

liebe Grüße: Klaus
Klaus Haller
 

Beitragvon ulfr » 03.07.2008 20:03

Eine umfassende Literaturliste findest Du bei
Weiner, J. (1997) Pyrite vs. Marcasite. Or: is everything that glitters Pyrite? (With a structured Bilbliographie on Firemaking through the ages) Bulletin des Chercheurs de la Wallonie, XXXVII, 51-79

Wenn Du es nicht bekommst, bitte PM mit Adr., ich schick Dir eine Kopie.
Ansonsten guck mal im aktuellen Thread zum Feuerschlagen mit Bergkristall, da ist das Buch von Horst Brunner angegeben, da dürfte auch was drin sein, hab es leider momentan nicht hier, weil verliehen.

Bei
Paulsen, H. (1976) Die vorgeschichtlichen Feuerzeuge in Schleswig-Holstein. Die Heimat 83, 108-113

sind eisenzeitliche schiffchenförmige Feuerschlagsteine aus Quarzit abgebildet, leider ohne dazugehörige Eisen. Länge des rechten Steins: ca. 13 cm.

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eisen/stahl

Beitragvon sebastian » 12.07.2008 20:47

nach meinen erfahrungen funktioniert ein feuerstahl dann gut, wenn er gut gehärtet ist. viele kollegen verwenden dazu umgeschmiedete feilen (hoher C-gehalt), die wassergehärtet werden und NICHT angelassen,
dadurch bleibt der stahl besonders hart und macht schöne funken.

ich weiss es ja nicht von anderen stahlwaren, aber sicher bin ich mir, dass
bei den (ganz aus stahl hergstellten) knollenknaufschwertern eine härtende
wärmebehandlung nicht nachgewiesen werden konnte. weiss jemand was
konkretes zu anderen klingen ?

im gespräch mit b.v.bredow sind wir zu der theorie gekommen, dass
möglicherweise das thermische härten von stahl nicht bekannt war, und
die klingen, wie aus der bronzebearbeitung bekannt, durch kaltes
überschmieden verdichtet und gehärtet wurden. das funktioniert gaz gut,
bei meinem knollenknaufschwert hab ich's ausprobiert.

wenn also das thermische härten nicht bekannt war, dann hat es keine
feuerstähle gegeben, sondern es wurde mit anderen mineralien geschlagen,
pyrit oder so vielleicht, denn auch aufgekohlte stähle machen keine funken,
wenn sie nicht gut gehärtet sind.

nur mal so meine gedanken.

sebastian
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Beitragvon Patrick M. » 24.08.2008 19:54

Ich hätte da einen fund anzubieten der als "Feuerzeug" gedeutet wird.
Im Gräberfeld von Bescheid fand sich im Hügel 78/2 ein Roteisenstein und eine Feuersteinklinge. Laut Autorin lässt diese Kombination die Deutung als Feuerzeug zu. Zwei Eisenringe in unmittelbarer Nähe wurden als Teile eines Beutels bzw. einer Tragevorrichtung hierfür gedeutet.
Lit:

Cordie-Hackenberg, Rosemarie : Das eisenzeitliche Hügelgräberfeld von Bescheid, Kreis Trier-Saarburg / von Rosemarie Cordie-Hackenberg
Trier : Rheinisches Landesmuseum , 1993.
Dort Seite 94.

Außerdem hat mich Stephan Gaudefroy von der Gruppe les Ambiani 2005 mal auf ein Lt D Fundstück hingewiesen was als Schlageisen Interpretiert wurde. Vielleicht sollte man bei Interesse bei den Ambiani einfach mal anfragen.

Das war mein erster Post :neandi:
Patrick M.
 

Beitragvon Steve Lenz » 24.08.2008 19:57

Das wäre mir nun ganz neu, dass Hämatit zum Feuerschlagen hergenommen werden kann. Unbedingt mal ausprobieren...
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Beitragvon Patrick M. » 24.08.2008 20:25

Sie verweist auf zwei Arbeiten von F. Seeberger. Laut diesem lassen wohl "seine Ausführungen keinen Zweifel an der Funktion von Pyrit und Feuerstein" ebd. S. 94 Anm. 276
Patrick M.
 

Beitragvon Steve Lenz » 24.08.2008 20:28

Roteisenstein ist kein Pyrit! Oder verstehe Dich da jetzt grundlegend miss?
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Beitragvon Patrick M. » 24.08.2008 20:34

äh stimmt wäre Hämatit. Sie sagt im ersten Satz Roteisenstein und im nächsten Pyrit. Bin selbst irritiert. Kann das jetzt nicht auflösen. sorry.
Patrick M.
 

Beitragvon Fridolin » 24.08.2008 21:45

Schwer vorstellbar, dass Hämatit (also Fe2O3) als Ersatz für Pyrit- bzw. Markasit (Eisensulfide) überhaupt in Frage kommt. Wenn ich mich nicht täusche funktioniert das Feuermachen mit einem sehr harten Gegenstand (Quarz, Flint, Hornstein) und einem harten Feuerstahl bzw. hart-spröden Eisensulfid wie folgt: Durch das Schlagen mit dem harten Gegenstand wird eine winzige Portion des Eisensulfids (bzw. Stahls) gleichzeitig stark erhitzt und abgeschlagen. Die Stahlflitter verbrennen unter Funkenbildung zu Eisenoxid (und wenig CO2), die Eisensulfide verbrennen zum Eisenoxid und Schwefeloxid. Wie soll das mit einem Eisenoxid wie Hämatit funktionieren? Da verbrennt ja nix mehr.

Im Internet geistert aber noch ein Beitrag über die Verwendung von Hämatit und Flint zum Feuermachen (Frühbronzezeit): http://homepages.uni-tuebingen.de/alfre ... ighter.htm

Der ?Nachweis? gelang mit der ?Gebrauchsspurenanalyse?. Demnach sollen Kratzer an einem Hämatitknöllchen (leider ohne Maßstab) auf einen (?) Schlag mit dem Flintstück zurückzuführen sein. Nun ja, ähnliche Spuren entstehen gerne bei Ausgrabungen durch Spaten, Kellen, Abziehern und dergleichen..... Dass auf dem Flintstück ebenfalls ein Eisenoxid detektiert wurde hat erst mal gar nix zu bedeuten, denn im Boden werden sehr häufig Eisenverbindungen auf archäologischen Gegenstände ausgefällt. Interessant wäre also ein Hinweis darauf, dass man Hämatitflitter als Abrieb (!) auf dem Flint hat, Krusten aus Eisenoxid wären eher natürlichen Ursprungs. Abgesehen davon kann man mit der EDX kaum zwischen Hämatit (Fe2O3) und dem häufigeren Limonit (FeOOH) unterscheiden. Hämatit und Limonit enthalten oft auch feine Sandkörnchen (Quarz). Hier wird SiO2 als Abrieb des Flints auf Hämatit gedeutet. Anhand eines halbquantitativen EDX-Elementspektrums kann man nicht zwischen Flint und Quarz unterscheiden. Fragen über Fragen...
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Beitragvon ulfr » 25.08.2008 10:17

Meiner Erfahrung nach kann man auf Hämatit, Limonit etc. rumtrümmern, bis einem der Arm wehtut, es passiert rein garnix. Wie Fridolin richtig schreibt, muss etwas oxidieren können, damit ein heißer Funken entsteht, nur dieser kann dazu genutzt werden, etwas zu entzünden. Deshalb funktioniert auch das Aneinanderschlagen von zwei Feuersteinen nicht, weil die entstehenden kleinen Blitze meines Wissens auf den Piezo-Effekt zurückzuführen sind, d.h. zwei Kristalle werden aneinendergeschlagen, laden sich dadurch elektrisch auf und entladen sich gleich wieder.
Hämatitspuren auf Flintgeräten und umgekehrt könnten auch eine viel prosaischere Ursache haben, nämlich das Bedürfnis nach "Rouge", Braun- und Roteisensteine sind auch unter der Bezeichnung Ocker und Rötel bekannt und wurden in der gesamten Vor- und Frühgeschichte zur (Körper)Bemalung etc. verwendet... Aber bei beiden handelt es sich im Prinzip um schlichten Rost, der bekanntlich nicht weiter oxidiert.
Lediglich Nierenerz käme wohl, so wie es aussieht, infrage, ob es das aber in Europa gibt, ist mir nicht bekannt.

F. Seeberger (der letztes Jahr leider viel zu früh gestorben ist) bezieht sich in seiner Publikation auch ganz eindeutig auf Pyrit bzw. Markasit.

Seeberger, F. (1977): Steinzeitliches Feuerschlagen. ArchKorrbl, Jahrgang 7, Heft 3, 192-200

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Beitragvon Fridolin » 25.08.2008 10:41

Ulfr, das angebildete Nierenerz ist auch nur Hämatit, eine andere deutsche Bezeichnung ist "roter Glaskopf". Da sollte sich funkenmäßig auch nichts tun.

Pyrit und noch mehr der Markasit korrodieren sehr leicht. D.h. sie wandeln sich um in eine Art "Rost" (u.a. schwefelhaltiges Eisenoxidhydrat) und Eisensulfate. Das passiert zur Zeit mit meinen Markasitknollen, die zerbröseln regelrecht.

In der Natur könnte sich eine Kruste aus braunen Eisenverbindungen um die im Kern noch aus Markasit-/Pyrit bestehenden Knollen niederschlagen. Rein äußerlich besteht dann durchaus Verwechslungsgefahr mit Limonit / Hämatit.

Viele Grüße

Fridolin
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Beitragvon ulfr » 25.08.2008 10:56

Fridolin hat geschrieben:"roter Glaskopf".


Auf dem Bild sieht es so aus, als ob die metallischen Buckel aus reinem Eisen wären, deshalb dachte ich, da könnte man evtl. einen Funken rauskriegen...

Pyrit und noch mehr der Markasit korrodieren sehr leicht. D.h. sie wandeln sich um in eine Art "Rost" (u.a. schwefelhaltiges Eisenoxidhydrat) und Eisensulfate. Das passiert zur Zeit mit meinen Markasitknollen, die zerbröseln regelrecht.


Das kenne ich sehr gut, habe schon mehrfach die kümmerlichen Überreste von mit viel (körperlichem) Einsatz beschafften Pyriten und Markasiten eimerweise! (schluchz) entsorgen müssen, weil sie nur noch aus gelbem Brösel bestanden, wobei Markasit da tatsächlich sehr viel anfälliger ist als Pyrit. Dieser "Brösel" soll übrigens laut Auskunft eines Mineraliensammlers ähnlich gefährlich sein wie Asbest, kannst Du das bestätigen?

Grüße zurück
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Beitragvon Fridolin » 25.08.2008 11:32

ulfr hat geschrieben:Dieser "Brösel" soll übrigens laut Auskunft eines Mineraliensammlers ähnlich gefährlich sein wie Asbest


Huch, das habe ich noch nicht gehört. Feinstaub entsteht eigentlich nicht. Aber durch die Oxidation der Eisensulfide an feuchter Luft entstehen geringe Mengen an Schwefelsäure, die andere Materialien angreifen kann (Tröpfchenbildung). Auf der Marmor-Fensterbank würde ich das Zeug nicht rumliegen lassen, die bekommt von den eisenhaltigen Tröpfchen häßliche braune Flecken. Im Fachhandel gibt es eine Lösung, die Eisensulfide vor Korrosion schützen soll. Die ist aber auch nicht ganz billig... Zitat: "Der Pyritkonservierer auf der Basis von Ethanolaminthioglycollat stoppt bereits begonnenen und verhindert zukünftigen Zerfall". Preis 1 Liter 26,50 Euro, 0,5 Liter 15 Euro.

Es genügt aber wohl, wenn man für Pyrit/Markasit die selben Regeln beachtet, die für archäologisches Eisen gelten: absolut trocken und luftdicht verpacken, evtl. zusammen mit Silicagel. (Und - wenn man sich den Luxus leisten mag - in Stickstoffatmosphäre). Kleinere Mengen kann man in Einweckgläser legen...


Viele Grüße

Fridolin

PS: Der Glanz der roten Glaskopfs ist einfach eine Reflektion der Oberfläche.
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